Implantatpflege: Hybridversorgungen verbinden natürliche Zähne und Implantate zu stabilen, individuellen Lösungen. Warum sind diese Konzepte gerade im Hinblick auf Zahnerhalt und Langzeitfunktion sinnvoll und worauf müssen Praxisteams bei Pflege und Nachsorge achten?
Interview mit Prof. Dr. med. dent. Gerhard Schmalz, M.Sc., M.A. – Leiter der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie: Medizinische Hochschule Brandenburg
Hybridversorgungen gelten als vielversprechende Lösung für komplexe implantatprothetische Situationen. Was verstehen Sie darunter und wo sehen Sie deren größten Nutzen?
Gerhard Schmalz: Eine Hybridversorgung ist eine prothetische Rehabilitation mit Implantaten und natürlichen Zähnen. Sie kann festsitzend oder abnehmbar sein. Ich unterscheide drei gut belegte Einsatzfelder: Erstens Brücken mit einem Implantat, einem natürlichen Zahn und einem Zwischenglied. Zweitens abnehmbare, meist teleskopierende Arbeiten, die Zähne und Implantate kombinieren. Drittens das nachträgliche Einfügen von Implantaten in bereits bestehende herausnehmbare Versorgungen. Der größte Vorteil liegt im Zahnerhalt. Bestehende Zähne werden genutzt statt durch weitere Implantate ersetzt. Zugleich werden Restzähne, vor allem bei herausnehmbaren Konzepten, funktionell entlastet und stabilisiert. Im dritten Szenario lässt sich durch ein vergrößertes Unterstützungspolygon die parodontale Belastung senken und der Halt verbessern. Für mich ist Zahnerhaltung durch Implantation eine schlüssige Strategie.
Welche Herausforderungen stellen Hybridversorgungen an die häusliche Mundhygiene und die professionelle Implantatpflege im Vergleich zu rein festsitzenden oder herausnehmbaren Versorgungen?
Gerhard Schmalz: Die Anforderungen hängen von Implantatposition, Weichgewebe und der Suprakonstruktion ab. Entscheidend sind funktionelle Aspekte und eine gute Hygienefähigkeit. Patientenspezifische Risiken wie Parodontitis, systemische Erkrankungen und Rauchen müssen berücksichtigt werden. Wichtig ist die Unterscheidung der Pflege von Implantaten und Zähnen. Implantate benötigen konsequente, indikationsgerechte mechanische Reinigung, um periimplantären Entzündungen vorzubeugen.
Bei natürlichen Zähnen kommen zur häuslichen Pflege regelmäßige professionelle Maßnahmen hinzu. Neben dem Parodontitisrisiko ist das Wurzelkariesrisiko relevant. Im zervikalen Bereich sind kariespräventive Maßnahmen, etwa konzentrierte Fluoridpräparate, sinnvoll.
Wie kann das Praxisteam Patienten mit Hybridversorgungen in ein wirksames Recall- und Pflegekonzept integrieren?
Gerhard Schmalz: Eigene Regeln gibt es nicht. Präventive Strategien für Implantate und Zähne werden kombiniert und individuell angepasst. Das Nachsorgekonzept richtet sich nach den geeigneten Reinigungsoptionen für beide Pfeilerarten. In der Kommunikation ist die klare Differenzierung wichtig. Zur täglichen Pflege eignen sich bspw. antibakterielle Produkte aus der meridol Parodont Expert-Reihe. Patientinnen und Patienten müssen verstehen, dass Implantate und eigene Zähne trotz gemeinsamer Versorgung unterschiedliche Pflege brauchen. Das sollte bereits vor Planung und Umsetzung erklärt und an Modellen sowie anhand der klinischen Situation demonstriert werden. Für das Intervall gilt das Prinzip des schwächsten Glieds. Periimplantitis-, Parodontitis- und Wurzelkariesrisiko fließen in die Planung ein. Hat jemand ein geringes Parodontitis- und Kariesrisiko an den Zähnen, aber ein hohes Periimplantitisrisiko an den Implantaten, sind Intervalle von drei bis vier Monaten angezeigt.
Gibt es typische Fehler oder Versäumnisse in der Langzeitbetreuung von Patientinnen und Patienten mit Hybridversorgungen, die zu biologischen oder technischen Komplikationen führen können?
Gerhard Schmalz: Die Risiken resultieren weniger aus der Hybridform an sich, sondern aus der Summe potenzieller Versäumnisse bei Implantaten und Zähnen. Problematisch ist der Versuch, eine Universallösung zu etablieren. Erforderlich ist eine individualpräventive Strategie, die alle Risikofaktoren einbezieht. Fehler entstehen auch, wenn aus Bequemlichkeit Kompromisse gewählt werden, die Hygiene, Funktion oder Stabilität schmälern.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
