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Kurze Implantate

Das Ziel der aktuellen Studienauswahl war ein Update der Erkenntnisse zu kurzen Implantaten (KI) aus dem Beitrag pip kurz & schmerzlos der Ausgabe 2/2016. Folgende Kernaussagen konnten zum damaligen Zeitpunkt anhand der ausgewählten Literatur getroffen werden.

  1. Außer dem Konsens verschiedener Fachgesellschaften liegt weder in der Definition noch der Nomenklatur eine Standardisierung der Längendimensionierung von KI vor.
  2. In Bezug auf Überlebens-, Erfolgs- und (biologischen sowie technischen) Komplikationsraten bei Versorgung mit KI oder Standardimplantaten (SI) und gleichzeitiger Augmentation sind die Aussagen in der Literatur widersprüchlich.
  3. Der Einfluss der Implantatlänge auf krestale Knochenverluste ist weitestgehend unklar, obwohl in einem Teil der Studien bei KI im Vergleich zu SI ein signifikant geringerer krestaler Knochenverlust beobachtet werden konnte.
  4. Der Einfluss des Implantatdurchmessers von KI auf periimplantäre Knochenverluste ist ungeklärt.
  5. Im Oberkiefer gehen signifikant mehr KI verloren als im Unterkiefer.
  6. Aussagen zum Einfluss des Knochen-Implantatverhältnisses (C/I-Ratio) auf den periimplantären Knochenverlust sind widersprüchlich.

Zu 1) Eine einheitliche Nomenklatur sowie eine allgemeingültige Definition bzw. ein wissenschaftlicher Konsens zur Länge von Implantaten liegen derzeit weiterhin nicht vor. Die untere Längengrenze von KI beträgt 4,0 mm, die obere liegt bei 9,0 mm (siehe Abb.). KI werden in den meisten Publikationen als „short“ bezeichnet. Aber auch der Begriff „extra-short“ wird für KI verwendet, die in anderen Studien als „short“ bezeichnet werden (u. a. von der gleichen Studiengruppe).

Zu 2) Die Mehrzahl der Studien kommt zum Schluss, dass es in Bezug auf die Überlebensraten keine signifikanten Unterschiede zwischen KI und SI gibt [Afrashtehfar, et al., 2020, Al-Johany, 2019, Al-Sawaf, et al., 2020, Carosi, et al., 2021, Chen, et al., 2019, Guljé, et al., 2021, Iezzi, et al., 2020, Lozano-Carrascal, et al., 2020, Rameh, et al., 2020, Thoma, et al., 2018], während zwei aktuelle Metaanalysen eine schlechte Langzeitprognose in Bezug auf Überlebensraten bei KI angeben [Xu, et al., 2020a, Xu, et al., 2020b]. Bei KI konnten in einigen Studien signifikant niedrigere allgemeine Komplikationsraten ermittelt werden [Al-Moraissi, et al., 2019, Altaib, et al., 2019, Bolle, et al., 2018, Terheyden, et al., 2021], während in einer ganzen Anzahl anderer Untersuchungen keine Unterschiede festzustellen waren [Bitaraf, et al., 2019, Chen, et al., 2019, Lozano-Carrascal, et al., 2020, Shi, et al., 2021]. Wurden technische und biologische Komplikationen gesondert betrachtet, fiel auf, dass in der Mehrzahl der Studien bei KI weniger biologische und bei SI mehr technische Komplikationen beobachtet werden konnten [Rameh, et al., 2020, Ravidà, et al., 2019c, Ravidà, et al., 2019d, Vetromilla, et al., 2020].

Zu 3) Die aktuelle Literaturauswahl lässt keine eindeutige Aussage zu einer Assoziation zwischen KI und krestalen Knochenverlusten zu. Teilweise waren geringere [Felice, et al., 2018, Gastaldi, et al., 2018], teilweise höhere periimplantäre Knochenverluste bei KI zu beobachten [Thoma, et al., 2018] oder es waren keine signifikanten Unterschiede erkennbar [Guljé, et al., 2019, Nielsen, et al., 2019, Shi, et al., 2021, Weerapong, et al., 2019].

Zu 4) Auch in Bezug auf den Implantatdurchmesser ist keine klare Aussage zu einem möglichen protektiven Effekt auf krestale Knochenverluste möglich. Während in einer RCT ein (nicht signifikanter) protektiver Effekt erkennbar war [Shi, et al., 2019], konnte in zwei systematischen Reviews kein positiver Einfl uss eines großen Durchmessers ermittelt werden [Pommer, et al., 2018, Torres-Alemany, et al., 2020].

Zu 5) Im Rahmen einer Meta-Regressionsanalyse und einem systematischen Review wurden signifikante Assoziationen zwischen KI und einer reduzierten Überlebensrate im Oberkiefer beobachtet, während die Implantatlänge im Unterkiefer keinen signifikanten Einfluss zeigte [Pommer, et al., 2018, Ravidà, et al., 2019b].

Zu 6) Ein Einfluss der C/I-Ratio auf krestale Knochenverluste war mehrheitlich auch bei einer Ratio > 2 nicht erkennbar [Naenni, et al., 2018, Padhye, et al., 2020, Pellizzer, et al., 2020, Rameh, et al., 2020, Ravidà, et al., 2019a, Torres-Alemany, et al., 2020]. Bei Betrachtung des Einflusses der C/I-Ratio auf das Überleben von KI konnte mehrheitlich ebenfalls kein signifikanter Einfluss ermittelt werden [Nedir, et al., 2019, Padhye, et al., 2020, Pellizzer, et al., 2020, Ravidà, et al., 2019a, Torres-Alemany, et al., 2020]. Grundsätzlich ist anhand der aktuellen Literaturauswahl ein positiver Trend in Bezug auf klinische und röntgenologische Parameter, Überlebens- sowie Komplikationsraten bei KI erkennbar. Sie stellen eine gute Alternative zur implantatprothetischen Versorgung des atrophierten Seitenzahnbereichs dar. Da auf eine Augmentation des Knochens verzichtet werden kann, sind sie einerseits kostengünstiger und andererseits weniger belastend für den Patienten, da die OP-Dauer und die Nachbehandlung verkürzt sind [Bolle, et al., 2018, Ravidà, et al., 2019c, Ravidà, et al., 2019d, Shi, et al., 2021, Vetromilla, et al., 2020, Yan, et al., 2019]. Dennoch sollte die Versorgung mit KI aufgrund der noch unklaren Langzeitprognose stets indikationsgerecht erfolgen.

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).