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Der digitale Workflow und die Einzigartigkeit jedes Patienten

Bereits über 3000 Patienten hat Dr. Annette Felderhoff-Fischer als führende Expertin auf dem Gebiet der digitalen Implantologie und Oralchirurgie zu einem neuen Lächeln verholfen. Die „early adopterin“ entkräftet damit nicht nur Vorurteile hinsichtlich angeblich wenig technik-affiner Zahnärztinnen, sondern steht auch als Meinungsbildnerin für Nobel Biocare wieder in der ersten Reihe bei der Umsetzung von innovativen digitalen Prozessen für die erfolgreiche Praxis von morgen.

Interview mit Dr. med. dent. Annette Felderhoff-Fischer, Oralchirurgin

Was hat Sie einst sofort für digital gestützte Verfahren eingenommen, und welche Lern- und Entwicklungskurve haben Sie in Ihrer eigenen Praxis gemacht?

Annette Felderhoff-Fischer: 2004 starteten wir mit der statisch navigierten Implantologie, und mich hat von Anfang an fasziniert, dass wir mit der 3D-Implantatplanung am PC die sowohl ossäre als auch prothetisch perfekte Position für unsere Implantate finden konnten. Die Operation war hinsichtlich einer potentiellen Verletzung anatomisch relevanter Strukturen sicherer geworden, sie verlief schneller, und das ästhetische Ergebnis war auf einmal zuverlässig prognostizierbar. Hinzu kamen ganz neue Möglichkeiten: Die Option, in ausgewählten Fällen flapless zu operieren, oder auch die Sofortbelastung. Die Entwicklungskurve seit 2004 verlief sehr dynamisch. Als wir starteten, hatten wir ein CT und eine Röntgenschablone. Heute wird dies ersetzt durch DVT und IOS, hinzu kam seit dem letzten Jahr die Möglichkeit, die Schablone und die Provisorien mit dem Sprintray-Drucker selbst zu drucken. Das alles gestaltet den gesamten Workflow zeitlich und wirtschaftlich natürlich wesentlich effizienter. Schon etwas schwieriger wird es, die Lernkurve zu beschreiben. Man muss, denke ich, unterscheiden zwischen den Herausforderungen eines gänzlich neuen Arbeitsablaufs, und den technischen Innovationen. Wir haben uns zunächst mit einfachen Einzelzahnimplantaten an den Workflow herangetastet, und haben dann Schritt für Schritt das Indikationsspektrum ausgebaut, bis hin zu Sofortimplantationen mit Sofortbelastung. Bei den technischen Neuerungen bedarf es neben einer guten IT- Aufstellung, insbesondere in Hinblick auf die Datenspeicherung, gezielten Teamschulungen. Ich denke übrigens, dass der digitale Workflow engagierte Mitarbeiter begeistert, und dass wir es in Zukunft durch den Ausbau dieses Bereiches in der Zahnmedizin leichter haben werden, gute Mitarbeiter für unsere Praxen zu gewinnen zu.

Auch den 60-Minuten-Workflow haben Sie sofort für Ihre Praxis adaptiert – was bedeutet er genau und wie bewährt er sich in der Praxis?

Annette Felderhoff-Fischer: Der 60-Minuten-Workflow bedeutet, dass man z.B. die Behandlung eines Einzelzahnimplantats mit provisorischer Krone in nur einer Stunde durchführen kann, vom ersten Erscheinen des Patienten bis zum Einsetzen der Versorgung. Im Detail: Nach der üblichen Indikationsstellung für eine Implantation erfolgt eine DVT-Aufnahme und ein IOS mit Datentransfer in die Planungssoftware DTX Studio bzw. ImplantLab. Das Zahnimplantat, inklusive des TempShell-Provisoriums, werden 3 D geplant. Mit dem X-Guide wird das Implantat gemäß dieser Planung dynamisch navigiert inseriert. Simultan erfolgt im Sprintray-Drucker der Druck des TempShells, das nach der Implantatinsertion angepasst und verschraubt inseriert wird.

Was sich bei uns in der Praxis sehr bewährt hat, ist, dass wir alles zeitnah vor Ort herstellen können.

Oftmals drucken wir zusätzlich eine OP-Schablone, um die Vorteile der statischen Navigation, wie z.B. das Vermeiden des Abrutschens des Bohrers oder des Implantates beim Einbringen, insbesondere bei Sofortimplantationen, zu nutzen. Des Weiteren geben uns die provisorischen Kronen eine dauerhafte Unterstützung des Weichgewebes und somit gute Voraussetzungen für eine ästhetische Gestaltung der definitiven Versorgung durch unsere zuweisenden Zahnärzte. In den meisten Fällen allerdings machen wir Besprechung, DVT und IOS innerhalb eines Termins vor der Implantation, erstellen einen Kostenplan und nehmen die operative Aufklärung vor. Der klassische Workflow selbst findet Anwendung bei akut frakturierten Zähnen.

pip: Die Praxis profitiert bei digitalen Prozessen von Zeit- und Kostenersparnis und einer Entlastung des so knappen Fachpersonals. Was hat der Patient davon?

Annette Felderhoff-Fischer: Unser Patient ist schon einmal von Beginn an aktiv in die Planung involviert. Am PC zeigen wir verschiedene Therapiemöglichkeiten auf, und besprechen diese mit ihm. In vielen Fällen können, durch die optimale Ausnutzung der knöchernen Verhältnisse, umfangreiche Augmentationen vermieden werden, immer unter Berücksichtigung der optimalen prothetischen Vorgaben, die in der Planung sichtbar sind. Wir führen heute wesentlich mehr interne Sinusliftoperationen durch als externe. 2012 lag das Verhältnis interner zu externer Sinuslift bei 1:1, heute in der navigierten Implantation bei 4:1. Für den Patienten bedeutet dies weniger postoperatives Trauma, weniger Schmerzen und Schwellungen. Der digitale Workflow ermöglicht mir also, auf die Einzigartigkeit jedes Patienten einzugehen, sowohl hinsichtlich der Anamnese, seiner Anatomie, seinen Wünschen und Ängsten, und somit individuelle Therapiekonzepte umzusetzen, und den Eingriff für den Patienten so minimalinvasiv wie für seine Planung irgend notwendig zu gestalten. Weitere Vorteile auch für den Patienten sind eine reduzierte OP-Zeit, insbesondere bei der statischen Navigation, und ein deutlich reduziertes Flap-Design bis hin, bei ausreichend keratinisierter Gingiva, zur Flapless-Inserierung der Implantate. Der Patient weiß während des gesamten Prozesses immer, was ihn erwartet. Das trägt enorm zur Entspannung bei und vermeidet viele spätere Diskussionen.

Was raten Sie Zahnärztinnen und Zahnärzten für einen gelungen Einstieg in die digitale Zukunft?

Annette Felderhoff-Fischer: Die Zukunft der Zahnmedizin ist digital und ich empfehle insbesondere im Bereich der Implantologie jungen Kolleginnen und Kollegen 3D-Implantatplanungen am PC selbst und intensiv zu üben. Es ist, als wenn man eine Implantation selbst durchführen würde, man muss auf die knöchernen Verhältnisse achten, prothetische Vorgaben berücksichtigen und das mit dem Vorteil, dass man in den Knochen, Sinus oder auch den Canalis alveolaris inferior hineinschauen kann. Es schult das Auge für die späteren Implantationen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass man das Wissen, was man auf einer Fortbildung erlernt hat, auch zeitnah in der Praxis umsetzen und damit vertiefen kann.

Wie können Kolleginnen und Kollegen von Ihrem langjährigen Erfahrungsschatz profitieren?

Annette Felderhoff-Fischer: Wir bieten seitens unserer Praxis regelmäßig eine Modulreihe für Einsteiger und auch Hospitationen an, man kann sich dazu gern auf unserer Website informieren. Mir ist es mit meinen bald 30 Jahren Berufserfahrung persönlich wichtig und ein Anliegen, für die Teilnehmer dann auch nach den Kursen als Mentor zur fungieren, und engagierte junge Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen.

Bei welcher Veranstaltung kann man Sie persönlich wieder einmal auf dem Podium erleben?

Annette Felderhoff-Fischer: Tatsächlich freue ich mich, beim DACH-Symposium von Nobel Biocare in Saalfelden vom 19.-21.09.2024 dabei zu sein, das, mitten im Steinernen Meer, wieder ein herrliches Panorama bieten wird für das Zusammentreffen und den Austausch mit vielen engagierten und inspirierenden Kolleginnen und Kollegen. 

pip: Herzlichen Dank für dieses Gespräch!

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