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Zweiteilige Zirkonoxidimplantate

Eine Fallstudie von Frank Maier

Vergleich von Standard-PEKK zu individuellen Zirkonaufbauten
Lange Zeit galt Titan aufgrund seiner mechanischen und biologischen Eigenschaften als das ideale Implantatmaterial. Neuere Untersuchungen weisen jedoch auf eine mögliche Korrosion des Titans und auf damit verbundene lokale Effekte hin. So sollen Mikropartikel aus Titanimplantaten unter anderem für die Entstehung einer Periimplantitis verantwortlich sein [3,9,10,13]. Auch Überempfindlichkeitsreaktionen infolge des Einflusses von Dentalimplantaten aus Titan werden diskutiert [5,15].

Als eine gangbare Alternative zu Titanimplantaten gelten Implantate aus Zirkonoxid. Insbesondere eine bessere Ästhetik und Biokompatibilität scheinen in erster Linie für den alternativen Einsatz von Zirkonoxid zu sprechen [16]. Evidenzbasierte Aussagen zur Gleichwertigkeit bzw. Überlegenheit von Implantaten aus Zirkonoxid im Vergleich zu Implantaten aus Titan sind derzeit jedoch aufgrund des Fehlens von Langzeitergebnissen nicht möglich [1,4,11,12,14,16].

Allerdings sind die verfügbaren Erkenntnisse vielversprechend, da die Osseointegration und die Erfolgs- und Überlebensraten mit denen von Titanimplantaten vergleichbar sind [1,2,8,12,14]. Materialbedingt wurden Zirkonoxidimplantate der ersten Generation einteilig hergestellt. Infolge besserer fertigungstechnischer Möglichkeiten können Zirkonoxidimplantate zwischenzeitlich im zweiteiligen Design angeboten werden. In Bezug auf die Osseointegration [7] und die Erfolgsraten [6] scheinen diese gegenüber Titanimplantaten ebenfalls gleichwertig zu sein. Der vorliegende Fallbericht beschreibt in einer zweiteiligen Folge das chirurgische und prothetische Vorgehen bei Versorgung des Oberkiefer-Frontzahnbereichs mit zweiteiligen Hexalobe-Zirkonoxidimplantaten und einer festsitzenden Brückenrekonstruktion aus Zirkonoxid.

Die Patientin suchte die Praxis mit funktionellen Beschwerden aufgrund der Nonokklusion im Seitenzahngebiet und überlasteter Front auf. Die Frontbrücke war bereits alio loco stark eingeschliffen worden. Ich empfahl ihr den vorigen Behandler aufzusuchen um die Stützzonen aufbauen zu lassen, da sonst die Fraktur der Frontzähne drohte. Der vorige Behandler schliff die Brücke lediglich weiter ein, ohne Erfolg und mit persistieren- der Nonokklusion. Die Patientin suchte mich erneut auf mit dem Wunsch die Stützzonen aufzubauen, was zunächst über Langzeitprovisorien um Unterkiefer erfolgte, die nach Besserung in definitive Brücken überführt wurden.

Zwei Jahre später kam es zur Fraktur der Brücke. Die klinische (Abb. 1) und röntgenologische Diagnostik (Abb. 2) mittels OPG zeigte die tieferen Frakturen der wurzelgefüllten Pfeilerzähne 21 und 24 (Abb. 3). Eine Brückenversorgung über die Kurvatur des Kieferbogens ist bei fehlendem Eckzahn problematisch, insbesondere bei zusätzlich verstärkten lateralen Kräften im Falle eines Tiefbisses.

Anamnese

Die Patientin war zum Zeitpunkt der Behandlung Nichtraucherin. Außer einer Allergie gegenüber Antibiotika (Amoxicillin) bestanden keine weiteren allgemeinmedizinischen Probleme. Sie verfügte über eine gute Mundhygiene (API 15,0 %) und war parodontal gesund (BOP 5,0 %). Im Oberkiefer war sie bereits mit implantatgetragenem Zahnersatz auf vier Implantaten in regio 11, 13, 14, 15 und im Unterkiefer auf sechs Implantaten in regio 25, 26, 33, 34, 36 und 43 sowie 45 versorgt worden.

Die bisherige implantatprothetische Therapie wurde auf Implantaten vier unterschiedlicher Hersteller durchgeführt. Aufgrund ihrer Dysfunktionen im Bereich der Kaumuskulatur sowie einer beidseitigen Diskusverlagerung war die Patientin funktionell durch Bisshebung über die Unterkiefer-Seitenzahnbrücken vorbehandelt worden.

Vor der Neuanfertigung der Brückenversorgungen im Unterkiefer zwei Jahre zuvor, standen die Molaren bei der habituellen Interkuspidation nicht in Kontakt. Das Gebiss wurde daher mehrfach eingeschliffen. Es war in der Folge zu einem Tiefbiss gekommen (Abb. 4). Der aktuelle prothetische Versorgungszustand mit festsitzenden Freiendversorgungen auf Implantaten war zufriedenstellend. Im Zuge des entstandenen Tiefbisses und der persistierenden Parafunktionen waren die Pfeilerzähne 21 und 24 einer starken lateralen Belastung mit Scherkräften ausgesetzt, welche schlussendlich zur Fraktur der Pfeilerzähne führten.

Diagnostik und Planung

Zur Beurteilung der Erhaltungswürdigkeit wurden Zahnfilme angefertigt. Anhand der klinischen und röntgenologischen Erkenntnisse wurde die Patientin über die Möglichkeiten der Neuversorgung aufgeklärt. Im Zusammenhang mit der fraglichen Erhaltungswürdigkeit der frakturierten Pfeilerzähne 21 und 24 entschied sich die Patientin dafür, die Zähne nicht zu erhalten, sondern mit Implantaten zu ersetzen. Obwohl sie bereits mit Implantaten aus Titan versorgt worden war, hatte sie Vorbehalte gegenüber Titan als Implantatmaterial. Aufgrund dessen wurde in Absprache mit der Patientin eine Versorgung mit zweiteiligen Implantaten aus Zirkonoxid geplant.

Um die ungünstigen prothetischen Voraussetzungen für die zukünftige Brückenversorgung auf zwei Pfeilern zu vermeiden, wurde der Zahnersatz auf drei Implantaten abgestützt. Die Lage der drei zweiteiligen Ceralog Zirkonoxidimplantate (Camlog) (ø 4 mm) wurde in den Regionen 21 (Länge 10 mm), 23 und 24 (Länge jeweils 12 mm) auf Grundlage des dreidimensionalen DVT-Datensatzes mit der Simplant Software geplant. Die dreidimensional geplanten Implantatpositionen wurden initial mittels Bohrschablone auf die Patientensituation übertragen. Die eigentliche Präparation der Implantatkavitäten und die Implantatinsertion erfolgten freihändig.

Die speziell für Keramik-Implantate entwickelte Hexalobe-Verbindung der Ceralog-Implantate erlaubt die bei der Brückenversorgung dieser Patientin notwendige hohe Rotationsstabilität und Kraftübertragung. Zum Zeitpunkt der Planung standen Standardabutments aus dem Hochleistungspolymer Polyether- Keton-Keton (PEKK, Ceralog) zur Verfügung. Die Fertigung von individuellen Abutments aus Zirkonoxid (Ceralog) stand kurz vor der Markteinführung. Der Patientin willigte ein, zu Testzwecken beide Abutmentformen, zunächst PEKK, dann Zirkonoxid, für jeweils ein Jahr einzugliedern. Danach sollte sich die Patientin für eine der Versorgungen entscheiden. Die Suprakonstruktion wurde mittels Zirkonoxid-Brückenversorgung versorgt.

Vorbereitende Maßnahmen zur Implantation

Die Implantattherapie wurde im zweizeitigen Vorgehen geplant. Für die Dauer der Einheilzeit wurde ein Klammerprovisorium angefertigt und vor dem Eingriff angepasst (Abb. 5). Die beiden Wurzelreste wurden schonend extrahiert (Abb. 6, 7, 8) und die Schleimhautränder der Extraktionsalveolen deepithelisiert (Abb. 9).

Die Alveolen wurden mit Bindegewebstranspantaten, die aus dem linken Tuberbereich entnommen wurden, abgedeckt. (Abb. 10). Anschließend wurde eine Ridge Preservation der Extraktionsalveolen mit allogenem partikulierten Knochenersatzmaterial durchgeführt (Demineralisierte allogene Knochenmatrix, Osteograft), um die postoperative Resorption des Alveolarfortsatzes möglichst gering zu halten (Abb. 11).

Danach erfolgte die Abdeckung der Extraktionsalveolen mittels der Bindegewebstransplantate, die mit Knopfnähten fixiert wurden (Abb. 12, 13, 14, 15). Zur Vermeidung von Komplikationen wurden vor dem Eingriff 500 mg Ciprofloxacin verabreicht, die Postmedikation erfolgte mit 500 mg Ciprofloxacin über einen Zeitraum von fünf Tagen. Als Schmerzmedikation wurde Ibuprofen (600 mg) verschrieben, das je nach Bedarf eingenommen werden sollte. Die Heilung erfolgte komplikationslos, wie die postoperativen Kontrollen nach zehn Tagen (Abb. 16) und nach einem Monat (Abb. 17) zeigten. Die Implantation erfolgte sechs Monate später.

Schlussbemerkung

Die weitere Behandlung der Patientin inklusive Freilegung und Versorgung mit Abutments sowie der Suprakonstruktion aus Zirkonoxid wird im zweiten Teil der Fallstudie in pip 6/2019 vorgestellt.

Autor

Frank Maier, M.Sc., M.Sc Oral Implantology,
M.Sc. Periodontology

  • 1998 Staatsexamen in Zahnmedizin an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
  • 1998 Approbation als Zahnarzt
  • 1998 Promotion in der Abteilung
  • für zahnärztliche Prothetik zum Thema „Vollkeramischer Zahnersatz“
  • 1998 – 2001 Assistenzarzt in der Praxis Dres. Blind, Stuttgart, und Praxis für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Dr. Dr. Eiche, Bad Cannstatt
  • 2000-2001 Strukturierte Fortbildung Implantologie unter der Leitung von Dr. Ashok Sethi, Royal College of Surgeons, London
  • Seit Januar 2001 Niederlassung in eigener Praxis in Tübingen mit Schwerpunkt Implantologie und prothetische Rehabilitationen. Spezialisierung in mikroskopischer Endodontologie, Implantologie und ästhetischer Zahnheilkunde
  • Seit 2002 Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (Zahnärztekammer Baden-Württemberg und Deutsche Gesellschaft für Implantologie)
  • 2007 – 2009 Postgraduierten Studiengang Oral Implantology, Steinbeis Universität Berlin (M.Sc. Oral Implantology)
  • 2016 – 2017 Postgraduierten Studiengang Periodontology, Steinbeis Universität Berlin (M.Sc. Periodontology)
  • Seit 2005 internationale Tätigkeit als Referent für Implantatchirurgie, Restaurative Zahnheilkunde und Gnathologie
  • Seit 2013 Vorstandsmitglied und amtierender President Elect des Gnathologischen Arbeitskreises Stuttgart e.V. (www.gak-stuttgart.de)
  • 2014 ZZI-Preis in der Kategorie „Beste praktische Arbeit“ (Journal of Dental Implantology)
  • Forschungstätigkeit und Veröffentlichungen in den Bereichen Implantat-Abutment-Verbindung, Knochenersatzmaterialien, Implantatprothetik, Periimplantärer Knochenabbau, Sinusaugmentation, Doppelkronen auf Implantaten, Gesamtrehabilitationen und Keramikimplantate