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Effektive Prophylaxe

Primäre Ziele prophylaktischer Maßnahmen (Prophylaxe) im Bereich der Mundhöhle zielen auf die Gesunderhaltung der Weich-und Hartgewebe sowie der Zähne bzw. Implantate ab. Diese können sowohl im Sinne einer Primärprophylaxe, d. h. vor Eintritt eines pathologischen Geschehens angeboten werden, aber auch als sekundär- bzw. tertiärprophylaktische Maßnahmen erfolgen, um Risikofaktoren für orale Erkrankungen zu verringern oder zu vermeiden. Eine unzureichende Plaqueentfernung gilt als einer der hauptsächlichen lokalen Risikofaktoren für die Entstehung von parodontalen oder periimplantären Erkrankungen. In der vorliegenden Literaturübersicht steht die Prävention von periimplantären Erkrankungen auf lokaler Ebene im Fokus.

Eine Übersicht zu systemischen Risikofaktoren findet sich in k&s pip 3/2020 und zu pharmakologisch bedingten Risiken in pip 4/2019 (Antikoagulantien) und pip 5/2018 (Antiresorptiva). Faktoren, welche die Entstehung periimplantärer Erkrankungen fördern, wurden bereits in pip 3/2019 im Zusammenhang mit der Ätiologie, Diagnostik und Prävalenz der Periimplantitis vorgestellt. In der aktuellen Literaturauswahl wird der Fokus gezielt auf lokale Faktoren gelegt, welche präventiv wirksam werden können und sich auf dieErfolgs- und Überlebensraten von Dentalimplantaten auswirken (Prophylaxe). So sind unterstützende Nachsorgemaßnahen ein Weg, wirksam zur Periimplantitisprophylaxe beizutragen. Eine retrospektive Kohortenstudie ergab signifikant geringere Sondierungstiefen, krestale Knochenverluste und Mukositis-/Periimplantitisraten über einen Zeitraum von sieben Jahren, sofern regelmäßige Nachsorgemaßnahmen in Form von diagnostischen Maßnahmen, Mundhygieneinstruktionen und Professionellen Zahnreinigungen (PZR) durchgeführt wurden [Frisch, et al., 2020]. Die regelmäßige Erhaltungstherapie nach implantatprothetischer Versorgung führt dabei nicht nur zu einer Gesunderhaltung periimplantärer Gewebe [Hu, et al., 2020, Jepsen, et al., 2015, Kelekis-Cholakis und Rothney, 2019, Ramanauskaite und Tervonen, 2016, Salvi und Zitzmann, 2014], sondern letztendlich auch zu einer Verbesserung der Implantatüberlebensraten [Lin, et al., 2019, Ramanauskaite und Tervonen, 2016, Salvi und Zitzmann, 2014].

Regelmäßige Recalltermine erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Früherkennung periimplantärer Erkrankungen im Stadium der Mukositis und die Einleitung entsprechender prophylaktischer Maßnahmen zur Verhinderung des Krankheitsfortschritts in Richtung Periimplantitis [Jepsen, et al., 2015, Salvi und Zitzmann, 2014]. Dabei ist der Parameter „Blutung bei Sondierung“ das entscheidende Kriterium für die Unterscheidung eines erkrankten von einem gesunden periimplantären Umfeld [Jepsen, et al., 2015]. Die Frage nach dem optimalen zeitlichen Turnus, in welchem die Prophylaxemaßnahmen erfolgen sollen, kann derzeit nicht eindeutig beantwortet werden. In einer Kohortenstudie konnte kein Einfluss der zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Nachsorgeterminen auf die Entstehung bzw. Begünstigung von periimplantären Erkrankungen beobachtet werden [de Araújo Nobre, et al., 2019]. Im Rahmen von retrospektiven Analysen kamen die Autoren zum Schluss, dass eine Mindesthäufigkeit von einer Nachsorgemaßnahme im Jahr zu einer positiven Beeinflussung der Implantatüberlebensrate beiträgt [Gay, et al., 2016].

Ein weiterer wichtiger Untersuchungsgegenstand ist die Art der Erhaltungstherapie sowie der Einfluss einer zusätzlichen Gabe von Chemotherapeutika. Bei der Anwendung von Airflow im Vergleich zum Debridement mittels Titanküretten waren in einer RCT keine Unterschiede im Blutungsindex zu beobachten [Al Ghazal, et al., 2017]. Auch der Einsatz von Chitosanbürsten führte im Vergleich zur Reinigung mittels Titanküretten nicht zu einem signifikanten Unterschied in Bezug auf klinische Parameter wie Blutungs-, Plaque-und Gingivaindex sowie Sondierungstiefen [Salles, et al., 2020]. Ebenso verhielt es sich beim klinischen Vergleich des Einsatzes von Titanküretten, Pulverstrahl, Ultraschall oder einer Gummikelchpolitur [Schmidt, et al., 2019]. Die Autoren eines systematischen Reviews kommen zum Schluss, dass derzeit keine eindeutige Evidenz dazu vorliegt, welche Erhaltungsmaßnahmen zu einer wirkungsvollen Prophylaxe beitragen können [Bidra, et al., 2016]. Dass jedoch Erhaltungsmaßnahmen im Sinne einer mechanischen Plaqueentfernung grundsätzlich dazu geeignet sind, zur Gesunderhaltung periimplantärer Gewebe beizutragen und die Lebensdauer von Implantaten zu verlängern, wird auf Grundlage der aktuellen Evidenz bestätigt. Auch bei Patienten nach erfolgter Periimplantitis-Therapie kann eine effektive Nachsorge zu stabilen periimplantären Verhältnissen führen, wie mehrere Publikationen zeigen konnten [Graetz, et al., 2018, Heitz-Mayfield, et al., 2018, Roccuzzo, et al., 2018, Serino, et al., 2015].

Eine zusätzliche Gabe von Chlorhexidinpräparaten (CHX) zur mechanischen Reinigung führte in einer RCT [Ziebolz, et al., 2017] nicht zu einem Zusatznutzen in Bezug auf die klinischen Parameter, während die Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit auf die hohe Effektivität des CHX (neben Thymol) in Bezug auf die Plaquereduktion hinwiesen [de Sousa, et al., 2020]. Häusliche Mundhygienemaßnahmen tragen offensichtlich entscheidend zur erfolgreichen Periimplantitis-Prophylaxe bei. Dabei konnte in einem Systematischen Review kein Unterschied in Bezug auf die Effektivität von Hand- gegenüber elektrischen Zahnbürsten ermittelt werden [Louropoulou, et al., 2014]. Ein unzureichend hygienefähig gestalteter Zahnersatz stellt dabei eine entscheidende aber dennoch nicht unüberwindbare Hürde für eine effektive Mundhygiene dar [Pons, et al., 2020]. Häufiger Untersuchungsgegenstand ist die systemische Gabe von Antibiotika im Rahmen von Implantatbehandlungen. Die Ergebnisse reichen dabei von fehlenden präventiven Effekten auf postoperative periimplantäre Infektionsraten [Canullo, et al., 2020, Chen, et al., 2017] bis zu einer signifikanten Reduktion von Implantatverlustraten [Jain, et al., 2020, Kim, et al., 2020]. Eine eindeutige Empfehlung zum routinemäßigen Einsatz von Antibiotika besteht derzeit offensichtlich nicht [Romandini, et al., 2019, Singh Gill, et al., 2018]. Insbesondere die Motivation der Patienten sowie entsprechende, individuell zugeschnittene Risikoprogramme scheinen Schlüsselfaktoren für eine wirkungsvolle Langzeitprophylaxe zu sein [Mitschke, et al., 2020, Ramanauskaite und Tervonen, 2016, Yoon, et al., 2017].

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).