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Spätimplantation im Molarenbereich des Oberkiefers

Minimalinvasiv dank cleverer Planung

Nach einer Zahnextraktion können Knochenumbauprozesse zur Atrophie des Alveolarkamms führen. Besonders bei ohnehin geringem Knochenangebot stellt dies eine Herausforderung bei der implantologischen Versorgung dar. Doch muss es immer eine umfassende Augmentation sein? Der vorliegende Fall schildert das Vorgehen bei einer Spätimplantation, bei der das Alveolenmanagement in Kombination mit dem richtigen Implantatdesign dem Patienten invasivere Verfahren ersparte.

Ausgangssituation und Planung

Bei einem 65-jährigen allgemeinanamnestisch unauffälligen Patienten war der Zahn 16 nicht erhaltungswürdig (Abb. 1). Für die Planung der Extraktion und der weiteren prothetischen Versorgung wurde ein OPG angefertigt, welches ein geringes Knochenangebot regio 16 und einen geringen Abstand zum angrenzenden Sinus maxillaris zeigte (Abb. 2). Der Patient wünschte eine minimalinvasive implantatprothetische Versorgung. Aufgrund der anatomischen Kompromittierung war eine Spätimplantation mit Alveolar Ridge Preservation (ARP) nach sechs Monaten die Behandlung der Wahl. Da die Knochenumbauprozesse post extraktionem in den ersten drei bis sechs Monaten am stärksten ausgeprägt sind, kann es in dieser Zeit zu weiteren horizontalen und vertikalen Atrophiephänomenen kommen [1,2]. Insbesondere im Oberkieferseitenzahnbereich kann durch ein vorausschauendes Alveolenmanagement eine ausgedehnte Augmentation umgangen werden. Durch die ARP und die Verwendung eines kurzen Implantatdesigns ließ sich der für den Patienten invasivere Eingriff mittels externer Sinusbodenelevation vermeiden.

Alveolenmanagement bei Extraktion

Unter Infiltrationsanästhesie konnte der Zahn 16 komplikationslos extrahiert werden. Für Spätimplantationen mit ARP zeigt ein systematisches Review mit Metaanalyse ein signifikant besseres Implantatüberleben (98 % vs. 93 %) als für Sofortimplantationen [3]. Für die ARP können verschiedene Materialien und Techniken erfolgreich zum Einsatz kommen [4]. Nach der Kürettage wurde in diesem Fall ein synthetisches Knochenersatzmaterial (MimetikOss, Mimetis Biomaterials) in die Alveole eingebracht, um die Knochenregeneration in der Extraktionsalveole zu fördern (Abb. 3). Im Oberkieferseitenzahnbereich hat sich die ARP zum Erhalt des Alveolarkamms insbesondere in der vertikalen Dimension als vorteilhaft erwiesen [5]. Zur Stabilisierung des Augmentats wurde eine Kollagenmatrix (creos mucogain, Nobel Biocare) eingelegt und gleichzeitig die Weichgewebs situation für die spätere Implantation verbessert (Abb. 4, 5). Bereits bei Nahtentfernung waren die Wundverhältnisse stabil und nach einem Monat zeigte sich eine gut verheilte Alveole mit ausreichend befestigter und keratinisierter Schleimhaut (Abb. 6).

Sinuslift und Implantatinsertion

Für die Beurteilung der horizontalen wie vertikalen Knochenverhältnisse nach der ARP sowie des Sinusbodens wurde nach sechs Monaten ein DVT angefertigt (Abb. 7-9). Um dem verbliebenen vertikalen Knochenangebot gerecht zu werden, entschied sich das Team bei Planung der Implantatposition (Abb. 10-12) für ein kurzes Tissue Level Implantat 4,6 x 6,5 mm (Axiom TL X3, Anthogyr), das sich durch sein progressives Gewinde und konisches Design auszeichnet. Die abgerundete Spitze sollte zum Schutz der Schneider’schen Membran beitragen, was vor allem beim internen Sinuslift hilfreich war (Abb. 13). Hinzu kam die relativ große Implantatoberfläche in Kombination mit einem Plattformswitch trotz Tissue Level-Design im koronalen Anteil.

Die Implantation erfolgte über eine krestale Schnittführung mit Lappenbildung. Bei einer Restknochenhöhe von sechs Millimetern wurde das Implantat bewusst einen Millimeter subkrestal positioniert, um den Effekt des Implantatdesigns optimal nutzen zu können. Bei der richtigen Indikationsstellung weisen kurze Implantate ähnlich hohe Erfolgs- und Überlebensraten auf wie normaldimensionierte Implantate [6]. Nach der Pilotbohrung folgte daher die geringfügige Elevation des Sinusbodens mittels Osteotom. Insbesondere im Hinblick auf den Patientenwunsch nach minimalinvasiven Eingriffen ist der interne Sinuslift mit seiner geringeren Morbidität im Vergleich zum externen zu präferieren [7]. Bei der Implantatinsertion konnte problemlos eine hohe Primärstabilität von >25 Ncm im neu regenerierten spongiösen Knochen erreicht werden.

Daher erfolgte die Einheilung transgingival mit dem passenden Gingivaformer (TL R konisch), um eine Ausformung der Schleimhaut für die spätere prothetische Versorgung zu optimieren (Abb. 14-17). Nach zwei Wochen zeigten sich bereits stabile und reizlose Wundverhältnisse. Die Nähte wurden entfernt, die Wunde mit CHX gespült und mit PHX- Gel gereinigt (Abb. 18-20). Nach der Einheilphase von zehn Wochen (Abb. 21, 22) erfolgte die definitive Prothetik mit einer Zirkonoxidkrone, die auf einer Titanbasis verklebt wurde (Abb. 23-25).

Fazit

Gerade wenn der Patientenwunsch nach minimalinvasiven implantologischen Versorgungen im Vordergrund steht, stellen moderne Konzepte zum Erhalt des Alveolarkamms in Kombination mit innovativen Implantatdesigns eine sichere und effektive Therapieoption dar. Bereits vor der Zahnextraktion sollte daher stets eine prospektive Planung der zu versorgenden Lücke erfolgen. Wer clever plant kann hierdurch seinen Patienten unnötige invasive Eingriffe ersparen.

Autoren

Dr. med. dent. Kawe Sagheb, M.Sc.

  • 2012–2017 Studium der Zahneilkunde, Universität Mainz 
  • 2018 Dissertation an der Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz 
  • Seit 2018 Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde 
  • 2023 Master of Science Prothetik 

Kawe.Sagheb@unimedizin-mainz.de
www.unimedizin.mainz.de

Isabel Becker, M.A.

  • 2009-2015 Magisterstudium der Amerikanistik, Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, Universität Frankfurt 
  • 2015 bis aktuell Senior Consultant Dental- und Healthcare-Kommunikation (aktuell: dk Life Science Communications) 
  • 2021 bis aktuell Studium der Zahnmedizin, Universität Mainz 
  • 2021 bis aktuell Wissenschaftliche Hilfskraft, Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz 

isabel.becker@t-online.de
www.unimedizin.mainz.de