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CBR in kompromittierten Implantatregionen

Mehrstufige Knochenregeneration zur Rekonstruktion von Implantatlagern

Periimplantitis kann langfristig, nach erfolglosen Therapiemaßnahmen gemäß S3-Leitlinie, dazu führen, dass Implantate verloren gehen. In der Folge können Knochen- und Weichgewebsdefekte am Kieferkamm entstehen, die eine (implantat-) prothetische Neuversorgung komplex machen. Zunächst gilt es nach Explantation den Kieferkamm ausheilen zu lassen. Nach Konsolidierung des Knochens und Weichgewebes wird der Gewebemangel charakterisiert und je nach Ausmaß mit unterschiedlichen, mehrstufigen Maßnahmen vertikal und horizontal augmentiert.

Zur Schaffung eines ausreichend dimensionierten neuen Implantatlagers können die nach Explantation und Entfernung des Granulationsgewebes entstehenden, großen Knochendefekte mit unterschiedlichen Methoden augmentiert werden. Autologe Knochenblöcke, allogene Knochenblöcke, dem Knochendefekt angepasste, CAD/CAM-gefertigte Titangerüste und Knochenersatzmaterial, mit der Schalentechnik und autologem Knochen/KEM oder einer Kombination aus Knochenblöcken und KEM, autologem Knochen und KEM u. a. kann der Kieferkamm rekonstruiert werden.

Voraussetzung nach Implantatverlust sind eine sorgfältige Kürettage und Entfernung des Granulationsgewebes (Spülung) und die Gewebeschonung durch eine ausreichende Ausheilzeit. Implantat-gestützter Zahnersatz weist langfristig gute Überlebensraten auf. Im vorliegenden Patientenfall waren dennoch die Implantate regio 14 und 16 in der Folge von einem fünfj.hrigen, therapieresistenten, rezidivierenden Entzündungsgeschehen nicht erhaltungswürdig und mussten explantiert werden. Nach diagnostischer klinischer und röntgenologischer Analyse drei Monate später (Abb. 1-8) wurde nach Aufklärung des 59-jährigen Patienten über die möglichen Eingriffs- und Versorgungsoptionen gesprochen. Die Nachimplantation war für ihn eine wichtige Therapieoption, zumal das prothetische Konzept dadurch nicht verändert werden musste.  Voraussetzung war die Augmentation des ausgedehnten Knochendefizits, um ein funktionierendes Implantatbett zu erhalten. Dabei war ein zweizeitiges Vorgehen nötig, mit einer Nachimplantation erst nach der Konsolidierung des augmentierten Kieferknochens. 

Da der Patient keine Knochenentnahme aus dem Beckenknochen wünschte und oral nicht ausreichend autologer Knochen vorhanden war, sollte neben einem externen Sinuslift ein 3D-gefertigtes Titangerüst (Yxoss CBR, ReOss) mit allogenem KEM (The Graft, Purgo) zur Augmentation verwendet werden (Abb. 9, 10). 

Die offene Struktur des ReOss Titangitters ermöglicht eine periostale Vaskularisation, die für die Knochenregeneration entscheidend ist. Im apikalen Bereich verfügt es über eine engmaschige Struktur, die den Einwuchs von Weich- und Hartgewebe erschwert, sodass eine Entfernung leichter geht. Das Titangitter war individuell angepasst, daher wurde nach Eröffnung des OP-Situs und externem Sinuslift zunächst die Passung kontrolliert (Abb. 11). Alsdann wurde eine Membran zugeschnitten, die innen im Gitter als Barriere zum Weichgewebe zu liegen kam (Abb. 12). Nach Vermischung von allogenem KEM (The Graft, Purgo) mit Blut wurde das KEM sowohl lokal am Defekt appliziert als auch im Gitter eingefüllt und das Gitter auf dem Kieferkamm eingepasst (Abb. 13, 14). Über dem Gitter wurden zwei Zucker-kreuzvernetzte Kollagenmembranen aus hoch aufgereinigtem Kollagen (Typ 1) porcinen Ursprungs (Ossix Plus, Regedent) mit PRF (mectron) appliziert (Abb. 15). Die Membran weist materialbedingt eine beständige Barrierefunktion auf, um während des langen Einheilprozesses von fünf Monaten ein Einwachsen von Weichgewebe zu verhindern. Schlussendlich wurde der OP-Situs vernäht und der Patient mit einem Klammerprovisorium versorgt (Abb. 16-18).

Nachimplantation

Ein knappes halbes Jahr später wurde das Gitter problemlos entfernt (Abb. 19) und zwei Implantate (Camlog Progressive-Line-Implantate regio 14, Ø 4.3 mm und 16, Ø 5.0 mm) inseriert. Der apikal konische Implantatkörper des Progressive Line-Implantates, die Tube-in-Tube Verbindung sowie das ausladende Gewindedesign sorgten für die notwendige Primärstabilität. Die Schnittführung verlief gewebeschonend entlang des Narbenzuges.

Trotz bereits deutlich verbesserten Kiefervolumens (Abb. 20) wurde nach Implantation erneut mit PRF (mectron), autologem Knochen, The Graft und Ossix Plus-Membranen augmentiert (Abb. 21-28). Die Implantate heilten geschlossen für vier Monate ein (Abb. 29). Der Patient wurde in dieser Zeit mit einem Schienenprovisorium versorgt. Nach komplikationsloser, erfolgreicher Einheilung erfolgte vier Monate später die Freilegung in Kombination mit einer Verschiebeplastik zur Optimierung der Weichgewebedicke rund um die Implantate (33-35). Zur abschließenden prothetischen Versorgung wurde der Patient zurück zu seinem Hauszahnarzt überwiesen (Abb. 36, 37).

Fazit

Die Entfernung der bakteriell besiedelten Implantate und eine ausreichende Ausheilzeit ist entscheidend für eine knöcherne Regeneration und eine komplikationsfreie Wundheilung nach entzündlich bedingtem Implantatverlust. Eine implantatgetragene Neuversorgung ist oft möglich, aber in der Regel mit GBE-Maßnahmen und Wartezeiten für die lastfreie Einheilung von Knochentransplantaten und der umgebenden Weichgewebe verbunden. Aufgrund der Zurückhaltung in Bezug auf eine Knochenentnahme aus dem Beckenkamm konnte im vorliegenden Beispiel vertikal an der Zahnoberfläche nicht noch mehr Volumen aufgebaut werden. Die langen Kronen waren die Folge des Verzichts auf weitere augmentative Maßnahmen, stellten aber für den Patienten keinen Misserfolg dar. Sicher und stabil mit Implantaten versorgt, stellt sich der Patient regelmäßig zur Kontrolle und Prophylaxe bei seinem Hauszahnarzt vor.

Vielen Dank an die Zahnärzte Dr. Ulrich Waller und Dr. Heidi Lerpscher, München, für die gute Zusammenarbeit, die Kronenanfertigung erfolgte durch Dentallabor Gibisch (www.gibisch.de).

Autor

Dr. med. dent. Peter Randelzhofer

randelzhofer@icc-m.de
www.icc-m.de