hero-ribbon

Neuigkeiten zur IDS hier auf www.frag-pip.de

„Ich möchte von Deutschland aus etwas Großes mit Dentsply Sirona aufbauen“

Die berühmten 100 Tage sind vorüber: Im August 2024 übernahm Xavier Carro Fernandez nach Jahren als erfolgreicher Vice President und General Manager Iberia und Leiter des SureSmile Aligner-Bereichs für Europa, den Mittleren Osten und Afrika die kommerzielle Leitung der EMEA-Region von Dentsply Sirona. Auf der DS World Dubai 2025 wollte pip wissen: Wie jongliert man eine Region mit so vielen unterschiedlichen Kulturen und Traditionen bei einem gleichzeitig so breit aufgestellten Portfolio wie bei Dentsply Sirona?  
 
Interview mit Xavier Carro Fernandez, Group Vice President EMEA Dentsply Sirona

Vielen Dank, dass Sie sich hier die Zeit nehmen. Könnten Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen? Nach unseren Informationen sind Sie seit 2018 bei Dentsply Sirona, welches waren Ihre Stationen davor?

Carro Fernandez: Ich bin Spanier, komme aus Nordspanien, lebe aber seit nahezu 30 Jahren dort und seit einigen Monaten ist mein Lebensmittelpunkt in Bensheim. Nach Anfängen im Immobiliengeschäft war ich lange Jahre in der Verpackungsindustrie bei einem auf Engineering und Produktentwicklung spezialisierten Unternehmen tätig und arbeitete dann fast zwei Jahre für eine implantologische Firma in Spanien, ehe ich zu Dentsply Sirona wechselte. Hier war ich direkt für den Implantatbereich im Iberia Vertrieb tätig, für die Premium Implantate wie die EV-Familie, Ankylos und Xive. Dann erfolgte der Zukauf von MIS, und wir haben erfolgreich das Portfolio aus Premium und Value Implantaten weiterentwickelt und vorangebracht. Zwei Jahre war ich dann General Manager für Spanien und Portugal, und übernahm danach zusätzlich den Bereich von SureSmile für den EMEA-Bereich. Das Ganze gelang alles recht erfolgreich, und so wurde ich im vergangenen Jahr zum Group Vice President für die gesamte Region EMEA ernannt. In dieser Funktion bin ich für das gesamte Portfolio in allen Ländern der Region kommerziell verantwortlich. 

Sie stehen hier für das gesamte Unternehmensportfolio? 

Carro Fernandez: Ja, von Connected Technology Solutions über alle Verbrauchsmaterialien, Implantate, Aligner, alles, was Sie von Dentsply Sirona kennen. Und das in einer so großen und sehr vielfältigen Region. Sie können sich denken, dass es eine recht anspruchsvolle Aufgabe ist, die Eigenheiten der verschiedenen Länder und Kulturen, die Diversität der Arbeitnehmer dort und die über 60 verschiedenen Sprachen gleichermaßen gut zu betreuen. 

Ankylos, Astra und Xive waren einmal sehr starke Marken, sind aber in den vergangenen Jahren stark verblasst. Vor allem Astra Tech EV, ist jetzt in Prime- und OmniTaper aufgegangen. Xive wurde eingestellt. Wie sehen Ihre Planungen für Ankylos aus? Hat die Marke international noch eine tragfähige Basis, auch wenn sie in Deutschland droht, etwas zu verblassen?

Carro Fernandez: Ich verstehe, besonders mit Blick auf den Hintergrund Ihrer Zeitschrift, worauf Sie hinauswollen, daher lassen Sie es mich so sagen. Heute sind wir in Dubai, auf der Dentsply Sirona World, auf die wir sehr stolz sind. Wir haben in den vergangenen Jahren unglaublich erfolgreiche Ausgaben dieser Veranstaltung in verschiedenen Städten gehabt, in Dubai, Sao Paulo, Tokio, Las Vegas, Madrid und Riccione. Wenn Sie das einmal erlebt haben, werden Sie erkennen, und davon bin ich persönlich überzeugt, dass Dentsply Sirona ein umfangreiches Eco-System für die Zahnmedizin bietet. Die Implantate sind dabei ein wichtiger und relevanter Teil in unserem Portfolio, und Ankylos ist dabei persönlich mein Lieblingsimplantat. Die weltweite Bekanntheit des Implantats und die unglaubliche Loyalität von zum Teil jahrzehntelangen Kunden sucht sicher seinesgleichen. Es wurde vor nunmehr 33 Jahren so exzellent designt, dass es bis heute nicht viele Änderungen erforderte, um auch anspruchsvolle Behandlungsprotokolle von heute umzusetzen. Wobei der Begriff „Kunde“ bei Ankylos in meinen Augen falsch ist – wir haben keine Ankylos-Kunden, sondern Ankylos-Fans.

Aus meiner Sicht geht es bei Ankylos vor allem darum, das Implantat erfolgreich in die digitalen Prozesse von heute und morgen zu überführen.

Mit Tools und Technologien, wie Anwender sie in der Primescan 2 und im Orthophos SL finden, sind wir Vorreiter bei digitalem Design und Planung und daher geradezu prädestiniert, alle Implantatsysteme nun erfolgreich auf die digitalen Plattformen zu übertragen. Der Prozess ist bereits im Gange. Und hinsichtlich Xive sollten wir nicht von „einstellen“ sprechen: Das OmniTaper EV ist eine klare Weiterentwicklung von Xive. Xive war ein recht traditionelles Implantat mit einer Butt-Joint-Verbindung (flach-zu-flach). Die meisten wissenschaftlichen Studien zeigen inzwischen, dass die interne konische Verbindung stärker und damit sicherer für die Patienten ist[1]. OmniTaper hat die Xive- Philosophie mit einer internen konischen Verbindung weitergeführt und das Konzept damit entscheidend verbessert. Insofern ist für uns auch wenig verwunderlich, dass mehr als 80 Prozent der bisherigen Xive-Anwender nun nahtlos zu OmniTaper gewechselt sind.

Ist Deutschland angesichts so vieler boomender junger Märkte, beispielsweise in Nah-und Fernost, für Sie überhaupt noch ein wichtiger Schwerpunkt?

Carro Fernandez: Deutschland ist nach wie vor der größte Markt für uns in der gesamten EMEA-Region. Und wir setzen dabei auch sehr stark auf die Weiterentwicklung von Implantaten. Aus diesem Grund werden wir diesen Bereich auch personell ausbauen. Wir sind im Implantatmarkt bereits sehr stark vertreten, doch die kommenden Jahre werden wir ein weiterhin stärkeres Wachstum erleben. Wie wichtig der deutsche Markt für uns ist, erkennen Sie auch daran, dass ich von Bensheim aus die ganze Region betreue. Ich möchte zu 100 Prozent mit dem Team hier verbunden sein. Ich möchte mich eingehend mit unseren Produkten und Lösungen befassen und mich dabei einbringen. Es geht mir darum, das gesamte Team dabei zu unterstützen, etwas Großes und noch Größeres aufzubauen, und wir stützen uns dabei auch auf die bisherigen Erfolge. Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland viele Möglichkeiten haben, internationale Spitzenleistungen zu entwickeln und für die Zahnärzte und Zahntechniker verfügbar zu machen.

Sieht Dentsply Sirona die Zukunft mehr in den DSO (Zahnärztlichen Service-Organisationen) wie MVZ oder in den privaten Praxen? Und welche Unterschiede beobachten Sie bei EMEA gegenüber dem deutschen Markt?

Carro Fernandez: Die Zukunft verbindet beide Segmente. Der Haupttreiber sind die DSOs: Sie wachsen unglaublich schnell, akquirieren Zahnärzte, übernehmen Marktanteile. Die DSOs standen vor zehn Jahren für weniger als zehn Prozent des Marktes. Heute haben sie auf EMEA-Niveau mehr als 33 Prozent. Wir können DSOs also nicht ignorieren. Dentsply Sirona sieht sich als Anbieter von Premium-Produkten mit dem Anspruch, stets neue Produkte und Lösungen zu entwickeln und verbindliche, lange Garantien für diese auszusprechen. Wir investieren dafür umfassend in Forschung und Entwicklung.

Unser Fokus liegt klar im privaten, niedergelassenen Bereich, doch wir werden auch für die DSO einige Lösungen anbieten. Die Entscheidungskriterien sind in den beiden Segmenten völlig unterschiedlich.

DSOs sind hochprofessionell auf Kosteneffizienz ausgerichtet, während sich die Privatpraxen viel mehr auf das individuelle Behandlungsergebnis beim Patienten konzentrieren. Diese Unterschiede erfordern unsererseits entsprechend vielfältige Angebote und Wertversprechen. In Deutschland wird die Zahnheilkunde immer noch maßgeblich von den kleineren, niedergelassenen Praxen geprägt. Die Praxen sind Deutschland sehr stark auf Qualität, High-End-Service und Digitalisierung ausgerichtet. Daher bleiben auch innovative Konzepte in Deutschland so wichtig. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern scheint es für DSOs in Deutschland nicht zuletzt auch deshalb schwieriger, wirklich durchzudringen. 

Und wie wichtig ist oder bleibt Deutschland als Markt für Dentsply Sirona in der Implantologie?

Carro Fernandez: Wie ich schon sagte: Deutschland ist nach den USA unser größter Markt und wird dies bleiben – das gilt ohne Einschränkungen auch für die Implantologie. Deutschland ist immer noch ein Premium-Land, das stark auf hochwertige Implantate setzt und sehr offen für Forschung, Entwicklung und innovative Angebote ist. Andere Länder hingegen bewegen sich mehr in Richtung kostengünstigerer Lösungen und verzichten dafür bei Behandler und Patient auf mehr Komfort oder Effizienz. Mit unterschiedlichen Angeboten wollen wir aber beide Interessengruppen erfolgreich bedienen können. 

Gutes Stichwort: Wie sehen Sie die Preisgestaltung für Implantate in naher und mittlerer Zukunft?

Carro Fernandez: Ich denke, dass die Preisentwicklung in den einzelnen Ländern unterschiedlich verläuft. Wir betreiben aus Überzeugung einen hohen Aufwand, auch finanziell, für Forschung und Entwicklung. In Märkten, auf die wir uns konzentrieren, wird das verstanden. Unsere Kunden sind dementsprechend bereit, die Preise dafür zu akzeptieren. Allein die Investitionen in die Digitalisierung vieler Prozesse sind erheblich und werden daher dem Premium-Segment vorbehalten bleiben. In den Value-Segmenten bieten wir weniger komplexe Lösungen zu entsprechend niedrigeren Preisen. Natürlich bringt das Abstriche mit sich. Sie kommen ebenso sicher zum Ziel, aber vielleicht nicht so variantenreich, flexibel und elegant.

Dentsply Sirona war einst sehr stark in der Bildung von Weiterbildungsgemeinschaften, wie den soeben erwähnten PEERS. Was können unsere Leserinnen und Leser in naher Zukunft von Ihnen in der dentalen Implantologie erwarten?

Carro Fernandez: Es war und ist unser erklärtes Ziel, mit solchen Angeboten ein wichtiger Teil dieser dentalen Community zu sein. Wir werden auch künftig großartige Dozenten, den Raum und die Plattformen für aktive Diskussionen zur Verfügung stellen. Erst im Dezember haben wir in München auf unserem International Faculty Forum 100 unserer KOLs aus der ganzen Welt zusammengebracht – nur um zu diskutieren, wie sich Implantate und die Ergebnisse für die Patienten weiter verbessern lassen und wie wir mit unseren Produkten dazu beitragen können. Zuhören, miteinander reden und weiterentwickeln – darin liegt das Potenzial, um auch unser Unternehmen voranzubringen. Davon wollen wir Anwender und Patienten profitieren lassen.

Ein herzliches Danke für das Gespräch und auf Wiedersehen auf der IDS!


[1] Camps-Font, O., et al. (2023), Rodrigues, V. A., et al. (2023), Heo, S. J., et al. (2021), Moergel, M., et al. (2021), Kofron, M. D., et al. (2019).