In Zeiten, in denen Unternehmen zu Konstrukten verschmelzen, in denen ihre frühere Kernmarke kaum mehr erkennbar ist, ist es etwas ganz Besonderes, Markku Elvreus, Produktionsleiter von Nobel Biocare in Karlskoga, Schweden, kennenzulernen: Er steht für 37 Jahre Zahnimplantat-Herstellung an diesem historischen Standort.
Interview mit Markku Elvreus, Produktionsleiter, Nobel Biocare Karlskoga
Sie sind schon sehr früh zu Nobel Biocare, damals noch Nobelpharma, gekommen. Was waren Ihrer Meinung nach die Meilensteine in der Produktion von Zahnimplantaten im Laufe der Jahre?
Markku Elvreus: Als ich 1987 anfing, war ich gerade 18 Jahre alt. Ich hatte auch die Gelegenheit, Prof. Per-Ingvar Branemark noch persönlich kennenzulernen, und bis heute spüre ich das Vermächtnis und die Verpflichtung einer solchen Persönlichkeit. Damals hieß das Unternehmen übrigens sogar noch Nobel Biomechanics. Karlskoga hat eine fast 400-jährige Tradition in der Metallverarbeitung. Hier in der schwedischen Provinz Värmland lebte der berühmte Chemiker und Erfinder Alfred Nobel. Sein imposantes Anwesen, das Herrenhaus Björkborn, ist auch Teil der Tour, die wir mit Zahnärzten aus Schweden und aus aller Welt machen, die uns hier besuchen, um zu sehen, wie Nobel-Implantate hergestellt werden.
Bei der Vielzahl an Innovationen und Verbesserungen, die ich über die Jahre mitverfolgen durfte, fällt es fast schwer, einzelne herauszugreifen – nicht umsonst hat sich Nobel Biocare den Titel „Pioneering the future“ in der Implantologie redlich verdient. Es gab eine große Anzahl entscheidender neuer Implantatdesigns und -oberflächen: Nehmen wir CC, die Conical Connection, oder Nobel Active, oder natürlich ganz neu das N1 mit seiner enormen Anzahl innovativer Details. Ein großer Schritt wurde sicherlich mit den heutigen Programmierkapazitäten und digitalen Schritten gemacht, die uns einen weiteren großen Sprung nach vorne bei der Verbesserung der Präzision und Qualität in der Herstellung von Implantaten gebracht haben. Übrigens befindet sich unser Prototypenlabor auch hier in Karlskoga, und wir investieren viel in die Ausbildung junger Metallarbeiter.
Können Sie anhand Ihrer Produktionszahlen Veränderungen oder sozusagen Trends in den Behandlungsprotokollen von Zahnärzten im Laufe der Jahre erkennen?
Markku Elvreus: Es ist auffällig, dass die Konzepte im Laufe der Zeit immer „biologischer“ werden, und hier bei Nobel Biocare haben wir mit unseren immer gewebefreundlicheren Produkten und Protokollen, wenn man so will, sicherlich wesentlich zur Etablierung und Manifestierung dieses Trends, wie vieler anderer zuvor, beigetragen. Nehmen Sie das bereits erwähnte N1, das im Grunde nicht nur ein Implantat, sondern ein völlig neues Behandlungskonzept aus Hardware, speziellen chirurgischen Instrumenten, prothetischen Komponenten und einem innovativen chirurgischen Protokoll umfasst. Das ist eine Mega-Innovation, angefangen beim OsseoDirector und OsseoShaper für die extrem schonende Aufbereitung des Implantatbetts und einem bisher beispiellosen Erhalt von vitalem Knochen, über das neue triovale Implantatdesign bis hin zur neuartigen Xeal-Oberfläche – nach der von uns seinerzeit etablierten Osseointegration folgt nun die erfolgreiche Mucointegration!
Patienten, Zahnärzte und Chirurgen wünschen sich heute einen schnelleren, vorhersehbareren und gleichzeitig sichereren Eingriff, der so gewebeschonend wie möglich ist, und das N1-System erfüllt all diese Anforderungen. Letztendlich sind alle unsere Handlungen von dem Ziel geleitet, die Patientenzufriedenheit zu verbessern.
Welche Rolle spielt CAD/CAM heute und wie werden digitale Workflows und KI-Prozesse die Implantatproduktion in Zukunft beeinflussen?
Markku Elvreus: Allein die hohe Zahl der Nobel Biocare Implantaten, die täglich weltweit eingesetzt werden, zeigt, dass wir sehr früh in diese effizienten Herstellungsverfahren investiert haben. Ich kann es jedoch nicht oft genug sagen: Unsere absolute Maxime ist Qualität, Qualität und nochmals Qualität. Die Produktionszeit für ein Nobel Replace Legacy ist beispielsweise dreimal schneller als die für ein N1-Implantat. Die Qualitätskontrolle, also das Messen, dauert dann aber fast genauso lange wie die Herstellung des Implantats selbst. Wir nehmen keine Stichproben, sondern jedes einzelne Implantat wird unter dem Mikroskop vermessen und kontrolliert, auch die Oberfläche wird einzeln inspiziert.
Schließlich wird jedes einzelne Implantat in einen einzigen Patienten eingesetzt, und der Patient möchte zusammen mit seinem Zahnarzt sicher sein, dass es von höchster Qualität ist und perfekt hergestellt wurde. Wir machen diesen Aspekt allen unseren Mitarbeitern immer sehr deutlich, damit sie sich immer bewusst sind, dass sie hier nicht einfach eine „Schraube“ herstellen, sondern ein Teil, das in einen menschlichen Körper integriert wird und dort für eine lange Zeit verbleibt, oft für den Rest des Lebens des Patienten. Wir bewahren auch immer ein Stück von jeder Charge in unserer Dokumentation auf und können so jedes Teil bis zum verwendeten Rohmaterial 36 Jahre zurückverfolgen. Unsere Besuchergruppen sind immer sehr beeindruckt und manchmal auch sichtlich angenehm überrascht von dem enormen Aufwand, den wir in die Qualitätssicherung unserer Produktion stecken.
Sie entwickeln dadurch oft ein ganz anderes, neues Bewusstsein für die Kosten eines Implantats. Das klare Ziel ist es, die Herstellung von Implantaten so sicher wie möglich zu machen, damit die Zahnärzte dank unserer Produkte so fehlerfrei wie möglich implantieren können.
Vielen Dank für das Gespräch und auf viele weitere erfolgreiche Jahre!