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Kombination aus Keramik und Titan: Hype oder Hybrid?

​Als nächster großer werkstofftechnischer Wurf in der dentalen Implantologie scheint sich die Kombination aus Keramik und Titan (Hybrid) zu entwickeln, um die mechanisch-physikalischen und biologischen Vorteile zweier Welten zu nutzen. Wie praxisnah sind diese Konzepte bereits und wo werden die klinischen Vorteile liegen?

Interview mit Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Ralf Smeets (Stellv. Klinikdirektor und Leiter der Sektion „Regenerative Orofaziale Medizin“; MKG-Chirurgie, Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf)

pip: Inwieweit stecken die Hybrid-Konzepte noch in den Kinder- bzw. Laborschuhen?

Ralf Smeets: Meiner Meinung nach ist dieses Stadium bereits verlassen worden. Die Forschung, Entwicklungen und Studien der letzten Jahre haben das Projekt bzw. inzwischen auch fertige Produkt auf eine weitere Eben gehoben, die sich dem Einsatz am Patienten stellen kann.

pip: Können wir denn schon auf aussagefähige Studien zurückgreifen?

Ralf Smeets: In vitro gibt es bereits diverse Daten, u.a. die Studien von Mick et al. 2013 und 2015 und Markhoff et al. aus 2014. In vivo-Versuche bzw. Tierversuche laufen aktuell in der Universitätsklinik Rostock bei Prof. Bernhard Frerich und hier bei uns in Hamburg im Rahmen eines staatlich geförderten Forschungsprojekts des BMWi.

pip: Birgt die Verbindung zweier so unterschiedlicher Materialien in dem so anspruchsvollen oralen Medium nicht potentiell Probleme an der Fügestelle?

Ralf Smeets: Auch hier sehe ich keinerlei Probleme. Der innovative Lösungsansatz der Fügung beider Materialien durch die Glaslottechnologie hat zu einer sehr zufriedenstellenden Produktentwicklung geführt. Mithilfe dieser Technologie, bei der unter hohen Temperaturen Titan und Keramik mittels Glasloten gefügt werden, konnte ein neuartiger, völlig stoffschlüssiger Verbund beider Materialien erreicht werden. Das Glaslot diffundiert dabei regelrecht in die Materialien hinein.

pip: Wo sehen Sie klinisch die Vorteile dieses Konzepts?

Ralf Smeets: Die Idee einer keramischen Hülle mit einem Insert aus Reintitan Grad 4 bietet meiner Meinung nach diverse Vorteile. So bringt die ATZ-Keramik beispielsweise durch ihre ‚natürliche‘ weiße Farbe Vorteile hinsichtlich der Ästhetik. Darüber hinaus besitzt das Implantat aber eine hohe Bruchfestigkeit und kann gegen Scherkräfte resistenter sein als ein reines Keramikimplantat. Bei der Herstellung findet wiederum keine Aufrauhung der Implantatoberfläche durch Substanzabtrag statt, wie es etwa beim Sandstrahlen herkömmlicher keramischer Implantate der Fall ist. Da das stattdessen aufgebrachte Glas sehr biokompatibel ist, könnte das Implantat unter Umständen bei älteren Patienten oder bei Patienten mit einem kompromittierten Knochenstoffwechsel sogar zu einer besseren und schnelleren Osseointegration führen. Man sollte auch festhalten, dass das Implantat einfacher im Handling ist als ein reines Keramikimplantat. Aufgrund des Titan-Inlays sind daneben Vorteile hinsichtlich potentieller Lockerungen von prothetischen Aufbauten zu erwarten. Weiterhin lassen sich Angulationsprobleme mit Abutments ausgleichen, was die pro- thetische Versorgung vereinfacht und flexibler gestaltet. Bei der Insertion ist es zwar wichtig, dass das Anzugsmoment nicht zu hoch ist, jedoch könnte das Hybridimplantat durchaus gerade bei Sofortimplantationen und Sofortversorgungen deutliche Vorteile gegenüber reinen Keramikimplantaten bieten. Ein Problem ist aktuell noch, die Dimensionierung zu reduzieren, um Hybridimplantate in allen anatomischen Situationen anwenden zu können. Hinsichtlich der Versorgung von schmalen Lücken mit durchmesserreduzierten Implantaten sind derzeit noch technische Hürden zu überwinden. Aktuell wird aber auch schon ein Hybridimplantat mit einem Durchmesser von 3,6 mm getestet.

pip: … und wo sehen Sie die biologischen Vorteile?

Durch die äußere Keramikschicht ist eine bessere Bioverträglichkeit gegeben als bei reinen Titanimplantaten. Auf die äußere Implantat-Oberfläche wird eine Glasschicht aufgetragen, die im Anschluss gebrannt wird. Diese Technologie führt zu einem Aufrauen der Oberfläche, was wiederum das Einwachsen des Implantats begünstigt. Diese Glasmatrix löst sich beim Einbringen nicht ab und ist sehr gewebefreundlich und bioverträglich.

pip: Wird der Umgang mit Hybriden, analog zu Keramikimplantaten, eine besondere Schulung und veränderte Vorgehensweise erfordern?

Nein, das sehe ich nicht generell so. Das macht das Ganze ja zusätzlich attraktiv: Vom Handling her ist das neue Hybrid-Implantat wie ein Titan-Implantat zu betrachten.

pip: Herzlichen Dank, für Ihre Zeit und dieses Gespräch.

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