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GCCG: Neuer Ansatz zur Konsensbildung in der Implantologie

GCCG – einen ganz neuen Ansatz verfolgt der globale Konsens für klinische Leitlinien (GCCG), der erstmals beim EAO-Kongress in Mailand präsentiert wurde. Zusammen mit der EAO, dem ITI und der Osteology Foundation wird das Ziel verfolgt, weltweit gültige klinische Leitlinien zu erstellen. Was steckt hinter dieser Initiative?
 
Interview mit Prof. Dr. med. dent. Ronald Jung, Zentrum für Zahnmedizin der Universität Zürich

Herr Prof. Jung, seit wann laufen bereits die Vorbereitungen für den globalen Konsens für klinische Leitlinien (GCCG)?

Ronald Jung: Das hat eigentlich bereits Anfang 2023 alles begonnen. Die Organisation eines solchen globalen Konsens benötigt sehr viel Zeit. Aber es lohnt sich und könnte ein wirklicher Game Changer in der Zahnmedizin und Implantologie sein. Gerade in einer Zeit, in der man sich in vielen Bereichen eher national orientiert, verfolgen wir einen partnerschaftlich globalen Konsensansatz. Das ist ein schönes Zeichen, wie ich finde. Verbunden mit dem Wunsch von allen Beteiligten, die Patienten zukünftig besser behandeln zu können.

Die Patientenzentriertheit steht dabei klar im Fokus. Wie kam dieser Aspekt zustande oder wer hatte die Idee dazu?

Ronald Jung: Grundsätzlich entstand diese Idee aus einem Gespräch von mir in meiner Funktion als EAO-Präsident mit Prof. Dr. Hom-Lay Wang in seiner damaligen Funktion als Präsident der AO. Wir haben das dann weitergetragen. Die Schlüsselperson, die die Methodologie entwickelt hat, war anschließend Prof. Dr. Frank Schwarz. Gemeinsam wollten wir eine Konsensuskonferenz entwickeln, die nicht wie üblich misst, welches Material mehr Knochen- oder Weichgewebsvolumen bringt, sondern welche Behandlung oder Therapie dem Patienten einen reellen Mehrwert bringt. Das brachte den Patienten dann ins Spiel. Das Besondere am GCCG ist, dass wir die Patienten befragen, um ihre Perspektive mit in den Konsens einzubringen. 

Das Herzstück der Methodik sind daher Patient Reported Outcome Measures – PROMs – und Clinician Reported Outcome Measures – CROMs –, die durch systematische Reviews evaluiert werden.

Das scheint ja recht aufwendig zu sein. Wie wird das umgesetzt und organisiert?

Ronald Jung: Das ist extrem aufwendig und beschäftigt ein internationales Team viele Stunden. Das umfassende Feedback wird über maßgeschneiderte Delphi-Befragungen eingeholt, die an eine beträchtliche Anzahl von Klinikern, Patienten und öffentlichen Akteuren verteilt wurden. Diese Umfragen finden in zehn unterschiedlichen Sprachen statt. Wir haben bisher mehr als 840 Befragungen durchgeführt.

Wie geht es dann weiter mit der GCCG?

Ronald Jung: Viele traditionelle Konsensuskonferenzen hatten nur regionale Auswirkungen und erreichten keine globale Anerkennung und klinische Relevanz. Die GCCG will dies ändern, indem sie Teilnehmer und Verbände aus der ganzen Welt einbezieht. Die Bemühungen werden in einer Konsensuskonferenz im Juni 2025 in Boston gipfeln, auf der mehr als 120 internationale Experten die ersten globalen Leitlinien für die Behandlung des zahnlosen Oberkiefers diskutieren und formulieren werden.

Und die Tür für andere Organisationen oder Gruppierungen ist ja offen, um sich daran zu beteiligen?

Ronald Jung: Das ist absolut der Plan. Wir haben bereits diverse Interessenten, die gerne teilhaben möchten. Aber wir starten zunächst in der aktuellen Konstellation. Es sind zwei Wege, die wir mit dem GCCG beschreiten. Das eine ist, das Konstituieren und die Organisation der Leitlinien, das andere ist die Methodologie und die Arbeit, die uns allen in diesem Zusammenhang bevorsteht. Und diese beiden Wege auf einer globalen Ebene erfolgreich umzusetzen ist sehr aufwendig. Deshalb starten wir in einer ersten Welle mit einer Auswahl wichtiger Länder und Regionen. Später wird es dann eine zweite Welle geben, bei der noch mehr Fachgesellschaften aus anderen Regionen dazukommen werden. Vorbild für unser Vorhaben ist die Medizin, beispielsweise die Intensivmedizin. Denn dort gibt es bereits globale Leitlinien die State of the Art sind. Dann ist es egal, ob ein Patient in Deutschland, den USA oder China behandelt wird. Die Leitlinien der Intensivmedizin sind global gleich.

Herzlichen Dank, Ihnen beiden, für Ihre Zeit und dieses Gespräch.