PA-Therapie: Eine nicht-chirurgische Parodontaltherapie ist für viele Patienten der gewünschte Behandlungsweg? Doch welche Materialien versprechen dabei den erstrebten Behandlungserfolg und was kann das anvisierte Therapieziel sein.
Interview mit Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Anton Sculean, M.Sc., Parodontologe
Was ist das Ziel einer regenerativen PA-Therapie (Parodontaltherapie)?
Anton Sculean: Mit der regenerativen Therapie wollen wir die komplette Wiederherstellung des verloren gegangenen Parodonts erreichen. Das bedeutet, dass wir nicht nur die parodontale Tasche füllen wollen, sondern auch die Neubildung von Wurzelzement, Desmodont und Alveolarknochen zum Ziel haben. Klinisch erreichen wir dies durch eine Verringerung von Sondierungstiefen, Gewinn an klinischem Attachment sowie einer radiologischen Auffüllung der Knochendefekte. Langfristig wollen wir durch die regenerative Parodontaltherapie die Prognose parodontale geschädigter Zähne verbessern und den Patienten unterstützen, die eigenen Zähne ein Leben lang zu behalten.
Welche Techniken setzen Sie in der regenerativen PA-Therapie ein?
Anton Sculean: In der Vergangenheit konnten wir die genannten Ziele nur im Rahmen eines chirurgischen Verfahrens und mit bestimmten Materialien wie Schmelzmatrixproteinen oder Membranen erreichen. Seit etwa zehn Jahren gibt es neue Daten, die zeigen, dass mit einer quervernetzten Form der Hyaluronsäure eine regenerative Parodontaltherapie möglich ist. Zugegeben, am Anfang stand ich dieser Option skeptisch gegenüber. Doch bei unseren Untersuchungen im Labor haben wir schnell gesehen, welchen starken Effekt quervernetzte Hyaluronsäure auf parodontale desmodontale Zellen und die gingivalen Fibroblasten hat. Sobald das Material im Defekt appliziert ist, zieht es diese Zellen an. Das konnten wir präklinisch und später auch klinisch nachweisen. Histologisch bildete sich ein neues Attachment. Dadurch stellte sich die Frage, ob wir auch nicht-chirurgisch eine parodontale Regeneration erreichen könnten.
Was passiert also, wenn ich im geschlossenen Verfahren die Wurzeloberfläche reinige und quervernetzte Hyaluronsäure appliziere? Die histologische Untersuchung im Tierversuch zeigte, dass nicht nur eine Verbesserung der klinischen Parameter eintritt, sondern auch eine Neubildung von Zement, Desmodont und Knochen stattfand. Das war etwas völlig Neues in der parodontalen Therapie: eine vorhersagbare Regeneration nach nicht-chirurgischer Therapie – ein echter Paradigmenwechsel. Klinische Studien bestätigten die Wirksamkeit der nicht-chirurgischen Therapie mit vernetzter Hyaluronsäure. Basierend auf all diesen Daten wurde das Clean & Seal Konzept in die parodontale Therapie eingeführt.
Fassen Sie für uns bitte doch noch einmal das Clean & Seal Konzept zusammen.
Anton Sculean: Parodontale Entzündungen sind chronische Infektionen, die durch bakteriellen Biofilm auf der Wurzeloberfläche ausgelöst werden. Ziel des Clean & Seal Konzepts ist also die langfristige Zerstörung des Biofilms. Für die sorgfältige Entfernung des Biofilms und des erkrankten Gewebes nutzen wir die Kombination einer mechanischen Reinigung mit zusätzlicher Anwendung eines Reinigungsgels bestehend aus Natriumhypochlorit-Lösung und einer Aminosäurelösung. Der Vorteil dabei: die Matrix des Biofilms wird aufgelöst und das Reinigungsgel ist gewebeschonend. Anschließend versiegeln wir die parodontale Tasche durch vernetzte Hyaluronsäure, da dieses Material längerfristig in der Tasche verbleibt und nicht herausgespült wird, das Blutkoagulum stabilisiert und positiv mit den desmodontalen Zellen reagiert. Das Clean & Seal Konzept hat keinerlei Nebenwirkungen, weshalb es auch mehrmals wiederholt werden kann – natürlich nur an Stellen, wo dies notwendig ist.
Für welche Indikation bietet sich das Clean & Seal Konzept an?
Anton Sculean: Zum Beispiel für Patienten mit unbehandelten Parodontaltaschen, im Recall bei PA-Patienten oder wenn es eine kurzfristige Verschlechterung in der Parodontaltasche wie etwa Zunahme der Taschentiefe und Blutung gibt. Klinische Daten belegen zudem, dass mit dem Clean & Seal Konzept eine periimplantäre Mukositis behandelt werden kann. Generell haben wir damit einen Baustein in unserem Therapie-Konzept, mit dem wir minimalinvasiv, patientenfreundlich und biologisch die klinische Situation verbessern und stabilisieren können.
Herzlichen Dank für Ihre Zeit und das Gespräch.