Höheres Risiko für Implantatverlust erfordert Risiko-Management
Bei Parodontitis-Patienten, die aufgrund der Erkrankung Zähne verlieren, stellt sich die Frage nach der Prognose einer Versorgung mit Implantaten. Wissenschaftliche Langzeitdaten und wissenschaftlich ermittelte Risikofaktoren sind daher für die Prognose der Implantatversorgung bei der Patientenaufklärung und der Prävention von Periimplantitis von großem Interesse. Einerseits scheint eine wirkungsvolle Periimplantitis-Prävention mittels geeigneter und regelmäßiger Nachsorgemaßnahmen möglich zu sein [1-4].
Andererseits – betrachtet man die Schlussfolgerungen von Reviews der letzten zehn Jahre – haben parodontal kompromittierte Patienten grundsatzlich ein hoheres Risiko fur einen Implantatmisserfolg [5-7,8,9]. Anderen Daten aus dem Jahr 2021 zufolge haben Parodontitis-Patienten ein zweifach höheres Risiko für einen Implantatverlust im Vergleich zu parodontal gesunden Patienten [8]. In der Patientenführung wird es insofern heikel, wenn der Wunsch nach Implantaten besteht, aber eine vorbestehende Parodontitis mit möglicherweise verbundenen Risikofaktoren (z. B. Rauchen, schlechte Mundhygiene) nicht 100-prozentig kontrolliert sind und damit das Risiko für einen Implantatmisserfolg durch systemische oder biologische Komplikationen erhöht ist.
Parodontitis-Patienten, die eine Versorgung mit Zahnimplantaten wünschen, sollten daher vor der Behandlung aufgeklärt werden. Eine kontinuierliche Bewertung des Risikos für biologische oder systemische Komplikationen (Recall) sowie individuell angepasste, teils aufwendige Prophylaxemaßnamen sind von großer Bedeutung, auch müssen PAR-Patienten über mögliche zusätzliche nicht-chirurgische und chirurgische Eingriffe zur Behandlung biologischer Komplikationen aufgeklärt werden. Grundsätzlich bestehen Hinweise in der Literatur, dass bei einer parodontalen Vorerkrankung und mangelnder, regelmäßiger, unterstützender Prophylaxemaßnahmen, wie etwa einer UPT, die Wahrscheinlichkeit eines Implantatverlusts deutlich ansteigt [9].
Patientenfall
Der männliche, 52-jährige Patient hatte in unserer Praxis eine Parodontalbehandlung erfolgreich abgeschlossen, sodass Staging und Grading der Parodontitis in ein Stadium II-III mit langsamer Progressionsrate (Grad A) überführt werden konnte. Zahn 11 musste jedoch aufgrund der Sondierungstiefen und eines persistierenden, mehrwandigen vertikalen Defektes extrahiert werden. Mittels regelmäßiger Recallsitzungen zur unterstützenden PAR-Therapie (UPT) konnte eine stabile, entzündungsfreie Situation geschaffen werden. Nach Aufklärung über die Möglichkeiten der Versorgung, Vor- und Nachteile der jeweiligen Versorgung und der Risiken einer Implantatbehandlung bei einer vorangegangenen Parodontitis entschied sich der Patient für ein Implantat regio 11 und eine Überkronung des Zahnes 21. Bereits im 2D-Röntgenbild war der knöcherne Einbruch zu erkennen (Abb. 1). Zehn Wochen später wurde der Patient zur Implantation einbestellt (Abb. 2).
Implantation
Neben der Implantation mit einem für derartige Knochenqualität geeignetem Implantat musste dringend augmentiert werden, auch der Einsatz von Knochenersatzmaterial sowie PRF war aufgrund der geschädigten Gewebestrukturen notwendig. Es wurde ein Camlog Progressive-Line Implantat mit Ø 4.3 mm ausgewählt, welches auch bei begrenzter Knochenhöhe u.a. in Extraktionsalveolen wegen seines Verankerungsgewindes eine gute Primärstabilität bot (Abb. 4). Dies sollte offen einheilen. Mit einem semiindividuellen Gingivaformer (Abb. 5) wurde das durch die parodontale Destruktion beeinträchtigte Emergenzprofil ausgeformt (Abb. 6). Auf das Implantatgewinde wurde von vestibulär Eigenknochen und PRF (mectron) aufgebracht, um dann mit KEM (The Graft, Purgo) mit PRF vermischt und einer Kollagen-Membran (Ossix Plus, Regedent) abgedeckt und vernäht zu werden (Abb. 7). Der Patient wurde mit einem Flügelprovisorium versorgt. Vier Monate später hatte sich das Weichgewebe gut entwickelt. Dann wurde der Zahn 21 beschliffen und abgeformt (Abb. 8-11). Anschließend wurde das Implantat mit einem laborgefertigten LZP mit angepasstem Emergenzprofil versorgt (Abb. 12-17).
Einheilzeit
Im weiteren Verlauf der Kontrollen der Implantateinheilung zeigte sich, dass trotz Motivation des Patienten, regelmäßiger Unterweisungen und Prophylaxesitzungen in der Praxis das Biofilmmanagement des Patienten suboptimal war (Abb. 18-20). Nach Einsetzen der definitiven Implantatkrone nach weiteren sechs Monaten (Abb. 21-24) erklärte sich der Patient bereit, trotz der finanziellen Aufwendungen alle drei Monate zur UPT/PZR zu kommen, sodass die parodontale Gesundheit und der Implantaterhalt trotz immer wieder auftretender, teils sichtbarer Putzdefizite stabil und im Rahmen der Möglichkeiten ästhetisch zufriedenstellend erhalten werden konnte (Abb. 25-31).
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