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Was ist wirklich erfolgreich?

Eine Fallstudie von Oliver Zernial

In der Regel bewerten wir chirurgische Techniken und Verfahren anhand ihrer Effektivität, also der Ergebnisqualität. Ist diese dann auch noch anspruchsvoll und technisch aufwendig, bestätigt dies den Behandler zusätzlich in der Annahme, die Dinge fachlich und auch moralisch richtig gemacht zu haben.

Bleibt der Erfolg aus, beruhigt der hohe Einsatz an Zeit, Engagement und Technik in dem Sinne, alles im Rahmen Mögliche für den Patienten gegeben zu haben. Aber ist das wirklich ein Garant für einen nachhaltigen Erfolg in der Praxis? Stellen wir uns einmal auf die Seite des Patienten. Wann gehe ich überhaupt zu meinem Zahnarzt oder gar zu einem Chirurgen? Sicher nur, wenn ich ein Problem habe oder einem vorbeugen möchte.

Unsere Leistungen, die wir unseren Patienten anbieten, sind also in der Regel Problemlösungen. Für gute Lösungen gilt die Formel: Je größer das Problem und je effizienter die Lösung, desto größer die Nachfrage. Auch unsere Patienten wollen immer nur das Beste, aber mit dem geringstmöglichen Aufwand. Zeit, Geld und physische Belastung spielen für die meisten Patienten eine sehr große Rolle. Dass unsere Behandlung effektiv ist, also ein gutes Ergebnis erzielt, setzt der Patient sogar voraus. Das heißt, die Frage nach der Ergebnisqualität steht für den Patienten nicht im Vordergrund oder spielt sogar eine untergeordnete Rolle. Er entscheidet sich in der Regel für eine

Umso erstaunlicher ist es, dass gerade in unserem Fachgebiet die fachliche Bewertung von Behandlungsverfahren nach ihrer Effizienz kaum eine Rolle zu spielen scheint. Ganz im Gegenteil, die rasante technische und digitale Entwicklung und die mit dem Erlernen verbundenen zeitlichen Ressourcen überfordern schon heutzutage die meisten Kollegen. Komplexe Verfahrensweisen mögen smart sein, sie sind aber nur in seltenen Fällen effizient und damit sicher kein Erfolgsgarant.

Dass Effizienz erfolgreich sein kann, lässt sich anhand der Entwicklung von Augmentationstechniken nachvollziehen. So gilt der autologe Knochentransfer immer noch als Goldstandard. Dennoch hat sich die geführte Knochenregeneration mit Membranen und Knochenersatzmaterialien (GBR) letztendlich aufgrund ihrer besseren Effizienz bei vielen Implantologen und insbesondere bei unseren Patienten erfolgreich durchgesetzt. Das Argument der Effizienz ist dabei sogar so stark, dass Behandler und Patient bereit sind, Abstriche in der Ergebnisqualität zu machen. Denn die GBR allein mit Ersatzmaterialen besitzt so gut wie kein osteoinduktives Potential und eine Volumenstabilität ist nur limitiert möglich. Mittels autologer Knochenspäne und technisch aufwendiger Stabilisierungsmaßnahmen lassen sich diese Probleme lösen, was jedoch die Effizienz der GBR wieder reduziert.

Aus diesen Gründen besitzt der Einsatz von Plättchenreichem Plasma (PRP) das Potential, die Augmentationstechniken in der Zukunft grundlegend zu revolutionieren. Denn durch die Wachstumsfaktoren im Plasma lässt sich das sonst tote Knochenersatzmaterial „biologisieren“. Ob man zelluläre Anteile, wie z. B. die Leukozyten, im Plasma belassen soll, ist bis dato noch nicht geklärt, könnte aber unter Umständen die Induktion von Knochenwachstum in Ersatzmaterialen zusätzlich begünstigen. Unter dem Aspekt der Effizienzsteigerung hat die Koagulationsfähigkeit des Plasmas bis heute wenig Beachtung gefunden. Und genau hier setzt unser „Kieler Sushi“-Konzept an. Denn durch die Möglichkeit des biologischen „Verklebens“ ist das größte Problem der sonst instabilen GBR gelöst. Zusätzlich lässt sich die Effizienz signifikant steigern, indem der technische und operative Aufwand reduziert werden kann, ohne auf gute Ergebnisse verzichten zu müssen. Gute Voraussetzungen also, um wirklich erfolgreich für seine Patienten zu sein.

Patientenfall

Eine 46-jährige Patientin wurde in unsere Praxis für eine Implantation regio 24 und 26 überwiesen. Aus Kostengründen sollte zunächst der 2. Quadrant durch einen implantatgetragenen Zahnersatz versorgt werden (Abb. 1). Nach erfolgreicher Implantation, Einheilung und Freilegung der Implantate im 2. Quadranten ließ die Patientin die geplante prothetische Versorgung bei ihrem Zahnarzt zunächst nicht durchführen.

In den folgenden zwei Jahren kam es zum Verlust der endständigen Molaren und einer Fraktur der Prämolaren 14 und 15 (Abb. 2). Für eine gaumenfreie teleskopierende Prothese wurden jetzt drei weitere Implantate im ersten Quadranten vom Überweiser und der Patientin angefragt. Nach röntgenologischer Analyse war eine fortgeschrittene Atrophie des Alveolarfortsatzes zu erkennen. Daraufhin wurde eine umfangreiche horizontale Augmentation des gesamten Quadranten geplant.

Je nach Implantatlager sollten die Implantate nach dem konventionellen Verfahren als Sofortimplantation oder mittels Knochenverdichtungstechniken inseriert werden. Nach der Implantation wurde geplant, die atrophen Bereiche im ersten Quadranten mit zwei partikulären Augmentaten aus bovinem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss L, Geistlich) und autologen Knochenspänen mit Plättchenreichem Plasma (PRGF-Verfahren nach Anitua, BTI Deutschland) und einer resorbierbaren porcinen Perikardmembran (Smartbrane, Regedent) in einem einzeitigen Vorgehen großzügig zu rekonstruieren (Abb. 3-16).

Abb. 2: Frakturen der Prämolaren 14 und 15 sowie der Verlust der endständigen Molaren führten zu einer mangelhaften Abstützung für die prothetische Versorgung.

Abb. 3: Gemäß dreidimensionaler Planung bestätigte sich intraoperativ eine fortgeschrittene Atrophie des Alveolarfortsatzes.

Abb. 4: Mit einem Mikroscraper wurden autologe Knochenspäne aus dem Operationsgebiet gesammelt und das Augmentatlager entsprechend vorbereitet.

Abb. 5: Regio 16 war keine konventionelle Implantatinsertion möglich. Durch eine Sofortimplantation regio 14 (Camlog Promote) konnte ein Kollaps der Hart- und Weichgewebe verhindert werden.

Abb. 6: Aufgrund der horizontalen Atrophie war regio 11 eine Implantation nur mittels Bonespreading möglich. Es galt, eine apikale Perforation zu vermeiden.

Abb. 7: Trotz guter Primärstabilität der Implantate (Camlog Promote) war eine umfangreiche horizontale Augmentation des gesamten Quadranten zwingend notwendig.

Abb. 8: Im Anschluss wurden zwei partikuläre Augmentate aus bovinem Knochenersatzmaterial (Bio-Oss L, Geistlich Biomaterials) und autolo- gen Knochenspänen mit Plättchenreichem Plasma (PRGF-Verfahren nach Anitua, BTI Deutschland) stabilisiert.

Abb. 9: Überzeugend war die Anpassungsfähigkeit und Volumenstabiliät des Augmentats, welches eine großzügige Rekonstruktion des ersten Quadranten bei einem einzeitigen Vorgehen ermöglichte.

Abb. 10: Weil PRP keine effektive Barriere darstellt, ist auch im „Kieler Sushi“-Konzept eine Membran obligat. Die resorbierbare porcine Perikardmembran (Smartbrane, Regedent) bietet durch ihre Quervernetzung eine längere Standfestigkeit, ist sehr dünn und passt sich in Kombination mit PRP dem Augmentat geschmeidig an.

Abb. 11: Zusätzlich wurde vor dem Wundverschluss eine Schicht aus einem gepressten fibrinreichen Plasma aufgelegt und vorsichtig mit dem Augmentat „verpresst“.

Abb. 12: Auch bei der Verwendung von PRP ist ein spannungsfreier und dichter Wundverschluss wichtig.

Abb. 13: Die postoperative radiologische Kontrolle zeigte eine zufriedenstellende Positionierung der manuell gesetzten Implantate.

Abb. 14: An der Interimsprothese wurde das labiale Schild komplett entfernt und anschließend weich unterfüttert. Es zeigt, wie wichtig die hartgewebige Unterstützung des Weichgewebes durch die großzügige Augmentation ist.

Abb. 15: Bereits fünf Tage postoperativ zeigte sich durch das PRP eine überdurchschnittlich gute Wundheilung. Trotz der umfangreichen Augmentation verfügte die Patientin über kaum geschwollenes und gut durchblutetes Weichgewebe.

Abb. 16: Bei der Röntgenkontrolle im Zuge der Freilegung war ein stabiles knöchernes Implantatlager erkennbar, obwohl die Prothese während der Einheilzeit getragen wurde.

Fazit

Dank des „Kieler Sushi“-Konzepts und der damit verbundenen hohen Effizienz lassen sich selbst große Augmentate in kurzer Zeit und mit einem geringen technischen Aufwand intraoperativ herstellen.

Autor

Dr. med. Oliver Zernial

  • 1993-2001 Studium der Humanmedizin an den Universitäten Giessen und Kiel
  • 2003 Promotion zum Dr. med.
  • 2001-2004 Studium der Zahnmedizin an der Universität Kiel
  • 2004-2008 Facharztausbildung an der Klinik für MKG, UKSH Campus Kiel
  • 2004 Anerkennung des Facharztes für MKG-Chirurgie
  • 2009 Niederlassung als MKG-Chirurg in eigener Praxis und als Belegarzt in der Ostseeklinik Kiel
  • 2011 Gründung und ärztliche Leitung des Zentrums für Implantologie (Myimplant), Kiefer- und ästhetische Gesichtschirurgie (Myaesthetic) in den Germania Arkaden an der Kieler Förde

info@myimplant.de
www.myimplant.de