Als das Camlog-Implantat in der klinischen Praxis eingeführt wurde, ließ ein Umstand bereits aufmerken: Erstmalig stellte ein chirurgisch-prothetisch-zahntechnisches Team ein neues Implantatsystem vor. Zwei Anwender berichten, warum das kein Zufall war und wie weit Camlog damals seiner Zeit voraus war.
Interview mit Dr. med. dent. Jan Klenke (Parodontologe und Implantologe) und Prof. Dr. med. dent. Michael Stimmelmayr (Oralchirurg, Parodontologe)
Wie sah die implantatchirurgische und implantatprothetische Praxis kurz vor der Jahrtausendwende aus?
Michael Stimmelmayr: Ich persönlich habe zu dieser Zeit mit parallelwandigen Implantaten gearbeitet, die natürlich etwas schwieriger zu inserieren waren und weniger Primärstabilität aufwiesen. Gerade bei Bone-spreading/-splitting Techniken und/oder Sofortimplantationen war es deutlich schwieriger, die Implantate in den präparierten Bohrstollen einzubringen. Prothetisch habe ich mit einer Außenhex-Verbindung gearbeitet. Aufgrund der instabilen Verbindung mit deutlich größerer Rotationsfreiheit musste bei der prothetischen Versorgung, vor allem bei verblockten Rekonstruktionen, grundsätzlich eine Gerüstverblockung im Mund nach Einsetzen der Abutments erfolgen. Dies war natürlich ein deutlicher Mehraufwand für Prothetiker und Zahntechniker, jedoch die einzige Möglichkeit einen ‚passive fit‘ der Suprarekonstruktion zu erreichen.
Jan Klenke: Wenn man diese 25 Jahre zurückblickt, muss man schon sagen, dass die Implantologie zur Jahrtausendwende wenig prothetisch orientiert war. Der Fokus lag doch eher auf der Chirurgie. Es gab beispielsweise keine individuellen prothetischen Aufbauteile, geschweige denn Guidelines oder einen wissenschaftlichen Konsens zur Prothetik, auf dem man sich in der implantologischen Behandlung verlassen konnte.
Was machte Sie persönlich neugierig auf das neue System?
Michael Stimmelmayr: Camlog hatte mich damals zusammen mit Dr. Claudio Cacaci als Referent eingesetzt, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Camlog-Implantate inserierte und dies auch klar kommuniziert hatte. Ein Überweiser hat mich dann 2006 dazu ‚gezwungen‘ ein Camlog-Implantat – damals noch als Schraubenzylinder – in regio 22 zu setzen. So kam der Wechsel quasi durch Zufall zustande. Im Laufe der Jahre konnte ich dann die Vorzüge des Systems kennen und lieben lernen.
Jan Klenke: Damals war ich noch am Anfang meiner implantologischen Karriere, erst seit ein paar Jahren niedergelassen und habe meine Patienten im Schwerpunkt prothetisch versorgt. Im Endeffekt startete ich gemeinsam mit dem Camlog-Implantat meine chirurgisch-implantologische Laufbahn. Alleine das verbindet uns schon. Und dann kamen auch relativ schnell die persönlichen Empfehlungen aus dem Kollegenkreis – insbesondere aus der Gemeinschaftspraxis von Dr. Karl-Ludwig Ackermann und Dr. Axel Kirsch. Das macht einen natürlich neugierig, wenn solche Experten einem ein Implantat nahebringen. Das Schöne am Camlog-Implantatsystem war damals bereits, dass es für mich als Einsteiger sehr einfach im Handling war, denn das Zylinderimplantat wurde ja in den Knochen geklopft, nicht geschraubt.
Man bezeichnet Camlog gern als ‚das erste prothetisch orientierte Implantatsystem‘ – was bedeutet das genau, auch im Unterschied zu den damals bestehenden Systemen?
Michael Stimmelmayr: Die stabile Innenverbindung mit einer sehr geringen Rotationsfreiheit der prothetischen Systemteile, wie beispielsweise der Abformpfosten oder Abutments, durch die Nut-Nocken-Verbindung war gemäß Semper et al neu und einzigartig. Dadurch sind die Übertragungsfehler zwischen Mundsituation und Labor/Modell deutlich geringer und somit die Passgenauigkeit der Rekonstruktionen besser. Vor allem bei verblockten Arbeiten – und damals wurde noch mehr verblockt als heute – waren spannungsfreiere Versorgungen möglich. Zudem wurde die Wichtigkeit des passiv fit sehr früh erkannt und Klebebasen für Stegkonstruktionen zum passiven Einkleben in die gegossenen Stege angeboten. Außerdem ist es bis heute möglich, die verschraubten Abformpfosten aufgrund ihrer Konstruktionsform für eine verschraubt-verblockte Abformung zu verblocken. Denn der Abformpfosten reicht nur 0,4 mm in das Implantatinterface und die Innenkonfiguration ist über die Schraube gesichert.
Diese Verblockung von Abformpfosten führt bei verblockten Arbeiten zu signifikant exakteren Passungen der Suprarekonstruktionen. Nachzulesen ist das unter anderem bei Lee et al. und Stimmelmayr et al.
Das Nuten-Nocken-Design wurde vom Hersteller sogar im Firmenlogo aufgegriffen. Hat das klinische Relevanz oder war das ein Gag?
Michael Stimmelmayr: Die Tube-in-Tube-Verbindung war kein Werbegag, sondern erhöht wissenschaftlich nachgewiesen von Graf, et al. die Stabilität des Implantat-Abutment-Komplexes. Eine Außenhex-Verbindung, mit der ich zu damaliger Zeit gearbeitet habe, führt häufiger zu Abutment- und Schraubenlockerungen, da die auf die Suprarekonstruktion wirkenden Kräfte nur über die Abutmentschraube abgefangen werden. Auch wenn heute in manchen Indikationen zum Beispiel bei okklusal verschraubten Brücken mit dem Camlog-System tubeless gearbeitet werden kann, versuche ich, wann immer möglich, zumindest ein Abutment mit Tube einzusetzen, um die Stabilität der Versorgung zu erhöhen.
Jan Klenke: Für mich als Prothetiker war das kein Werbegag, sondern ein echter Gamechanger. Meiner Meinung nach war die Tube-in-Tube-Verbindung die erste sichere Implantat-Abutment-Verbindung. Ihr Vorteil war außerdem das viel einfachere Einbringen von Abform- und Prothetikkomponeneten. Und damit bietet Camlog dem Behandler deutlich effizientere, sicherere und einfachere prothetische Versorgungmöglichkeiten. Das war bereits zu Beginn ein großer Unterschied zu anderen Implantatsystemen.
Was vor 25 Jahren revolutionär und bahnbrechend war, muss nicht zwingend den Patientenansprüchen und der Klinik von heute genügen – sind Sie immer noch Anwender?
Michael Stimmelmayr: Natürlich bin ich heute noch Anwender und genieße die Vorzüge des Systems. Camlog hat sich ja glücklicherweise nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Das System wurde in den vergangenen 25 Jahren ständig weiterentwickelt und den heutigen Anforderungen angepasst. Somit haben wir heute ein altbewährtes, erprobtes und funktionierendes System vereint mit neuen Technologien – was will man als Implantologe mehr?
Jan Klenke: Camlog ist in meiner Hamburger Praxis auch heute immer noch unser Hauptsystem für die implantologische Versorgung der Patienten. Denn grundsätzlich bietet die Tube-in-Tube- Verbindung mit den nur drei möglichen Positionen des Abutments eine effiziente und sichere Implantat-Abutment- Verbindung. Das Camlog-Implantatsystem hat sich zudem massiv weiterentwickelt. Man braucht sich nur die Außengeometrie, die Implantatoberfläche oder die prothetischen Komponenten anzuschauen. Damit können wir auf die ganz individuellen Indikationen bei den Patienten reagieren. Ein weiteres Plus sind die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Versorgung. Für mich als Behandler zeigt das, dass Camlog mit der Zeit geht und beständig sein System verbessert. Und ebenfalls nicht zu unterschätzen ist, dass die Forschung durch Camlog umfangreich unterstützt wird. Das Implantatsystem ist wissenschaftlich bestens untersucht und bietet eine breite klinische und wissenschaftliche Evidenz.
Werden Sie denn auch vor Ort sein beim großen Camlog-Jubiläumskongress vom 13. bis 14. September in Metzingen?
Michael Stimmelmayr: Selbstverständlich! Ich werde direkt am ersten Kongresstag einen Vortrag zum Thema ‚Ästhetische 3D-Rekonstruktion mit Hart- und Weichgewebetechniken‘ halten und freue mich sehr auf diese außergewöhnliche Veranstaltung. Das Programm verspricht zwei äußerst spannende Tage. Auch das Feiern des Camlog-Jubiläums mit gemeinsamen Kollegen und Wegbegleitern wird sicherlich nicht zu kurz kommen.
Jan Klenke: Den Camlog-Kongress zum 25. Jubiläum kann ich mir natürlich auch nicht entgehen lassen. Wenn Sie einen Blick in das Programm werfen, werden Sie dort auch meinen Vortrag finden. Darin beschäftige ich mich mit der Frage ‚Klinischer Einsatz von Biomaterialien zur Gewebeaugmentation – ein Benefit in der Implantattherapie?‘. Ich bin zudem auf den Veranstaltungsort, die Motorwelt Metzingen, gespannt und freue mich auf ein Wiedersehen mit vielen Kollegen und Freunden.
Meine Herren, vielen Dank für das interessante Gespräch und Ihre Zeit.