Die 2016 in Deutschland von Dr. Dirk Duddeck gegründete CleanImplant Foundation hat schnell ein globales Standing entwickelt und Unterstützer und Botschafter aus der ganzen Welt gewonnen. Was hat einen der weltweit renommiertesten Oralchirurgen aus London dazu bewogen, sich als Mitglied im Scientific Advisory Board der Initiative anzuschließen?
Interview mit Dr. Michael R. Norton BDS FDS RCS(Ed), Past President, Academy of Osseointegration
Was hat Sie initial dazu bewogen, sich in der CleanImplant Foundation zu engagieren?
Michael R. Norton: Es besteht schlicht in allen Bereichen der Medizintechnik ein enormer Bedarf, die Qualitätssicherung entschieden voranzutreiben. Der Skandal um die PIP-Brustimplantate hat gezeigt, wie wichtig und notwendig eine strengere behördliche Kontrolle von Medizinprodukten ist, und wie essentiell gleichzeitig die Registrierung von Produkten ist, damit Patienten auch leicht identifiziert werden können, wenn minderwertige oder fehlerhafte Produkte entdeckt werden.
Die CleanImplant Foundation macht einen großen Schritt in Richtung eines Qualitätssicherungsprogramms, das sowohl dem Zahnarzt als auch dem Patienten die Gewissheit verleiht, dass ihre Implantate bei der Oberflächenreinheit und hinsichtlich minimalster Kontamination einen Mindeststandard erfüllen.
Zahnärzte müssen sich aktuell auf das Wort der Hersteller und die FDA- oder CE-Kennzeichnung verlassen, um sicher sein zu können, dass die von ihnen verwendeten Implantate nach einem Standard hergestellt werden, den man von einem implantierbaren zahnmedizinischen Produkt erwarten würde. Leider ist dies oft nicht der Fall. Die CleanImplant Foundation ist eine objektive, unabhängige, gemeinnützige Stiftung, die gegründet wurde, um diese Lücke zu schließen und sowohl dem Zahnarzt als auch dem Patienten die Sicherheit zu geben, die sie bei der Verwendung von Zahnimplantaten benötigen und haben müssen.
Wir haben GMP, wie haben CE, wir haben MDR und vieles mehr – warum sehen Sie noch Bedarf für weitere Kontrollen?
Michael R. Norton: Bis zur Einführung der MDR hatten wir in Europa mit der MDD ebenso mit der FDA in den USA eine deutlich schwächere behördliche Kontrolle, wobei es der sogenannte Äquivalenztest jedem Implantathersteller erlaubt, ein bereits zugelassenes und erfolgreich auf dem Markt befindliches Produkt zu kopieren, um eine Zulassung zu erhalten. Dies hat dazu geführt, dass eine große Anzahl von ‚Klonimplantaten‘ ohne jegliche experimentelle oder klinische Dokumentation vor dem Inverkehrbringen hergestellt und verkauft werden. Die GMP-Anforderungen reichen bei weitem nicht aus, um sicherzustellen, dass ein Implantat, nur weil es so aussieht und sich so anfühlt wie das Original, auch über die gleiche Gewebereaktion und klinische Leistung verfügt. Aus diesem Grund wird die FDA heute mit Millionen von Beschwerden über versagende und kränkelnde Implantate überschwemmt, die nicht dem Standard entsprechen.
Ist es so, dass man sich im Allgemeinen auf die Qualität von Global Playern verlassen kann und nur kleinere und ‚exotischere‘ Hersteller besser überprüfen sollte?
Michael R. Norton: Ich bin der Meinung, dass grundsätzlich alle Hersteller zur Rechenschaft gezogen werden und alle dieselben Qualitätssicherungsstandards erfüllen sollten, auch die großen Unternehmen. Allerdings hat die CleanImplant Foundation gleich zu Beginn Daten veröffentlicht, die zeigen, dass die Implantate der Premiummarken ein hohes Maß an Integrität ihrer Implantatoberflächen aufweisen, sodass wir ihnen vielleicht etwas mehr vertrauen können.
Für wie wichtig halten Sie das Gütesiegel ‚vertrauenswürdige Qualität‘ auch für Zahnärzte und ihre Patienten?
Michael R. Norton: Ich denke, das ist sehr wichtig. Zurzeit haben die von mir gewählten Implantate noch nicht das QA-Zeichen, aber ich setze mich sehr dafür ein, dass sie es bekommen. Denn ich bin davon überzeugt, dass unsere Patienten das zu Recht fordern werden.
Glauben Sie, dass die Arbeit der Stiftung CleanImplant die Aufmerksamkeit der Hersteller erhöhen wird?
Michael R. Norton: Das ist zu hoffen. In Bezug auf Ihre vorherige Frage denke ich, dass alle Hauptakteure involviert sein müssen, wenn wir auch alle kleineren Akteure zwingen wollen, das Thema ernst zu nehmen. Wenn die Großen vorangehen, wird das die Aufmerksamkeit der gesamten Industrie sicherlich verbessern!
Vielen Dank für Ihre Zeit und dieses Interview.