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Sicherer implantologischer Workflow in anspruchsvollen Fällen durch Hospitation

Eine Fallstudie von Prof. Dr. med. dent. Ingo Voges, ZÄ Sabine Finkenberger

Komplexe Implantatbehandlungen wie die Versorgung mit einer Verbundbrücke im Oberkiefer auf vier Implantaten und zwei natürlichen Pfeilern bergen für weitergebildete, aber noch nicht so versierte implantologisch tätige Behandler etliche Risiken, zumal damit oftmals ein Hart- und Weichgewebemanagement einhergeht. Ein ausschlaggebender Faktor, die Risiken zu minimieren und das definierte Therapieziel zu erreichen, ist die Selbstsicherheit des Behandlers im chirurgischen Workflow. Eine konsiliarische Betreuung bei implantatchirurgischen Eingriffen gibt den dafür notwendigen Rückhalt.

Die Behandlerin hatte bereits alle Module am Internationalen Fortbildungszentrum für Zahnärztliche Implantologie (IFZI) in Nürnberg erfolgreich absolviert. Das IFZI, zertifiziertes AN-Institut der DTMD University in Luxemburg, bietet implantologisch engagierten Zahnärzten auf den jeweiligen Lernbedarf abgestimmte Einzelmodule sowie ein Curriculum Implantologie für Einsteiger mit namhaften Referenten wie Prof. Dr. Ingo Voges (IFZI), Prof. Dr. Ralf Rößler (DTMD Luxemburg), Prof. Dr. Florian Beuer (Charité Berlin) oder Prof. Dr. Jörg Neugebauer (Praxis Landsberg). Um auch in komplexen Fällen Routine zu erlangen, führte die Zahnärztin zwei implantatchirurgische Eingriffe unter Supervision in der eigenen Praxis selbst durch.

Implantate in Verbindung mit Zahnersatz im Oberkiefer weisen im Vergleich zu Unterkieferrestaurationen eine geringere Überlebens- und höhere prothetische Komplikationsraten auf [1]. Umso wichtiger ist ein umsichtiges und präventionsorientiertes Vorgehen. In Abstimmung mit ihrem Patienten hatte die Zahnärztin im ersten Fall eine bedingt abnehmbare Verbundbrücke auf vier Implantaten in regio 16, 12, 21 und 26 (copaSky, bredent medical) sowie über die beiden wurzelgefüllten Pfeilerzähne 13 und 23 geplant. Die notwendige funktionsanalytische Untersuchung hatte sie bereits durchgeführt und sich vom Zahntechniker präoperativ ein Sofortprovisorium herstellen lassen.

Den anspruchsvollen Eingriff führte die Behandlerin souverän und sehr strukturiert durch. Die Positionen der vier copaSKY-Implantate hatte sie zuvor anhand einer DVT-Aufnahme geplant. Den Alveolarkamm legte sie jeweils mit Inzisionen auf Kieferkammmitte bis an die Pfeilerzähne und entsprechend präparierten Mukoperiostlappen frei. Pilotbohrungen und Aufbereitung der Implantatstollen erfolgten hier freihändig gemäß Protokoll.

Um in der distalen Maxillaregion eine ausreichende vertikale Restknochenhöhe für die beiden endständigen Implantate zu erhalten, führte die Behandlerin beidseitig einen internen Sinuslift ohne Augmentation durch [6,7]. Die Implantate brachte sie jeweils subkrestal mit einer Primärstabilität von 20 bis 30 Ncm. ein. Für die lateralen Kieferkammaugmentationen an allen vier Implantaten legte sie nach bukkaler Periostschlitzung eine Membran (TIXXU Control synt, bredent medical) und füllte den Defekt mit Knochenersatzmaterial, dem mikro-makroporösen biphasischen Calciumphosphat TIXXU Graft (bredent medical), und Eigenknochen auf, um eine ausreichende Knochenbreite von 2 mm um die Implantate zu gewährleisten [2].

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Nach der Insertion eines 4,0 x 10 mm Implantats in regio 16 wandte sie sich dem Frontzahnbereich zu. Erschwerend für die Behandlerin, weil korrespondierend mit der Implantatbettbohrung in regio 12, war an dem zu extrahierenden Zahn 11 eine Zyste lokalisiert, die im Zuge der Extraktion entfernt werden musste. Zur lokalen Dekontamination des Gewebes und zur Prävention einer alveolären Ostitis wurde der Frontzahnbereich von regio 12 bis 21 mit der antimikrobiellen photodynamischen Therapie (aPDT) nach Helbo [3] (bredent) behandelt. Nach der Insertion eines 4,0 x 12 mm Implantats in regio 12 extrahierte die Behandlerin den nicht erhaltungswürdigen Zahn 22, füllte die Extraktionsalveole zur Socket Preservation mit einem Kollagenvlies (TIXXU Protect) und setzte in regio 21 wie geplant ein 3,5 x 12 mm Implantat.

Die defizitären Knochenareale im Frontzahnbereich füllte sie wiederum mit Knochenersatzmaterial und deckte den Augmentationsbereich mit einer Membran ab. Nach dem Entfernen der Wurzel von Zahn 25 und dem Verfüllen der Extraktionsalveole mit einem Kollagenvlies inserierte sie in regio 26 ein 4,0 x 8 mm Implantat. Der Wundverschluss erfolgte spannungsfrei und die Implantate heilten unter dem präfabrizierten, als Teleskopbrücke über Zahn 13 und 23 konstruierten Sofortprovisorium, gedeckt ein. Die definitive Restauration wurde als bedingt abnehmbare Verbundbrücke auf copaSKY uni.cone Abutments transversal verschraubt, während sie auf den Pfeilerzähnen über passiv verklebte Teleskopkappen abgestützt war (Abb. 1-12).

Im Rahmen der Supervision setzte die Behandlerin noch am gleichen Tag bei einem zweiten Patienten drei Implantate im Ober- und ein Implantat im Unterkiefer (alle copaSKY). Die Implantation im Unterkiefer stellte keinerlei Probleme dar, außer, dass der Patient ein ihm empfohlenes zweites posteriores Implantat – zumindest zu diesem Zeitpunkt – ablehnte. Im Oberkiefer hingegen stand die Behandlerin vor der Herausforderung eines externen Sinuslifts bei perforierter Schneider’schen Membran (MAV-Test positiv). Die Mund-Antrum-Verbindung verschloss sie mit einer PRF-Membran. Für die notwendige Augmentation verwendete sie Knochenersatzmaterial, vermischt mit zerkleinerter PRF [4,5] (Sticky Bone). Nach der Insertion der Implantate führte sie noch eine membrangestützte laterale Kieferkammaugmentation mit Knochenersatzmaterial durch. Als Provisorium erhielt der Patient später eine PMMA-Brücke auf individuellen Abutments. Als definitive Versorgung ist eine zementierte Zirkonoxidbrücke vorgesehen (Abb. 13-15).

Beide Fälle verdeutlichen, wie auf der Grundlage einer entsprechenden Weiterbildung mit einer Hospitation strukturiertes Vorgehen eingeübt und auch umfangreiche implantologische Fälle als routinemäßige Option in das Praxisspektrum integriert werden können.

Autor

Prof. Dr. med. dent. Ingo Voges

  • Implantologisch tätig seit 1995
  • Konsiliarische Betreuung von Zahnarztpraxen in Hamburg, Zürich, London und Helsinki
  • Consulting und Coaching zur Implementierung moderner Behandlungsverfahren
  • Master of Oral Medicine in Implantology am IMC, Münster
  • M.Sc. Implantology and Dental Surgery am IMC, Münster
  • Honorar-Professur für den Studiengang Dentaltechnologie an der Hochschule Osnabrück
  • Referent im In- und Ausland
  • Medizinischer Geschäftsführer IFZI GmbH, Nürnberg
  • Supervisor & Trainer für nationale und internationale Phantom-Schulungen und Trainerausbildung
  • Leiter des An-Instituts „Internationales Fortbildungsinstitut für Zahnärztliche Implantologie“ an der DTMD Luxemburg