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Extraktionsalveole und Kammerhalt: Teil III – Weichgewebsaugmentation, Wachstumsfaktoren, Dentin

In der vorliegenden Literaturauswahl des dritten und letzten Teils dieser Reihe werden neben Maßnahmen zur Weichgewebsaugmentation auch Vorgehensweisen vorgestellt, die in Kombination mit biochemisch aktiven Mediatorsubstanzen durchgeführt werden. In einer ganzen Reihe tierexperimenteller Studien wurden u. a. Rekombinantes Humanes Knochenmorphogenetisches Protein 2 (rhBMP-2) in Kombination mit xenogenem Knochenersatz [Lee, et al., 2015], rhBMP-2 in Kombination mit einem OP3-4 Peptid [Arai, et al., 2016], Melatonin und Apigenin [Calvo-Guirado, et al., 2016], Epigallokatechin-3-Gallat (EGCG) plus xenogenem Knochenersatz [Hong, et al., 2015], Hyaluronsäure [Kim, et al., 2016] oder systemische Gabe von Parathyroidhormon (PTH) [Kuroshima, et al., 2013] eingesetzt. Bei Gabe von PTH unmittelbar nach Zahnextraktion in Kombination mit der Verwendung xenogenen Knochenersatzes konnte eine signifikant erhöhte Knochenneubildungsrate beobachtet werden. Hyaluronsäure führte infolge ihrer osteokonduktiven, bakteriostatischen und anti-inflammatorischen Eigenschaften zu einer beschleunigten Heilung artifiziell infizierter Extraktionsalveolen sowie zu einer erhöhten Knochenneubildungsrate.

Auch EGCG wurde zur Ridge Preservation nach Extraktion von Zähnen mit einer periapikalen Läsion eingesetzt, und auch hier konnte, allerdings in Kombination mit xenogenem Knochenersatz, eine erfolgreiche und beschleunigte Knochenregeneration in ehemals infizierten Extraktionsalveolen beobachtet werden. Das Hormon Melatonin reguliert den zirkadianen Schlaf- und Wachrhythmus, hat aber auch antioxidative und zellprotektive Eigenschaften. Apigenin besitzt antiknochenresorptive und antimikrobiell wirksame Eigenschaften. Beide Substanzen führten jede für sich als Zusatz in Kollagenschwämmen zu einer beschleunigten Knochenneubildung in frühen Heilphasen, wobei bei Melatonin signifikant höhere Knochenneubildungsraten beobachtet werden konnten. Knochenmorphogenetische Proteine induzieren die Knochenneubildung und die Knochenheilung und können auf diese Weise auch in kompromittierten Alveolen zu guten Ergebnissen bei Ridge Preservation führen, wenn sie in Kombination mit xenogenem Knochenersatz oder mit einer Membran angewendet werden [Lee, et al., 2015].

Der zusätzliche Einsatz von Peptiden kann die Wirkungsweise von rhBMP-2 verstärken [Arai, et al., 2016]. Plättchenreiches Plasma oder rhBMP-2 führten als Zusatz zu bovinem Knochenersatz zu einer Reduktion von Residualpartikeln des xenogenen Transplantats und zu seiner beschleunigten Umwandlung in vitalen Knochen [Geurs, et al., 2014]. Mit rhBMP-2 getränkte resorbierbare Kollagenschwämme führten in einer randomisiert kontrollierten klinischen Humanstudie (RCT) zu einem signifikant besseren Erhalt der bukkalen Knochenlamelle in kompromittierten Extraktionsalveolen, als die alleinige Applikation von Kollagenschwämmen [Coomes, et al., 2014]. In einer kontrollierten klinischen Humanstudie wurde stattdessen zur Ridge Preservation als Zusatz in Typ 1-Kollagenschwämmen Alendronat verwendet [De Sarkar, et al., 2015]. Alendronat gehört zu den Bisphosphonaten, die antiknochenresorptive Eigenschaften besitzen. Im Vergleich zum alleinigen Einsatz von Typ 1-Kollagen konnte Kollagen plus Alendronat zu einer signifikant reduzierten Resorption im Bereich von Extraktionsalveolen beitragen.Schwämme aus Polylaktid/Polyglykolid führten in einer weiteren kontrollierten Studie zu einer statistisch signifikant reduzierten horizontalen und vertikalen Dimensionsveränderung des Alveolarfortsatzes nach Zahnextraktion im Vergleich zu Extraktionsalveolen, die einer physiologischen Einheilung überlassen wurden. [Poulias, et al., 2013]. Eine Anzahl tierexperimenteller Studien [Al-Asfour, et al., 2013, Kadkhodazadeh, et al., 2015, Reis-Filho, et al., 2012] sowie klinischer Humanstudien [Kim, 2015, Kim, et al., 2014, Pang, et al., 2016] beschäftigte sich mit der Wirkung von partikuliertem Dentin auf die Vorgänge im Bereich des Alveolarfortsatzes nach Zahnextraktion. In einer RCT konnten gleich gute Ergebnisse bei der Heilung und Neubildung von Knochen sowie der Implantatstabilität beim Einsatz von bovinem Knochenersatz im Vergleich zu partikuliertem Dentin ermittelt werden [Pang, et al., 2016].

Grundsätzlich weisen Studienergebnisse darauf hin, dass partikuliertes Dentin aufgrund seiner physikalischen und biochemischen Eigenschaften kortikalem Knochen sehr ähnlich ist und daher eine sinnvolle und klinisch einsatzfähige Alternative zu Knochen und Knochenersatz sein kann (siehe auch pip 1/2017, S. 16-19). Membranen aus nicht resorbierbarem Polytetrafluoroethylen (PTFE) führen zu ähnlich guten Ergebnissen im Vergleich zu resorbierbaren Kollagenmembranen, bzw. zu resorbierbaren Kollagenmembranen und zu verschiedenen Kombinationen mit xenogenem Knochenersatz [Arbab, et al., 2016, Avila-Ortiz, et al., 2014]. Während die Bildung eines Mukoperiostallappens keinen Einfluss auf die histologischen und histomorphometrischen Ergebnisse einer Ridge Preservation mit xenogenem Knochenersatz hatte [Barone, et al., 2015], führte ein offenes chirurgisches Vorgehen im Vergleich zum geschlossenen Vorgehen zu einem schlechteren klinischen Outcome in Bezug auf das Ausmaß der Resorption des Alveolarfortsatzes und einer geringeren Breite an befestigter keratinisierter Gingiva nach Zahnextraktion [Barone, et al., 2014].

Ein minimalinvasives Vorgehen in Kombination mit Plättchenreichem Fibrin (PRF) ergab ebenfalls einen besseren Knochenerhalt nach Zahnextraktion im Vergleich zur Kombination eines offenen chirurgischen Vorgehens mit PRF [Hauser, et al., 2013]. Der alleinige Zusatz von PRF führte in einer anderen RCT im Vergleich zur physiologischen Wundheilung ohne eine weitere Intervention zu keinem besseren Erhalt des Alveolarfortsatzvolumens, bzw. keiner erhöhten Knochenneubildungsrate [Suttapreyasri und Leepong, 2013]. Im Gegensatz dazu konnte in einer weiteren RCT ein positiver Einfluss von L-PRF auf den vertikalen und horizontalen Erhalt des Alveolarfortsatzes beobachtet werden [Temmerman, et al., 2016]. Diese Beobachtung wird durch die Ergebnisse eines systematischen Reviews gestützt [Castro, et al., 2016]. In einem weiteren Review konnte hingegen kein Zusatznutzen bei einer Ridge Preservation ermittelt werden [Moraschini und Barboza, 2015]. Der Einsatz von Barrieremembranen kann zu einer Verbesserung der Wundheilung in Extraktionsalveolen beitragen, wie die Ergebnisse einer Metaanalyse zeigen konnten [Vittorini Orgeas, et al., 2013]. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die in der dreiteiligen Reihe vorgestellten Maßnahmen zur Ridge Preservation mehrheitlich zu einem erfolgreichen Erhalt der Dimensionsstabilität des Alveolarfortsatzes nach Zahnextraktion beitragen. Eine eindeutige Überlegenheit eines Biomaterials oder eines chirurgischen Vorgehens sind aufgrund fehlender Langzeitergebnisse nicht erkennbar [Vignoletti, et al., 2012].

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