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Mini-Implantate: Therapie der demografischen Wahl

Mini-Implantate – in der Praxis gern genommen und etabliert, trotzdem zeigte sich die Wissenschaftslage zunächst dünn und die Skepsis anerkannter Fachleute groß. Inzwischen sind die Minis hoffähig geworden und kommen einer aktuell immer noch stetig steigenden Patientenzahl in der täglichen Praxis sehr entgegen.

Interview mit Dr. med. dent. Efthymios Karinos, M.Sc., Implantologe

Sorgen wir noch einmal für eine saubere Definition, denn oft werden NDI, Mini-Implantate und sogar Shorties durcheinandergeworfen …

Efthymios Karinos: Eine Verwechslung mit ‚Shorties‘ sollte es eigentlich nicht mehr geben, denn das sind ganz klar die kurzen oder ultrakurzen Implantate – da geht es um die Länge und nicht um den Durchmesser. Unter Mini-Implantaten verstehen wir alles zwischen einem Durchmesser von 1,8 bis 2,4 mm. Alle Implantate kleiner als 3 mm werden als NDI – Narrow Diameter Implants – bezeichnet, zur Versorgung besonders schmaler Lücken oder bei Nichtanlagen in der Front.

Welche der aktuellen Studienergebnisse sind für Sie die wichtigsten bei der Beurteilung von Mini-Implantaten?

Efthymios Karinos: Sehr viele Studien beschäftigen sich vor allem mit Implantat-Überlebensraten, was ich etwas unbefriedigend finde. Denn es geht letztlich ja um den Implantaterfolg, also den Zustand, der sowohl die periimplantären Hart- und Weichgewebe als auch die Funktionalität beschreibt. Dazu gibt es nicht viele Untersuchungen. Deshalb haben wir uns die Mühe gemacht, über einen Zeitraum von elf Jahren mit einer monozentrischen, retrospektiven In vivo-Studie an 305 Implantaten vergleichende Ergebnisse von Überlebensraten und Implantaterfolg zu sammeln. Ich habe diese Studie im Rahmen meiner Doktorarbeit erhoben und wirklich aussagekräftige Ergebnisse zu den Erfolgsraten, den häufigsten Komplikationen, den Hauptindikationen und davon abgeleitet natürlich auch Kontraindikationen und der Bewertung der mundbezogenen Lebensqualität durch den Patienten zusammengefasst.

Wo sehen Sie die Haupteinsatzgebiete und hier die Vorteile gegenüber konventionellen Vorgehensweisen?

Efthymios Karinos: Das Haupteinsatzgebiet ist die Stabilisierung von Totalprothesen bei schwer atrophen Verhältnissen sowie die Retentionsverbesserung und Pfeilervermehrung bei Teilprothesen. Bei anamnestischen Einschränkungen ist so eine minimalinvasive Therapie in jedem Fall zu bevorzugen. Durch das transgingivale Vorgehen entstehen nur sehr geringe Wundflächen und damit automatisch deutlich geringere Komplikationen. Die postoperativen Erfahrungen, die uns unsere Patienten rückmelden, sind regelrecht beglückend – wir setzen ja auch konventionelle Implantate. Aber die Freude der Patienten nach einer Behandlung mit Mini-Implantaten und die große Begeisterung, sofort wieder beschwerdefrei essen zu können sowie der Verzicht auf zeitaufwendige und belastende Augmentationen macht sie zu den besten Botschaftern unserer Praxis. Schon mein Vorgänger hatte Mini-Implantate gesetzt, sodass ich sehr früh mit dieser Versorgungsform in Berührung kam.

Durch die guten Erfahrungen haben wir uns in gewissem Sinne zur einer Spezialpraxis dafür entwickelt, die auch viel mit Zuweisern bei dieser speziellen Therapie arbeitet.

Bei älteren Patienten binden wir den Hausarzt grundsätzlich in die Behandlung ein und hören oft eine spürbare Erleichterung und Freude, wenn wir ankündigen, den Patienten mit Mini-Implantaten zu versorgen.

Die korrekte Kräfteeinleitung und -verteilung bleibt sicher das Thema – bedarf es umso präziserer Diagnostik und Planung?

Efthymios Karinos: Achtung: Minimalinvasiv bedeutet nicht ‚für Anfänger‘! Im Gegenteil, die Planung und Diagnostik muss umso präziser sein. Während ich ansonsten durchaus mit Schablonen arbeite, setze ich die Minis, auch aus Kostengründen, noch frei Hand. Ich bin aber gespannt, was sich dazu Neues getan hat. In jedem Fall muss die Planung der vier Implantate im Unterkiefer und der sechs Implantate im Oberkiefer mit der adäquaten Belastungsverteilung erfolgen. Ganz wesentlich ist daneben der Recall zur Reinigung und Kontrolle alle sechs Monate, denn die Implantate sollten nicht den ganzen Druck abbekommen. Die Prothese muss also gut aufliegen. Sowohl zu den Neuerungen bei der Guided Surgery werden wir beim Pfingst-Symposium von condent Anfang Juni 2022 in Hamburg sicher viel Neues erfahren. Natürlich freue ich mich sehr, dort vielen Kollegen auch die ermutigenden Ergebnisse meiner Langzeituntersuchungen präsentieren zu dürfen.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch.

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