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Wie viel Aufwand ist genug …?

Eine Fallstudie von Dr. med. dent. Frank Hoffmann

Ästhetik entsteht im Zusammenspiel von rot und weiß. Damit das Ergebnis einer Einzelzahnimplantation im Frontzahnbereich gerade bei hoher Lachlinie den höchsten Ansprüchen gerecht werden kann, bedarf es bereits bei der Extraktion einer guten präoperativen Planung. Exemplarisch werden für den analogen Workflow zwei unterschiedliche chirurgische und prothetische Herangehensweisen beschrieben und abschließend ein Zehnjahresergebnis präsentiert.

Ausgangslage

Zwei Patientinnen unterschiedlichen Alters mit hoher Lachlinie und mit je einem nicht erhaltungswürdigen Frontzahn stellten sich vor.

  • Patientin 1: 34 Jahre alt, Kronenwurzelfraktur am Zahn 21, alio loco geschient;
  • Patientin 2: 52 Jahre alt, tiefe Kronenwurzelkaries und apikale Ostitis am Zahn 21, endodontisch mit Stiftaufbau versorgter Zahn 11;

Die Patientin 2 kommt mit dem Wunsch nach einer „Zweitmeinung“ alternativ zum Vorschlag einer Versorgung der Region 11/21 mit zwei einteiligen Keramikimplantaten alio loco.

Abb 1:​ Aufgrund der hohen Lachlinie und des Biotyps wird der Erhalt der …

Abb. 2:​ … Zahnfleischarchitektur eine zentrale Rolle für den späteren Erfolg spielen.

Abb 3: Der Zahn 21 erscheint sowohl inzisal als auch zervikal deutlich länger.

Abb. 4:​ Eine geringe Rezession führt im Hinblick auf die Harmonisierung des Gingivaverlaufes zu einer Verbesserung.

Abb 5: Schonende Extraktion des Zahnes 21.

Abb. 6:​ Der epithelisierte Anteil verschließt die Extraktionsalveole.

Abb 7: Provisorische Versorgung mit Klemmprovisorium mit basalem 10 Platz für die Weichgewebsaugmentation.

Abb. 8:​ Nach einer Woche zeigt sich eine gute Wundheilung.

Abb 9: Nach fünf Monaten Einheilzeit soll implantiert werden.

Abb. 10:​ Die Situation stellt sich in horizontaler und vertikaler …

Abb 11: … Dimension sehr zufriedenstellend dar.

Abb. 12:​ Die Implantatposition des BLT Implantats (4,1/12 mm) wurde mittels eines Indexes übertragen.

Abb 13: Die Schnittführung wurde nach palatinal verlagert.

Abb. 14:​ Nach vier Monaten wird freigelegt.

Abb 15: Anstelle des Gingivaformers wurde eine provisorische Krone im Zahntechnikermeisterlabor vorbereitet.

Abb. 16: Das Weichgewebe hat sich …

Abb 17: … kurze Zeit später gut adaptiert.

Abb. 18:​ Die provisorische Krone gibt dem Gewebe eine Leitschiene für den Verschluss des Interdentalraums.

Abb 19: Vier Monate später erfolgt die definitive Abformung.

Abb. 20:​ Eine transokklusal verschraubte, verblendete Zirkonoxid-Krone auf Klebebasis wird hergestellt.

Ästhetische Analyse der Patientinnen

Bei beiden Patientinnen wird der Erhalt der Zahnfleischarchitektur aufgrund der hohen Lachlinie und des Biotyps eine zentrale Rolle für den späteren Erfolg spielen (Abb. 1, 2). Bei Patientin 1 erscheint der Zahn 21 sowohl inzisal, als auch zervikal deutlich länger (Abb. 3), was befürchten lässt, dass die Wundheilung eine starke Diskrepanz zwischen 11 und 21 hervorruft. Eine Hilfslinie entlang des Gingivasaums der Zähne 13-23 zeigt hingegen bei Patientin 2, dass in diesem Fall ein wenig Rezession nicht nur tolerierbar, sondern im Hinblick auf die Harmonisierung des Gingivaverlaufes sogar zu einem besseren Ergebnis führen würde (Abb. 4). Es ist immer das Ziel, schon bei der Extraktion die richtigen Weichen zu stellen, jedoch beeinflusst hier die lokale Situation entscheidend das Vorgehen.

Patientin 1 Chirurgisches Vorgehen

Nach schonender Extraktion von 21 (Abb. 5) zeigt sich glücklicherweise eine intakte Alveole. Diese wird mit bovinem Ersatzmaterial gefüllt und mit einem Kombitransplantat aus dem Gaumen verschlossen. Dabei gestalten wir zur Stabilisierung und Ernährung des Gewebes einen großen bindegewebigen Stiel, der mit einer Unterzugsnaht bukkal befestigt wird, und einen epithelisierten Anteil, der die Extraktionsalveole verschließt (Abb. 6). Provisorisch wurde die Patientin mit einem Klemmprovisorium versorgt, bei dem basal deutlich Platz für die Weichgewebsaugmentation geschaffen wurde (Abb. 7). Nach einer Woche zeigt sich eine gute Wundheilung mit Erhalt der Weichgewebsarchitektur (Abb. 8). Nach fünf Monaten stellt sich die Situation zur Implantation in horizontaler und vertikaler Dimension sehr zufriedenstellend dar (Abb. 9-11). Es wurde ein Implantat 4,1/12 mm BLT (Straumann) gesetzt und die Implantatposition mittels eines Indexes übertragen (Abb. 12). Die korrekte Positionierung des Implantates in bukko-oraler Ausrichtung und Angulation orientierte sich an dem an den Nachbarzähnen verspannten Nahtmaterial. Die aus dem Bohrstollen langsam rotierend gesammelten, sehr vitalen Späne wurden noch bukkal zur Verdickung ohne Membran angelagert. Dazu wurde die Schnittführung nach palatinal verlagert (Abb. 13).

Freilegung

Nach Osseointegration wird zur Freilegung nach vier Monaten (Abb. 14) eine provisorische Krone (Abb. 15) im zahntechnischen Meisterlabor vorbereitet und anstatt des üblichen Gingivaformers eingesetzt. Kurze Zeit später zeigt sich das Weichgewebe bereits gut adaptiert (Abb. 16, 17). Die Gestaltung der provisorischen Krone gibt, trotz mäßiger Interdentalpflege, dem Gewebe eine Leitschiene, um den nterdentalraum zu verschließen (Abb. 18). Vier Monate später erfolgt die definitive, geschlossene Abformung (Abb. 19) und die Herstellung einer transokklusal verschraubten, verblendeten Zirkonoxid-Krone auf Klebebasis (Abb. 20). Die Abschlussbilder zeigen harmonische Gingivaverhältnisse (Abb. 21-23).

Abb 21:​ Optimale gingivale Verhältnisse …

Abb. 22: … wurden geschaffen, sodass ein harmonische …

Abb 23: … Rot-Weiß-Ästhetik entstanden ist.

Abb. 24: Atraumatische Extraktion des Zahnes 21.

Abb 25: Zeitgleich mit der Implantation sollte eine Knochenrekonstruktion durchgeführt werden.

Abb. 26: Das Knochendefizit regio 21 und eine vestibuläre Dehiszenz werden sichtbar.

Abb 27: Augmentation mit retromolarem Knochen und Abdeckung mit einer Jason Membrane.

Abb. 28: Fünf Monate später werden ein kleiner Gingivaformer …

Abb 29: … und später eine verschraubbare provisorische Krone eingesetzt.

Abb. 30: Im Zusammenhang mit der vestibulären Rezession an Zahn 11 musste der Gingivaverlauf an Zahn 21 nur minimal korrigiert werden.

Abb 31: Bei der Einprobe des Hybridabutments und des Zirkonkäppchens …

Abb. 32: … werden der marginale Verlauf und die kosmetische Abdeckung überprüft.

Abb 33: Das marginale Gewebe im Implantatbereich sieht gesund und natürlich ausgeformt aus.

Abb. 34: Die fertig verblendeten Zirkonoxidkronen zeigen drei Wochen …

Abb 35: … nach Eingliederung einen harmonischen Gingivaverlauf.

Abb. 36: Stabile knöcherne Verhältnisse rund um das Implantat.

Abb 37: Implantation und Versorgung regio 21 …

Abb. 38: … im Jahr 2010, zehn Jahre später …

Abb 39: … zeigt sich ein langzeitstabiles Ergebnis.

Patientin 2 Chirurgisches Vorgehen

Nach atraumatischer Extraktion des Zahnes 21 (Abb. 24) offenbart sich leider eine total zerstörte bukkale Alveolenwand. Ein Alveolen-Erhaltungskonzept erscheint angesichts des Zustandes nicht sinnvoll. Wir entschließen uns für eine Knochenrekonstruktion möglichst zeitgleich mit der Implantation (Abb. 25). Nach Bildung eines Mukoperiostlappens ohne vertikale Entlastung zeigt sich sowohl das Knochendefizit regio 21 als auch eine ausreichende vestibuläre Dehiszenz für die spätere marginale Angleichung an den Gingivaverlauf des Zahnes 11 (Abb. 26). Es folgt eine retromolare Entnahme von Knochen aus der Tuberregion, die Implantation eines 3.3/12 mm BLT (Straumann), eine Augmentation und Abdeckung mit einer Jason Membrane (Straumann) (Abb. 27).

Freilegung und weiteres chirurgisches Vorgehen

Nach fünf Monaten werden ein kleiner Gingivaformer (Abb. 28) und die vorbereitete verschraubbare provisorische Krone eingesetzt (Abb. 29). Die vestibulär gelegene Öffnung ist Folge des Kompromisses bei der Wahl der Implantatachse, der die Augmentation erleichterte. Die Korrektur des marginalen Saums an Zahn 11 wurde vorgenommen, nachdem die Situation um die Implantatkrone stabil erschien. Da der Umfang der bukkalen knöchernen Dehiszenz an Zahn 11 bekannt war, konnte auf die klassische Kronenverlängerung verzichtet und minimalinvasiv korrigiert werden (Abb. 30). Zur leichteren Auffindbarkeit ist der Kanaleingang leicht abgesetzt. Nach Reifung der Gewebe wird der Zahn 11 nachpräpariert, der vorhandene gegossene Stiftaufbau vorsichtig angestrahlt, silanisiert und mit einem Opaker abgedeckt.

Bei der Einprobe des Hybridabutments und des Zirkonkäppchens werden der marginale Verlauf und die kosmetische Abdeckung überprüft (Abb. 31, 32). Das marginale Gewebe im Implantatbereich zeigt sich gut ausgeformt und gesund (Abb. 33). Die fertig verblendeten Zirkonoxidkronen zeigen drei Wochen nach Eingliederung einen harmonischen Gingivaverlauf (Abb. 34, 35) und das Röntgenbild (Abb. 36) stabile knöcherne Verhältnisse ums Implantat.

Patientin 3 Zehn Jahre Stabilität

Implantation und Versorgung fanden im Zeitraum Februar bis September 2010 statt (Abb. 37). Die Abbildungen 38 und 39 zeigen, dass bei sorgsamem Vorgehen und guter Planung eine kompromittierte Ausgangssituation mit Zustand nach WSR zu einem langzeitstabilen Ergebnis über zehn Jahre führen kann.

Autor

Dr. med. dent. Frank Hoffmann

  • 1983-1988 Studium Zahnmedizin mit Abschluss Staatsexamen, Hamburg
  • Seniorpartner Zahnärzte am Stadtpark in Hamburg
  • Seit 1991 Implantologische Tätigkeit
  • 2005 Zertifizierung Implantologie (DGI)
  • Seit 2013 Vortragstätigkeit & Leitung praktisch Study Clubs Implantologie und Parodontologie
  • ITI Study Club Direktor

Kontakthoffmann@borgweg.de

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