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Nobel Biocare: Die Renaissance einer Weltmarke

Nicht nur bedingt durch Covid-19 war es im vergangenen Jahr im deutschsprachigen Raum ein wenig ruhig geworden um die Weltmarke Nobel Biocare. Die Markteinführung von gleich mehreren bahnbrechenden Innovationen und eine begleitende Roadshow nutzt der weltweit agierende Hersteller jetzt für eine Neupositionierung und Rückeroberung des angestammten Platzes.

Interview mit Priv.-Doz. Dr. Dr. med. dent. Markus Schlee (Implantologe und Parodontologe), Priv.-Doz. Dr. med. dent. Paul Weigl (Universität Frankfurt), Dr. Holger Zipprich, (Universität Frankfurt) und Stefan Lieb (Nobel Biocare)

pip: Wir hatten zeitweise, ehrlich gesagt, den Eindruck, dass Nobel Biocare in Deutschland gar nicht mehr stattfand …

Diesen Eindruck kann ich Ihnen und vielen unserer Anwender nicht verübeln – tatsächlich hatten wir eine auch durch interne Umstrukturierungen und viele Personalwechsel bedingte Phase, in der wir uns mehr mit uns selber beschäftigen mussten als mit der Außenwelt. Wir haben diese Zeit allerdings nicht ungenutzt gelassen. Wir haben gelernt und uns in vielen Bereichen neu und sehr gut aufgestellt – und sind nun sehr zuversichtlich, den streckenweise ganz klar verlorenen Boden wiedergutzumachen. Wir sind weltweit immer noch die Nummer 2 in der dentalen Implantologie und mit Prof. Per-Ingvar Brånemark nicht nur die Wiege der enossalen Implantologie. Unsere Geschichte ist anerkanntermaßen randvoll mit Entwicklungen und innovativen Prozessen, ohne die die dentale Implantologie von heute nicht den Erfolg und die Anerkennung hütte, die sie genießt. Auch in Deutschland ist das nicht völlig vergessen und daher sind wir zuversichtlich, den uns angestammten Platz wieder einnehmen zu können – zumal wir mit den anstehenden Markteinführungen unseren Worten Taten vorausgehen lassen.

pip: Mit Spannung erwartet ist sicherlich das GalvoSurge, von dem man sich erstmalig eine echte Reosseointegration nach periimplantären Läsionen verspricht.

Tatsächlich schaffen wir mit diesem gemeinsam mit Dr. Urs Brodbeck, Dr. Florian Rathe, basierend auf der Erfindung von Dr. Holger Zipprich entwickelten Konzept, weltweit erstmalig eine wirksame Bekämpfung und restlose Entfernung des Biofilms auf Implantaten, ohne dabei die Oberfläche zu manipulieren. Damit bekämpfen wir erfolgreich eine der Hauptursachen der Periimplantitis und eines frühzeitigen Verlustes von Implantaten. Bei dem GalvoSurge Prinzip wird eine geringgradige Spannung zwischen einem Konnektor und dem Implantat angelegt, die von einer elektrolytischen Reinigungsflüssigkeit besprüht wird. Das Wasser in der Lösung wird teilweise hydrolytisch in H+- und OH–Ionen gespalten. Die positiv geladenen H+-Ionen penetrieren den Biofilm und nehmen von der negativ aufgeladenen Implantatoberfläche je ein Elektron auf. So entsteht ein atomarer Wasserstoff, der sich zu Bläschen aggregiert. Diese heben den Biofilm samt allen Stoffwechselprodukten und Kohlenwasserstoffen von der Implantatoberfläche ab.

pip: Hört sich kompliziert an …

Das Prinzip ist sicherlich nichts für den implantologischen Einsteiger oder Wenig-Implantierer, denn bei allen Vorteilen dieser neuen Dekontaminationstechnik sollte man die chirurgischen Handgriffe souverän beherrschen – von einer soliden Entfernung des Granulationsgewebes bis zu den dann folgenden augmentativen Techniken und einem guten Weichgewebsmanagement. Aber das System lässt sich ansonsten sehr einfach in die bestehende Praxis integrieren. Die Reinigung nimmt pro Implantat nur zwei Minuten in Anspruch und die neu erzeugte hydrophile Oberfläche begünstigt die erneute Osseointegration des Implantats. GalvoSurge ist für alle Implantattypen und -legierungen einsetzbar, also keineswegs Nobel Biocare-Systemen vorbehalten.

pip: Dann kommt es nun zur Markteinführung des an der EAO und am Weltkongress in Madrid vorgestellten N1 …

Damit sind wir bei den Taten der Marke Nobel Biocare, denn auch bei N1 handelt es sich, wie bei vielen Entwicklungen – man denke nur an das All on 4-Behandlungskonzept oder Nobel Active – nicht nur um ein Implantat, sondern ein aus 40 Jahren Erfahrungen, Ergebnissen massiver Grundlagenforschung und sieben Jahren Entwicklung geschmiedetes neues Konzept mit vielen echten, klinisch relevanten Innovationen. Wesentlicher Bestandteil ist dabei das Low-Speed-Bohrprotokoll mit dem neu- en Pilotbohrer, dem OsseoDirector, und einem hochinnovativen, atraumatisch arbeitenden Knochenaufbereitungswerkzeug, dem OsseoShaper. Seit etwa 50 Jahren existiert die konventionelle Aufbereitung des Implantatbettes – es war daher aus meiner Sicht überfällig, einen völlig anderen Lösungsansatz zur Schaffung der Knochenkavität zu finden: Der OsseoShaper schneidet nur harten Knochen und kondensiert gleichzeitig spongiösen Knochen, mit sehr geringer Umdrehungszahl und ohne Wassserkühlung. Diese sehr knochenschonende Aufbereitung wirkt insbesondere bei sofortbelasteten Einzelzahnimplantaten. Den positiven Nebeneffekt schätzen Einsteiger und erfahrene Implantologen gleichermaßen: nur zwei Bohrungen, optimale Kontrolle durch die geringe Umdrehungszahl und uneingeschränkte Sicht. Die Patienten empfinden das Ausbleiben von Vibration, Wasserkühlung und Lärm während der Knochenaufbereitung als sehr angenehm. Das neue Bohrprotokoll steht als integraler Bestandteil eines kompletten Systems in völligem Einklang mit der Biologie, einem sicheren und vorhersagbaren Handling und natürlich dem Macrodesign des Nobel Biocare N1 Implantats.

pip: Also bietet das Implantat (Nobel Biocare) an sich keine besondere Innovation?

Üblicherweise wäre das zu erwarten, aber ganz im Gegenteil, das N1 Implantat bietet mit der Fusion von Konus und Index einen völlig neuen Denkansatz. Dieser einzigartige konische Index in der Gestalt eines konischen Triovals vereint nicht nur die Dichtigkeit eines runden Konus mit dem von Stoßverbindungen nicht erreichbaren, maximal reduzierten Rotationsspiel, sondern schafft auch zusätzlich eine Selbstzentrierung. Diese vereinfacht die Positionierung der Prothetik in einer bislang nie vorhandenen Sicherheit, welche die rotatorische Fehlpositionierung praktisch eliminiert. Auch die von Stoßverbindung bekannte, einfache Abformung wird durch die konische Gestaltung des Index weiter optimiert. Implantat-Divergenzen von bis zu 16 Grad können spannungs- und widerstandsfrei abgeformt werden. Diese mechanisch optimierte Form des Triovals wird auch im N1 Implantat fortgesetzt und simuliert das biomechanische Design einer Zahnwurzel optimal. In Höhe des krestalen Knochens weisen bekanntlich die Wurzeln aller Zähne keinen runden Querschnitt auf. Vielmehr erinnern ihre ovalen Querschnitte an Ellipsen, Triovale oder Quadovale. Diese ovalen Wurzeln erhöhen die Rotationsstabilität der Zähne. Das triovale N1 Implantat lässt an seiner stets nach bukkal ausgerichteten Abflachung eine breitere Knochenschicht zu als ein rundes Implantat.

pip: Wo sehen Sie die wesentliche klinische Relevanz dieser Innovationen?

Mit dem N1 Implantat und dem effektiven Bohrprotokoll lassen sich viele Fehler vermeiden, die bei weniger erfahrenen Implantologen auftreten können – und die Mehrheit setzt heute zwischen 20 und 100 Implantate im Jahr. Ob es eine potenzielle Fehleinschätzung der Knochenqualität ist, die korrekte Festlegung der Dimension der Bohrung für den gewählten Implantattyp oder eine versehentliche Überhitzung beim Bohren – all diese potenziellen Fehlerquellen sind Vergangenheit. Erfahrene Anwender profitieren darüber hinaus auch von den Vorteilen dieser minimalinvasiven und biologischen Aufbereitung, allein durch die steigende Zahl von Sofortversorgungen und einer für den Patienten deutlich angenehmeren und sehr zügigen Implantation.

pip: Wo habe ich als Anwender die Möglichkeit, diese Innovationen in diesem Jahr noch zu erleben – auch mit den sicherlich noch bleibenden Einschränkungen von Präsenzveranstaltungen?

Als zahnmedizinisches Unternehmen und echter Partner unserer Anwenderpraxen haben wir eine umso größere Verantwortung, die Gesundheit unserer Kunden und Interessenten zu schützen. Wir haben daher unsere Präsenz- oder Hybridveranstaltungen in professionelle Webinar-Formate umgewandelt. Sie können am Mittwochnachmitag, dem 02.12.2020 ab 16.00 Uhr Dr. Annette Felderhoff-Fischer, Priv.-Doz. Dr. Dr. Markus Schlee, Priv.-Doz. Dr. Paul Weigl und Dr. Holger Zipprich live erleben und ihnen über Zoom Ihre persönlichen Fragen stellen. Wir freuen uns auf Ihre Leser!

pip: Herzlichen Dank für Ihre aufschlussreichen Ausführungen, meine Herren.

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