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Der teilbezahnte Kiefer

Infolge der verbesserten Gesundheitsfürsorge und -vorsorge sowie der höheren Lebenserwartung ist bereits jetzt und in Zukunft mit einer erhöhten Anzahl teilbezahnter Patienten zu rechnen. Die Fortschritte in der Implantologie haben dabei nicht nur dazu geführt, dass eine implantatprothetische Versorgung zusehends als Behandlungsoption in den Fokus dieser Patientenklientel gerückt ist. Sie haben zudem zu einer hohen Erwartungshaltung und dem Anspruch auf eine schnelle und wirksame implantatprothetische Therapie geführt.

Anspruch auf eine schnelle und wirksame implantatprothetische Therapie geführt.

Dass diese Entwicklung von Seiten der Praxis und Wissenschaft bereits erkannt wurde, zeigen die Themenbereiche der veröffentlichten und in diese Übersicht einbezogenen Publikationen. Eine ganze Anzahl von Artikeln beschäftigt sich mit möglichen Belastungsprotokollen im teilbezahnten Kiefer. 

So konnten in RCT [Abi-Aad, et al., 2018, Daher, et al., 2019, Göthberg, et al., 2016] und Übersichtsarbeiten [Del Fabbro, et al., 2019] kurz und langfristig keine signifikanten Unterschiede zwischen einem Sofort- und konventionellen Belastungsprotokoll in Bezug auf die Erfolgs- und Überlebensraten der Implantate und der Prothetik sowie geringgradige und vergleichbare periimplantäre Knochenverluste beobachtet werden.

Bei der Sofortbelastung von Mini-Implantaten für die Stabilisierung herausnehmbaren Zahnersatzes waren keine signifikanten Unterschiede in den Überlebensraten und darüber hinaus signifikant geringere periimplantäre Knochenverluste als bei Standardimplantaten zu beobachten [Threeburuth, et al., 2018]. Die Sofortbelastung von strategisch gesetzten Mini-Implantaten unter bereits vorhandenem herausnehmbaren Zahnersatz führte zu signifikant höheren Zufriedenheitswerten [Al Jaghsi, et al., 2021] und zu einer schnelleren Verbesserung der Kauleistung bei den Patienten [Mundt, et al., 2020]. Beim Einsatz von kurzen Implantaten (6,0 oder ≤ 8,0 mm) wurden in der Mehrzahl der Publikationen hohe Überlebensraten ermittelt, die sich nicht von Standardimplantaten unterschieden [Dias, et al., 2019, Enkling, et al., 2021, Merli, et al., 2018, Starch-Jensen und Nielsen, 2018].

Die Versorgung eines kurzen Implantats mit einem Anhänger zum Lückenschluss bei zwei nebeneinander fehlenden Zähnen führte bezüglich klinischer und röntgenologischer Parameter zu vergleichbaren Ergebnissen wie die Versorgung derselben Situation mithilfe zweier verblockter Implantate. Diese Versorgungsform wurde dabei wegen der früh beobachte- ten Implantatverluste infolge einer Überlastungssituation von den Autoren aber eher kritisch betrachtet [Thoma, et al., 2021]. Bei Standardimplantaten hatte ein Freiendglied ebenfalls keinen signifikanten negativen Einfluss auf prothetische Überlebensraten und krestale Knochenverluste [Putra Wigianto, et al., 2021, Taha, et al., 2020].

Die Einbeziehung natürlicher Zähne in einen implantatgetragenen Zahnersatz kommt bei teilbezahnten Patienten häufig als Therapieoption infrage. Erkenntnisse aus Kohortenstudien konnten zeigen, dass sich die Einbeziehung natürlicher Zähne in die Restauration positiv auf die Prognose des Implantats und das Überleben der Restzähne auswirken kann [Fobbe, et al., 2019]. Autoren zweier systematischer Reviews äußern sich aufgrund der hohen Überlebensraten und Erfolgsquoten ähnlich positiv zum Einsatz dieser Versorgungsform [La Monaca, et al., 2021, Lian, et al., 2018], auch wenn die Studiengruppe um La Monaca et al. rein implantatgetragenen Zahnersatz nach wie vor als Standardversorgung favorisierte.

Gleichzeitig wurden in einer weiteren systematischen Übersichtsarbeit zwar ebenfalls ähnlich gute implantatprothetische Erfolgsraten bei rein zahngestützten und zahn-/implantatgetragenen Restaurationen ermittelt, bei letzterer Versorgungsart jedoch traten offensichtlich häufiger prothetische Komplikationen wie Gerüstfrakturen oder/und Schraubenklockerungen auf, die jedoch nicht statistisch signifikant waren [Alsabeeha und Atieh, 2020].

In einer ganzen Anzahl Kohortenstudien und in einer systematischen Übersichtsarbeit wurde als weitere mögliche Komplikation von dem Verlust des Approximalkontakts zwischen implantatgetragenem festsitzendem Zahnersatz und den natürlichen Nachbarzähnen berichtet. Dieser war bei implantatgestütztem Ersatz fast doppelt so häufig zu beobachten als bei rein zahngestützter Prothetik.

Er scheint im Mittel um 9,0 % pro Jahr zuzunehmen [Oh, et al., 2020] und bei mesialen Kontaktpunkten häufiger aufzutreten als bei distalen Kontaktbeziehungen [Saber, et al., 2020, Yen, et al., 2022]. In diesen Publikationen waren hohe Schwankungen in der Prävalenz der approximalen Kontaktverluste erkennbar, die auf Implantatebene zwischen 8,8 % [Yen, et al., 2022] und 54,2 % [Latimer, et al., 2021] lagen. In letzterer Quer-schnituntersuchung konnte zudem eine signifikante Assoziation zwischen einem fehlenden Approximalkontakt und einem gesteigerten Periimplantitisrisiko beobachtet werden. Die Art der Befestigung war ebenfalls Untersuchungsparameter mehrerer Publikationen. Bei Kugelkopfattachments war die Patientenpräferenz wegen der besseren retentiven Eigenschaften höher als bei kuppelförmigen Abutments [Enkling, et al., 2021].

Allerdings wurden in einem systematischen Review bei Kugelkopfankern signifikant höhere periimplantäre Knochenverluste und die meisten prothetischen Komplikationen in Form von Matrizenlockerungen, Retentionsverlusten und Prothesenbrüchen beobachtet [Zhang, et al., 2021]. Die Verschraubung der Suprastruktur auf Abutments führte im Vergleich zur direkten Verbindung der Prothetik auf den Implantaten ein Jahr nach Versorgung zu signifikant besseren Ergebnissen in Bezug auf den Knochenerhalt und Weichgewebsparameter [Toia, et al., 2019].

Diese Unterschiede konnten jedoch nach einem dreijährigen Follow up nicht mehr beobachtet werden [Toia, et al., 2022]. Der Einsatz von CAD/CAM bei der Versorgung teilbezahnter Patienten wurde in einer systematischen Übersichtsarbeit als vorteilhaft für die Genauigkeit der teilprothetischen Versorgung bewertet [Putra, et al., 2022], während in einem weiteren Review keine Genauigkeitsunterschiede zwischen der Versorgung mittels CAD/CAM oder konventioneller Verfahren angegeben wurden [Siqueira, et al., 2020].

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).