Der IDS – interne, direkte Sinuslift – mit simultaner Implantation
Der Sinuslift stellt eine Operationsmethode dar, bei der der Sinusboden, der knöcherne Boden der Kieferhöhle, verdickt wird, um Knochenvolumen zu gewinnen. Implantatlängen von 8mm kommen hier bei mir seit 25 Jahren routinemäßig zum Einsatz. Um gleich nach einem IDS ein Implantat mit einer ausreichenden Primärstabilität einsetzen zu können, benötigen wir ca. 3mm Restknochenhöhe. Wenn keine 3mm Restknochen in der Höhe vorhanden ist, so führt man zunächst nur einen Sinuslift aus und wartet vier bis sechs Monate, um dann dort implantieren zu können.
Beim Sinuslift gibt es drei verschiedene Methoden: Prof. Oscar Hilt Tatum ist ein US-amerikanischer Zahnarzt und Implantologe, der die erste Sinusliftoperation Mitte der 1970er Jahre entwickelte und bekannt machte. Dabei wird der Kieferhöhlenboden von der Seite über die Implantatbohrung mit speziellen Instrumenten angehoben. Die Kieferhöhle wird durch ein kleines Fenster von bukkal eröffnet, daher rührt die Bezeichnung als „externer Sinuslift“. Der Sinuslift nach Tatum ist aufwendig, nicht gerade als minimalinvasiv zu bezeichnen, mit laut PubMed-Veröffentlichungen bis zu 20% Komplikationen, vor allem Rupturen der Schneider´schen Membran, recht komplikationsanfällig und für unsere Patienten relativ teuer.
Der zuerst 1994 von Summers beschriebene Sinuslift ist wiederum ein interner Zugang vom Kieferkamm her. Hierbei wird der Kieferhöhlenboden mit einem kleinen Hammer vorsichtig nach oben geklopft und der nach kranial mobilisierte Knochenboden hebt dabei die dünne Schneider´sche Membran an. Die Bezeichnung „indirekt“ rührt daher, dass der Operateur in diesem Fall die Membran nicht selbst und nicht direkt anhebt. Bei diesem Summers-Verfahren werden bei PubMed ebenfalls Komplikationsraten von bis zu 20% beschrieben, und der Eingriff wird von Patienten durch das Knochen-Hämmern im Schädelbereich als meist sehr unangenehm empfunden.
Den IDS – internen direkten Sinuslift – stellte ich 2015 nach vierjähriger Praxistauglichkeitsprüfung in Nizza anlässlich des größten französischen Implantologie-Kongresses vor. Der IDS wird ähnlich der Summers-Technik von intern, also vom Kieferkamm ausgehend, durchgeführt, und benötigt daher kein zweites Operationsgebiet wie bei Tatum. Ich nahm den IDS als MIMI-VI in die minimal invasive MIMI-Nomenklatur auf.
Hat man mindestens eine Restknochenhöhe von 3mm, so gelingt durch das krestale Mikrogewinde der Champions (R)Evolutions – Implantate eigentlich immer ein IDS mit sofort anschließender Implantation und einer ausreichenden Primärstabilität von 20-60 Ncm.
Bis zum Mikrogewinde aller Condenser sind 8mm, dann 2mm Mikrogewinde, nachfolgend alle 2mm Lasermarkierungen gut sichtbar verifizierbar. Für den IDS und bei Sofortimplantaten sind idealerweise die WS-Condenser (Winkelstück-Condenser) einzusetzen. Mit 30 U/Min und 30 Ncm im Einsatz erlauben sie ein ruhiges, hebelfreies Arbeiten ohne Wasserkühlung. Auch bei extrem schmalen Bifurkationen sind damit Implantat- Kavitäten Aufbereitungen leicht durchführbar.
Nach örtlicher Infiltrations- Anästhesie steckt man beim ersten, gelben konischen Dreikant- Bohrer re-sterilisierbare Champions Position Guides mit Tiefenstopp sicher fixiert auf. Wir arbeiten uns rein manuell mit den in den Handratschenadaptern aufgesteckten konischen Dreikantbohrern bis zur dünnen, aber härteren Knochenschicht vor. Wir führen dabei ahlenförmige, rechts und linksdrehende kleine Bewegungen durch, ohne aktiv in die Tiefe zu bohren, da der Restknochen in dieser Region mit D3 oder D4 relativ weich ist. In der Regel erfolgt dieser Schritt völlig ohne Einsatz eines Mikromotors, rein mit der Fingerkraft. Jeder Operateur spürt umso unmittelbarer und besser, wenn er an die dünne, härtere Struktur des Kieferhöhlenbodens gelangt.
Nun bedienen wir uns der abgerundeten WS- Condenser, um den dünnen Kieferhöhlenboden zu durchstoßen. Dabei hebt man die Schneider’sche Membran mit dem grünen, stumpfen Condenser von 3.0 mm Durchmesser an. Champions Condenser gibt es in den Durchmessern 2.4, 2.8, 3.0, 3.3, 3.8, 4.3, 4.8 und 5.3. Für die Auswahl des Implantat-Durchmessers im weichen Knochen entscheidet also nicht in erster Linie die Knochenanatomie, sondern die erreichte Knochenverdichtung mittels der Condenser: Wenn der 3.8 mm Durchmesser Condenser primärstabil mit etwa 30Ncm eingesetzt werden kann, bedienen wir uns eines Implantats von 4.0 mm Durchmesser (Mindestdurchmesser eines Einzelmolaren- Implantats), wenn erst der Condenser 4.3 fest greift, implantiert man ein 4.5 mm -Durchmesser- Implantat, wenn erst der Condenser 4.8 die 30 Ncm erreicht, bedient man sich eines Implantats von 5.0 mm Durchmesser und wenn erst der 5.3 mm- Durchmesser- Condenser die korrekte Stabilität erreicht, ist ein Implantat von 5.5 mm Durchmesser einzusetzen.
In diesem Patientenfall erfuhr bereits der Condenser 3.8 eine Stabilität von 40 Ncm, so dass nach der Sinusboden- Augmentation ein Implantat von 4mm Durchmesser eingesetzt werden konnte. Die OP- Assistenz reicht das Knochenersatzmaterial mit einem breiten Raspatorium nahe an das OP- Gebiet. Zum Einsatz hier kam EthOss (ß-TCP + Calziumsulfat), welches keine Membran benötigt und nach etwa 5 Minuten erhärtet. Es wird mit planen Stopfern durch den Zugang vorsichtig nach cranial gestopft.
Mit 40 Ncm wird das Champions (R)Evolution zuerst mit 20 U/Min maschinell und final mit Ratsche äquikrestal eingebracht. Im nachfolgenden Röntgen-Kontrollbild ist die Augmentations-„Wolke“ oberhalb des Implantats und unterhalb der Membran sehr schön zu sehen
Beim Champions (R)Evolution-Implantat empfehle ich normalerweise ein 1-2mm subkrestales Implantieren, damit der Shuttle mit einer standardmäßigen Gingivahöhe von 3,5mm äquigingival abschließt. Bei einer Restknochenhöhe von nur 3mm vor dem Kieferhöhlenboden ist dies natürlich nicht empfehlen! Dann sollte das Champion Implantat „Bone-Level“ implantiert werden, um die Stabilität von 30-60 Ncm in diesem evtl. nur 3mm hohen Restknochen nicht zu verlieren. Da der Shuttle bei einer Gingivahöhe von 2mm in diesem Fall supragingival exponiert, empfiehlt es sich- zur Vermeidung von lateralen Mikrobewegungen in den ersten sechs Wochen post OP- die Halteschraube und den Shuttle vom (R)Evolution abzunehmen und diesen mit einer Georgi- Hybridschraube zu versehen. Nach der Abnahme des Shuttles und vor dem handfesten Verschrauben einer Hybridschraube appliziere ich zugunsten einer verbesserten Wundheilung gern BlueM Sauerstoff-Gel in und um die Implantatöffnung.
Die Hybridschraube Georgi ist ein Mix von Verschlussschraube und Gingivaformer und in den Gingivahöhen 0,5 (silberfarben), 1,5 (goldfarben anodisiert) und 2,5mm (rosé-farben anodisiert) erhältlich.
Anmerkung zu dieser Operation: Sie wurde im Zuge eines LIVE-OP- Kurses der Future Dental Academy GmbH in Flonheim von einem normalen niedergelassenen Zahnarzt durchgeführt. Sie dauerte inklusive der Implantation nur 20 Minuten. Der Patient hatte während und nach der minimal-invasiven Chirurgie keinerlei Schmerzen, geschweige denn Schwellungen, und ging noch am gleichen Tag wieder seiner Büroarbeit nach. 4 Monate nach dem IDS und simultaner Implantation und einem komplikationsfreien Heilungsverlauf wurde der Zahnersatz eingegliedert. Hierfür wird in den Shuttle des Champion (R)Evolution ein PEEK Transferpfosten aufgeklickt und mit konfektioniertem Löffel mit Heydec Silikon „geschlossen“ abgeformt oder gescannt. Wahlweise wird die Krone mit Abutment im Implantat verschraubt oder auf das Abutment mit Harvard Zement zementiert.
Die Hybridschraube Georgi ist ein Mix von Verschlussschraube und Gingivaformer und in den Gingivahöhen 0,5 (silberfarben), 1,5 (goldfarben anodisiert) und 2,5mm (rosé-farben anodisiert) erhältlich.
Diskussion & Fazit
In der Literatur werden bei klassischen externen Sinusliften Perforationsraten der Schneider´schen Membran von 14 -20 % angegeben. Neben diesen Membran- Perforationen werden Wundheilungsstörungen, Implantat- und Augmentat-Verluste sowie Sinusitiden berichtet. Infektionen des Augmentationsmaterials nach Sinusbodenaugmentation sind seltene, aber schwerwiegende Komplikationen. Metaanalysen weisen auf einen signifikanten Zusammenhang zwischen Implantatverlusten und Perforationen der Sinusbodenmembran hin, in anderen Metaanalysen konnten demgegenüber keine signifikant erhöhten Implantatverlustraten nach Perforationen der Sinusmembran beobachtet werden. Eine Perforationstiefe von ≤ 4,0 mm führte zu einer Komplikationsrate von 5,29 %, während eine Perforationstiefe von > 4,0 mm eine hohe Komplikationsrate von fast 30% ergab. Der Einsatz von plättchenreichen Blutkonzentraten führte bei diesen Beobachtungen nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Behandlungsergebnisse oder zu einem Zusatznutzen für die Patienten. Somit sind sowohl der externe Sinuslift nach Tatum als auch Summers indirekter Sinuslift mit nicht unerheblichen Komplikationsraten verbunden.
Der IDS-Sinuslift wiederum bedarf keiner zusätzlichen Investitionen, weil die Champions- Tray Box bereits standardisiert die acht WS- Condenser beinhaltet. Der IDS ist durch die Vermeidung eines zweites OP- Gebiets und die Nicht- Ablösung des Periostes ohne Mukoperiostlappen- Bildung als sehr schonend, sanft und patientenfreundlich zu betrachten. Es besteht meiner Meinung nach auch keine medizinische Indikation mehr, eine Sinuslift- Augmentation von mehr als 5 mm Höhe durchzuführen, wenn die Restknochenhöhe mindestens 3mm beträgt und sich die kurzen, aber breiteren Implantatlängen von 8 oder sogar nur 6,5mm inzwischen evidenzbasiert bewährt haben. Eine Durchlüftung der Kieferhöhle sollte noch gut möglich sein, und Risiken im Interesse unserer Patienten generell auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Die IDS- Technik ist sehr einfach zu erlernen, und von jeder allgemein- zahnärztlichen Praxis routinemäßig durchführbar. Der IDS wurde seit 2011 weltweit erfolgreich durchgeführt und es wurde bei keinem Fall über Komplikationen berichtet. Mit Hilfe der WS-Condenser mit 30 U/Min und 30 Ncm arbeitet man sehr ruhig und präzise. Als wichtigster Punkt: Wie die Behandlerteams sind auch die Patienten vom MIMI-VI Verfahren IDS, vom komplikationslosen Ablauf und den nachhaltig guten Erfahrungen und Ergebnissen begeistert.
Die im Beitrag und in den Filmveröffentlichungen erwähnten Artikel: Champions OP & Prothetik Tray inkl. den WS- Condensern, Position Guides, Champions (R)Evolution Implantate, Smart Grinder, BlueM Gel sind allesamt im Vertrieb von Champions-Implants GmbH erhältlich, Telefon: 06734-914080, www.champions-implants.com