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Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Eine Fallstudie von Dr. med. dent. Nicolai Böhme

Im posterioren Oberkiefer liegt oft ein vertikal limitierter Alveolarknochen vor. Eine festsitzende Versorgung mit Standardimplantaten ist dann ohne Sinusbodenelevation meist nicht mehr möglich, was zur Ablehnung der implantatprothetischen Therapie durch den Patienten führen kann. Nicht nur in einem solchen Fall bieten sich ultrakurze Implantate mit einer Länge < 6 mm [1] als geeignete Alternative zur Augmentation an. Der Patient sieht sich nicht mit zusätzlichen risikobehafteten und kostensteigernden Eingriffen konfrontiert, und die Behandlungsdauer bleibt im Rahmen einer üblichen Implantattherapie.

Eine Sinusbodenelevation ist nicht frei von Risiken. Bei einem internen Sinuslift ist die Anhebung der Membran limitiert. Schon eine Verletzung der Sinusmembran kann postoperative Komplikationen wie eine Instabilität oder Dislokation des Transplantats bis hin zum Verlust des Implantats nach sich ziehen. Zudem sind augmentative Eingriffe für den Patienten mit einer erhöhten Behandlungsdauer und Kostenbelastung verbunden. Bei implantatgelagerten Extensionsbrücken wiederum können die einwirkenden Kaukräfte Schraubenlockerungen, Abutment-, Gerüst- oder auch Implantatfrakturen verursachen [2]. Mit ultrakurzen Implantaten hingegen als chirurgisch weniger komplexe, zeitsparende und kostenreduzierende Therapiealternative lassen sich bei entsprechenden Knochenqualitäten (D1-D2) solche Risiken vermeiden. Die mit Standardimplantaten vergleichbare hohe Stabilität der Restauration kann damit zu einer erhöhten Patientenakzeptanz eines implantatchirurgischen Eingriffs beitragen [3-5].

Implantatspezifische Eigenschaften

Der 50-jährigen Patientin wurden neben zwei Standardimplantaten (blueSKY, bredent medical) in regio 17 und 16 zwei ultrakurze copaSKY Implantate (4,0 x 5,2 mm, bredent medical) gemäß Protokoll inseriert. Aufgrund der speziellen „konisch-parallelen“ Verbindungsgeometrie bestehen bei den Aufbauten keine Risiken eines vertikalen Versatzes, da der 23-Grad-Konus nicht selbsthemmend ist. Die Rotationssicherung wiederum wird durch einen Torx im apikal parallelen Teil gewährleistet. Durch die geätzte Oberfläche der abschrägten Implantatschulter können sich Knochen und Weichgewebe im Sinne eines Back- Taper-Effekts [6] anlagern und eine knochenunterstützte Weichgewebsmanschette ausbilden (Abb. 1-3).

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 1: Klinische Ausgangssituation mit vertikal und horizontal limitiertem Alveolarkamm.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 2: Konische, nicht selbsthemmende Verbindungsgeometrie mit Rotationssicherung für eine leichte Reversibilität der Restauration.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 3: Back-taper-Effekt durch abgeschrägte Implantatschulter mit geätzter Oberfläche zur Gewebeadaption.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 4: Abstandsrichtige Positionierung der Implantate mit der Messlehre.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 5: Insertion des copaSKY Implantats in regio 16.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 6: Verschließen des Implantats vor Anlagerung der Knochenspäne.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 7: Speicheldicht gelegte Naht über den angelagerten Knochenspänen für den Back-Taper-Effekt.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 8: Röntgenkontrollaufnahme nach Insertion der Implantate regio 17 bis 14.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 9: An den Gingivaformern reizfrei ausgeheilte periimplantäre Mukosa.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 10: Gerüsteinprobe mit okklusaler Verschraubung auf reizfrei abgeheilter periimplantärer Mukosa (Aufnahme gespiegelt).

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 11: Gerüsteinprobe in der lateralen Ansicht.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb. 12: Finale vollkeramische Restauration von lateral.

Ultrakurze Implantate im Molarenbereich

Abb 13: Finale vollkeramische Restauration von okklusal (Aufnahme gespiegelt).

Implantation

Die Implantatstollen für die copaSKY Implantate wurden im vorliegenden Fall gemäß Protokoll etwas unterdimensioniert aufbereitet, wobei der Alveolarkamm mit dem abschließenden Crestalbohrer für den Back-Taper-Effekt temporär leicht aufgeweitet wird. Die Implantate wurden knochenbündig mit einer Primärstabilität von > 35 Ncm eingebracht und heilten unbelastet ein. Die Position der Implantate wurde dabei über eine Messlehre bestimmt.

Nach Einsetzen der Verschlussschrauben wurden Knochenspäne aus dem Implantationsareal auf der Implantatschulter zum Erzielen des Back-Taper-Effekts angelagert und die Wunde mit einem resorbierenden Faden (4.0) primär verschlossen. Die Heilung verlief komplikationslos. Beim Entfernen der Nähte eine Woche später zeigten sich keinerlei Hämatome oder Schwellungen. Für die Insertion der copaSKY und der blueSKY Implantate ist kein Wechsel des OP-Trays notwendig (Abb. 4-9).

Prothetisch-biomechanische Aspekte

Zehn Wochen nach Implantation wurden die Implantate freigelegt, Gingivaformer DH 4 eingesetzt und die vollkeramische Restauration als okklusal verschraubbare Zirkonoxid-Kronen auf der copaSKY Titanbasis mit Platform Switching angefertigt. Hierbei wurden die Kronen auf den blueSKY Implantaten auf Wunsch der Patientin als Einzelkronen gefertigt, die Kronen auf den copaSKY Implantaten jedoch aus Stabilitätsgründen (C/I-Ratio) verblockt. Zwar weist die Oberfläche eines 4 mm copaSKY Implantats mit 82,2 mm2 eine reduzierte Verankerungsfläche auf, erzeugt aber dennoch ausreichenden BIC. Ferner ist unter biomechanisch-funktionalen Aspekten darauf zu achten, dass die Restaurationen keinen Scherkräften ausgesetzt werden, um unspezifische mechanische Belastungen zu vermeiden. Nach entsprechender Überprüfung im Artikulator und Gerüstanprobe wurden die Kronen verblendet, unter kontrolliertem Drehmoment definitiv eingegliedert und die Schraubenkanäle verschlossen (Abb. 10-13).

Studienlage

Von zahlreichen Autoren wird, wie es aus einer umfangreichen Studienübersicht der Zeitschrift pip hervorgeht [7], die Gleichwertigkeit kurzer und ultrakurzer Implantate gegenüber Standard-Implantaten bestätigt. So wird unter anderem für ultrakurze Implantate mit 5,0 mm Länge und Durchmesser ein ebenso guter Knochenerhalt wie für ≥ 10 mm Implantaten angegeben. Weiterhin wurden zwischen kurzen Implantaten (5,0- 8,0 mm) und Implantaten mit Standardlänge (> 8,0 mm) keine signifikanten Unterschiede in den kumulativen Überlebens-, Erfolgs- und Komplikationsraten beobachtet. Die kumulative Überlebensrate nach einem Jahr lag für kurze Implantate (5,0 – 8,0 mm) bei 98,7 % und bei 97,8 % nach fünf Jahren. Durch den Wegfall der augmentativen Eingriffe ist die Versorgung mit ultrakurzen Implantaten eine kostengünstige und zeitsparende Therapiealternative zu Sinuslift und Standardimplantaten im atrophierten Oberkiefer.

Schlussbetrachtung

Die Patientin hatte auf Empfehlung eines Patienten die Praxis aufgesucht, um sich eine Zweitmeinung einzuholen. Ihr waren alio loco aufwendige chirurgische Eingriffe zum Knochenaufbau und Einheilzeiten von mindestens sechs Monaten vorgeschlagen worden. Entsprechend angetan war sie vom Behandlungsablauf, zumal ihr durch die ultrakurzen copaSKY-Implantate ein externer Sinuslift erspart blieb und die Einheilzeiten entsprechend deutlich kürzer ausfielen. Derart zufriedene Patienten empfehlen eine Praxis gerne weiter.

Autor

Dr. med. dent. Nicolai Böhme

  • 1995 – 2000 Studium der Zahnheilkunde an der Philipps-Universität in Marburg
  • 2000 Examen und Erteilung der Approbation Zahnmedizin
  • 2001 – 2007 Tätigkeit als Zahnarzt bei der Bundeswehr in Münster und Wilhelmshaven
  • 2006 Promotionsabschluss und Ernennung zum Dr. med. dent.
  • 2006 – 2007 Zertifizierung für Parodontologie (DGP- Curriculum)
  • 2008 Zertifizierung für Implantologie (DGI-Curriculum)
  • 2008 Praxisgründung und Niederlassung in Emstek

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