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PRÄZISION DER ABFORMUNG MIT IOS

Bereits in Ausgabe pip 6/2017 wurde die Abformung mittels Intraoralscan (IOS) als Bestandteil des digitalen Workflows in der Implantatprothetik thematisiert. Die Begriffe Genauigkeit (accuracy) und Präzision (precision) spielen bei der Beurteilung der Übertragungsqualität virtueller Planungsdaten auf die klinische Situation eine entscheidende Rolle.

Die Genauigkeit beschreibt die Abweichung der intraoralen klinischen Situation von der virtuellen Darstellung nach IOS. Die Präzision hingegen beschreibt die Reproduzierbarkeit eines Verfahrens. Sie ist neben der Richtigkeit in Bestandteil der Genauigkeit und beschreibt die zufällige Abweichung (Streuung) von voneinander unabhängigen Ergebnissen/Ereignissen.

In den letzten vier Jahren wurde eine sehr große Anzahl an Studien – insbesondere In vitro-Studien – publiziert, was dazu führte, dass nur die neuesten Veröffentlichungen in der entsprechenden Studiensparte in die vorliegende Literaturauswahl einbezogen werden konnten. Es handelt sich in erster Linie um vergleichende Untersuchungen zwischen IOS verschiedener Hersteller und konventionellen Abformungen, Extraoralscannern und verschiedenen Intraoralscannern und deren Performance.

IOS mit unterschiedlichen Scannertypen führen bei der Abformung des teilbezahnten Kiefers zu unterschiedlichen Ergebnissen. So wurde die Genauigkeit bei bestimmten Scanner beispielsweise durch die intraorale Scanreihenfolge beeinflusst [Diker und Tak, 2021]. Die Genauigkeit der IOS scheint zudem von der jeweiligen Lage der fehlenden Zähne in der Zahnreihe abhängig zu sein [Kontis, et al., 2022]. Zusätzliche Referenzobjekte bei IOS teilbezahnter Patienten schienen in Abhängigkeit des jeweiligen Scanners mehr oder weniger Einfluss auf die Genauigkeit des Scans zu haben [Rutkunas, et al., 2021]. In Bezug auf den Zusammenhang der Anwendererfahrung beim Scan des teilbezahnten und zahnlosen Kiefers waren die Ergebnisse nicht einheitlich. Im zahnlosen Modell führten die Scans unerfahrener Anwender offensichtlich zu einer größeren Richtigkeit im Unterkiefer und zu einer höheren Präzision im Oberkiefer im Vergleich zu erfahrenen Bedienern [Schimmel, et al., 2021]. In einer weiteren In vitro-Untersuchung waren bei der Implantatabformung mittels IOS ohne Scankörper auf Ebene der Implantatplattform die Scans unerfahrener Anwender ungenauer [Revell, et al., 2021].

In einer anderen Laborstudie wurde ermittelt, dass IOS-Abformungen auf Abutmentniveau grundsätzlich genauere Ergebnisse lieferten als Scans auf Implantatniveau [D’Haese, et al., 2022]. Bei IOS mittels Scankörpern wurden in der gleichen Untersuchung wiederum keine signifikanten Unterschiede zwischen erfahrenen und unerfahrenen Bedienern beobachtet. Allerdings schienen sich bestimmte Scannertypen her für erfahrene Anwender zu eignen, wie die Ergebnisse dieser Studie ebenfalls zeigen konnten. Eine andere In vitro-Studie zeigte schließlich keinerlei Unterschiede bei Einzelimplantatabformungen im teilbezahnten Kiefer in Abhängigkeit von der jeweiligen Anwendererfahrung [Yilmaz, et al., 2021].

Verschiedene Autoren systematischer Reviews wiederum gaben an, dass die Anwendererfahrung, neben Faktoren wie dem Implantatabstand, der Insertionstiefe, der Angulation und der Scankörpereigenschaften, die Genauigkeit der Implantatabformung signifikant beeinflussen können [García-Gil, et al., 2020, Marques, et al., 2021, Wulfman, et al., 2020, Zhang, et al., 2021].

Unterschiedliche Scannertypen führten offensichtlich zu unterschiedlich genauen Ergebnissen in Bezug auf Abstands- und Winkelabweichungen in Abhängigkeit vom Implantatabstand im zahnlosen Unterkiefer [Cakmak, et al., 2021, Carneiro Pereira, et al., 2021a]. Bei geneigt eingesetzten Implantaten im zahnlosen Kiefer schien sich die Richtung der Angulation auf die Richtigkeit von IOS auszuwirken [Lee, et al., 2021]. In der gleichen Untersuchung konnte zudem ermittelt werden, dass bei Verwendung von Scankörpern aus Titan eine höhere Richtigkeit zu erwarten war als bei PEEK-Scankörpern.

Bei Mehrfachverwendung von PEEK-Scankörpern (und dem damit verbundenen Oberflächenabrieb) wurde die Genauigkeit von IOS – insbesondere bei angulierten Implantaten – zusätzlich negativ beeinflusst [Arcuri, et al., 2022]. In einem systematischen Review wurden bei einer Implantatangulation > 15 Grad beim Einsatz von IOS ungenauere Ergebnisse beobachtet als bei konventionellen Abformungen [Carneiro Pereira, et al., 2021b].

Im teilbezahnten Kiefer wurden bei IOS im Vergleich zu konventionellen Abformmethoden signifikant schlechtere Genauigkeitswerte ermittelt [Papaspyridakos, et al., 2020]. In mehreren In vitro-Untersuchungen wurden hingegen bei IOS bessere Ergebnisse in Bezug auf die Genauigkeit gemessen als bei konventionellen Abformungen [Abduo und Palamara, 2021, Farhan, et al., 2021].

Die Autoren einer systematischen Übersichtsarbeit sahen, trotz der aus ihrer Sicht eingeschränkten Evidenz, den Einsatz von IOS bei der Abformung von ein bis zwei Implantaten als eine praktikable Alternative zu konventionellen Abformmethoden an [García-Gil, et al., 2020]. Aber auch hier zeigte sich, dass die Studienergebnisse vom jeweiligen Scannertyp abhängig waren [García-Gil, et al., 2020, Kontis, et al., 2021, Li, et al., 2021]. Unterschiedlich genaue Ergebnisse lieferten verschiedene IOS auch in Bezug auf die Größe des Scanfeldes. So eignen sich bestimmte Scannertypen besser für Sextanten- und/oder Quadrantenscans [Alzahrani, et al., 2021]. Intraoralscanner führten beim Scan von Quadranten zu gleich guten Ergebnissen wie Extraoralscanner, waren aber beim Scan des gesamten Kiefers hinsichtlich der Genauigkeit gegenüber Extraoralscans unterlegen [Lee, et al., 2020]. Beim Vergleich der Genauigkeit von CAD/CAM-gefertigten Bohrschablonen nach Intra- oder Extraoralscan wurden in einer CT demgegenüber keine signifikanten Unterschiede in der mittleren Abweichung der geplanten und tatsächlichen Implantatposition beobachtet [Kiatkroekkrai, et al., 2020].

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass in den letzten vier Jahren sehr große Fortschritte in Bezug auf die Abformgenauigkeit der IOS-Technologie beobachtet werden können. Noch immer aber sind die Variablen, welche die Scanqualität beeinflussen können, nicht gänzlich geklärt [Zhang, et al., 2021] und noch immer scheint der Einsatz von IOS mit einem erhöhten klinischen Aufwand verbunden zu sein [Paratelli, et al., 2021, Yilmaz, et al., 2021].

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).