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Chirurgische und prothetische Überlegungen für eine erfolgreiche Behandlung mit 4,5 mm kurzen Implantaten

Eine Fallstudie von Eduardo Anitua DDS, MD, PhD

Patienten mit ausgeprägtem horizontalen und vertikalen Knochenverlust sind in Zahnarztpraxen immer häufiger anzutreffen. Aus diesem Grund werden zunehmend kurze und extrakurze Implantate verwendet. Kurze Implantate sind für den atrophierten Oberkiefer heute eine Methode, die wir inzwischen als „Routine“ bezeichnen können, da sie eine minimalinvasive Option und eine Überlebensrate von etwa 99 Prozent darstellen 1,2. Dennoch gibt es Fälle, in denen diese Implantate nicht ohne vorhergehende zusätzliche Techniken zur Knochenregeneration, die das verlorene Knochenvolumen wiederherstellen, angewandt werden könnten 3-6. Um auch diese Situationen auf minimalinvasive Weise zu lösen, wurden 4,5 mm lange Implantate entwickelt. Mit dieser neuen Länge können wir uns den Herausforderungen im Unter- und Oberkiefer mit einer Restknochenhöhe von weniger als 5 mm stellen, ohne dass zusätzliche vertikale Augmentationen erforderlich sind 7-10

Die treibende Philosophie hinter der Entwicklung der 4,5 mm kurzen Implantate war die effiziente Behandlung schwerster vertikaler Atrophien. Fortschritte beim Design der Innenverbindung ermöglichten es, ein kürzeres Implantat zu schaffen, ohne die mechanische Stabilität der prothetischen Versorgung und Verschraubung zu beeinträchtigen. Trotz der Kürze des Implantats bleibt für die Schraube eine ausreichende Länge im Inneren. Allerdings erfordern 4,5 mm kurze Implantate individuelle prothetische Komponenten. Da dieses Implantat nicht für die Einzelteilrehabilitation konzipiert ist, ist die in allen Fällen zu verwendende Komponente die Distanzhülse Multi-im (für mehrgliedrige Versorgungen) 11. Wobei die übrigen Komponenten, die für die Herstellung konventionell verschraubter Versorgungen auf der Distanzhülse verwendet werden, nicht speziell angepasst werden mussten (Abb. 1). Im folgenden Artikel zeigen wir das 4,5 mm lange Implantat, seine Anwendung in einem klinischen Fall und seine spezifischen prothetischen Komponenten.

Klinischer Fall

Wir stellen den Fall einer 72-jährigen Patientin vor, die sich in der Klinik mit einer Einzelzahnlücke im Oberkiefer links und einer Freiendsituation im rechten posterioren Unterkieferbereich vorstellte. Die Patientin hatte bereits eine frühere Rehabilitation mit Implantaten hinter sich und wollte, da sie mit den Implantaten, die sie seit mehreren Jahren hatte, zufrieden war, mit einer weiteren Implantatbehandlung die gleichen Ergebnisse erzielen.
Die intraorale Untersuchung zeigt die zu versorgenden zahnlosen Bereiche und die kompromittierten parodontalen Verhältnisse. Vor allem im Frontzahnbereich liegt ein leichter horizontaler Knochenabbau vor, der mit einem entsprechenden Recall-Programm behandelt wird (Abb. 2 und 3). Im ursprünglichen OPG kann man eine vertikale Atrophie in regio 26 erkennen und die vertikale Atrophie im vierten Quadranten erahnen, in dem sich der Verlauf des Nervus alveolaris inferior recht hoch darstellt. Wir können auch einen impaktierten Weisheitszahn in regio 18 erkennen, der aber keine Behandlung erfordert, da er keine Symptome verursacht (Abb. 4).

Nach der Erstuntersuchung setzen wir die Diagnose des Falles mit einem DVT fort. Dadurch erhalten wir Informationen über die tatsächliche Höhe und Breite der einzelnen Bereiche, in die die Implantate eingesetzt werden sollen. Im DVT können wir sehen, dass unsere anfängliche Vermutung für den Bereich 26 richtig ist, inklusive eines signifikanten Höhendefizits und einer Restkammhöhe von weniger als 3 mm für die Implantatinsertion (Abb. 5). Daher ist die Insertion eines extrakurzen 5,5-mm-Implantats geplant, das den Restknochen ausnutzt und mit einem ausreichend großen Durchmesser von 5 mm eine gute vestibulär-palatinale Stabilität erzielen wird (Abb. 6). Bei der Planung im Unterkiefer können wir die recht hohe Lage des Nervs verifizieren (wie wir es anhand des OPGs vermutet haben), wodurch uns nur wenig Restknochenhöhe für die Insertion der Implantate bleibt. Hinzu kommt eine horizontale Atrophie, die eine ebenfalls nur geringere Knochenbreite für die Implantation übriglässt. Daher entschieden wir uns für ein Implantat mit einem Durchmesser von 3,5 mm und einer Länge von 5,5 mm im Bereich 46 sowie für ein Implantat mit einer Länge von 4,5 mm und einem Durchmesser von 4,25 mm in regio 47, in der die Atrophie noch ausgeprägter ist (Abb. 7 und 8).

Implantation und Sofortbelastung

Die Implantate werden inseriert, wobei in solchen kritischen Situationen eine korrekte Knochenpräparation der Schlüssel zum Erfolg ist. Sie muss sorgfältig in Abhängigkeit von der in der diagnostischen Phase definierten Dichte des Knochenlagers erfolgen. Zudem müssen wir sowohl den Bereich berücksichtigen, in dem der Implantatkörper liegen wird, als auch die Bereiche, in denen wir ihn möglichst stark verankern wollen (in diesem Fall vestibulär und lingual). Schließlich werden wir die Morphologie des zu inserierenden Implantats durch sorgfältiges Bohren umsetzen, um kritische Kompressionen zu vermeiden, die die Vaskularisierung des Knochens beeinträchtigen und später zu einem krestalen Knochenverlust führen könnten. Zusammen mit einem geeigneten prothetischen Design gibt uns dies in so komplexen Fällen wie hier eine größere Vorhersagbarkeit.
Die Implantate im vierten Quadranten werden sofort belastet und innerhalb von 24 Stunden eine provisorische Versorgung aus Titanzylindern mit einer Kunststoffverblendung angefertigt sowie auf Multi-Im-Abutments verschraubt. Im Falle des in regio 47 eingesetzten 4,5 mm kurzen Implantats endet das Abutment supragingival, da wir eine Länge von 3,5 mm gewählt haben, und somit auch der Zylinder, der für die Herstellung der sofort belasteten provisorischen Versorgung verwendet wird (Abb. 9).

Diese sofortbelastete Versorgung wird drei Monate lang getragen, was eine ausreichende Zeit für eine gute Osseointegration und sekundäre Stabilisierung der Implantate und die Anpassung der Okklusion ist und somit die Funktion einer progressiv belasteten Versorgung erfüllt. Nach Ablauf dieser Zeit wird die endgültige Versorgung aus Metallkeramik angefertigt und auf die Distanzhülsen aufgeschraubt, die weiterhin auf den Implantaten verschraubt bleiben, sodass die in der ersten Behandlungsphase erreichte hermetische Abdichtung zwischen Provisorium und Implantat sowie die hemidesmosomalen Verbindungen auf der Ebene des Weichgewebes erhalten bleiben (Abb. 10 und 11). Dieses prothetische Insertions- und Rehabilitationsprotokoll für kurze und extrakurze Implantate garantiert stabile Langzeitergebnisse, wie in Abbildung 12 zwei Jahre nach Abschluss des Falles dargestellt. Im Fall des extrakurzen Implantats, das im Oberkiefer (5,5 mm) im zweiten Quadranten inseriert wurde, können wir die Stabilität des Knochens um das Implantat herum sehen, obwohl es sich um einen Bereich mit geringer Dichte handelt (Abb. 13).

Diskussion

Die Verwendung kürzerer Implantate bei extremer vertikaler Atrophie ist eine minimalinvasive Technik mit sehr guten Ergebnissen, die sich für diese Art von Fällen immer mehr durchsetzt1,12-15. Das Hauptproblem bei extrakurzen Implantaten, wie dem hier vorgestellten 4,5 mm langen Implantat, ist die Notwendigkeit, Primärstabilität in einem sehr kleinen Bereich des verbleibenden Knochens zu erreichen, sodass die eingehende Untersuchung des Knochenlagers und das Bohrprotokoll von größter Bedeutung sind16-18. Diese anfängliche Stabilität kann, wie wir in diesem Artikel berichtet haben, trotz ungünstiger Bedingungen (geringe Knochenhöhe und geringe Dichte) mit Implantaten erreicht werden, die vestibulär-lingual bikortikal stabilisiert werden, wie im Fall des verwendeten 4,5 mm langen Implantats. Eine adäquate Prothetik unter Verwendung von Distanzhülsen (unter Berücksichtigung der für 4,5-mm-Implantate erforderlichen Modifikation) ist ebenfalls ein differenzierender Faktor. Die Verwendung von Abutments, die eine hermetisch dichte Verbindung zum Implantat hin aufrechterhalten und die darauf verschraubte Prothetik vorhersehbarer machen, ist in diesen Fällen von entscheidender Bedeutung19,20.

Fazit

Die Verwendung extrakurzer, 4,5 mm langer Implantate für die Behandlung schwerer vertikaler Atrophien ist eine sichere und vorhersagbare Alternative, vorausgesetzt, es werden die Vorgaben für ein dem Empfängerknochen entsprechendes Bohrprotokoll und für die Herstellung der Prothetik eingehalten. Mit dem richtigen Vorgehen und einer guten Knochendichte von über 600 HE ist sogar eine sofortige Belastung möglich.

Literatur:

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Dr. Eduardo Anitua

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