Nicht nur Patienten lieben das Sofortimplantat als schnellen Ersatz nach Zahnverlust, dessen deutlich reduzierte Behandlungsdauer und den höheren Komfort. Die Zeit- und Kostenersparnis schlägt sich auch in der Praxis positiv nieder. Aber gilt nun: Jeder verlorene Zahn ein Sofortimplantat?
Interview mit Dr. med. dent. Ralf Lüttmann, Implantologe
Sofortimplantat: Bei wieviel Prozent Ihrer Patienten mit Zahnverlust lässt sich diese Option (Sofortimplantation) realisieren?
Ralf Lüttmann: Tatsächlich liegt die Sofortversorgungsquote bei geplantem Zahnverlust bei uns über 90 %. Wesentlich dabei ist eine gute Planung der idealen Implantatpositionierung und eine korrekte Auswahl des für die individuelle Situation geeigneten Implantats.
Welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein, auch bei der Hardware?
Ralf Lüttmann: Neben den beiden eben genannten sind auch die Tools für die chirurgisch-prothetische Übertragung der idealen Implantatpositionierung wesentlich. Wir bedienen uns dabei im Verbund einer DVT-Aufnahme, intraoralen Scandaten, dazu mit Megagen R2Gate einer Implantat- und Abutmentplanungs- bzw. Konstruktionssoftware, einer Bohrschablonenplanung und -fertigung sowie genau abgestimmten chirurgischen Bohr- und Platzierungstools.
Verlangt das Konzept der Sofortimplantation ein besonderes Verständnis und besondere Fähigkeiten seitens des Zahnarztes?
Ralf Lüttmann: Sofort und schnell heißt nicht gleich einfach. Im Gegenteil: Die Sofortimplantation und gegebenenfalls auch Sofortversorgung ist eine anspruchsvolle Vorgehensweise. Dafür sollten die implantologische Erfahrung und die chirurgischen Fähigkeiten fortgeschritten sein. Sofortimplantationskonzepte erfordern präzise chirurgische Techniken. Auch die Kenntnisse hinsichtlich der optimalen Gestaltung der späteren Prothetik sollten solide sein, ebenso wie ein ausgeprägtes Verständnis der Knochenbiologie und der Heilungsprozesse der Hart- und Weichgewebe. Vor allem für Sofortimplantationen im Frontzahnbereich sollten auch gute ästhetische Kompetenzen vorliegen. Auch mit dem verwendeten Implantatsystem und dessen Besonderheiten, bei uns Megagen AnyRidge, sollte man vertraut sein.
Die wirklich beeindruckende Hardware, die uns mittlerweile zur Verfügung steht, kann vollumfänglich auch nur der nutzen, wer sich in Diagnostik und Planung gut eingearbeitet hat.
Nicht zuletzt zählt auch die Fähigkeit dazu, mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen, natürlich eine patientenindividuelle postoperative Betreuung und ein entsprechendes Recall-Management.
Wo sehen Sie ungebrochen Ausschlusskriterien für eine Sofortimplantation?
Ralf Lüttmann: Jede Implantation ist mit Risiken verbunden. Die Hauptrisiken liegen in der Person des Patienten: Bestehende Erkrankungen, Habits und Medikamenteneinnahmen müssen kritisch abgeklärt und in die Behandlungsplanung einbezogen werden. Auch die Compliance des Patienten spielt eine wichtige Rolle. Mögliche Risiken der geplanten Vorgehensweise müssen mit dem Patienten intensiv besprochen werden. Untherapierte Parodontalerkrankungen und vorhandene bzw. mit der Extraktion zu erwartende umfangreiche Knochenverluste und -defizite, die eine initiale Primärstabilität unmöglich machen, sind u.a. ein Ausschlusskriterium.
Warum ist die Sofortimplantation für Sie ein wesentlicher Bestandteil Ihres Versorgungsangebots? Erleben Sie sie als Differenzierungs- oder sogar Wettbewerbsvorteil?
Ralf Lüttmann: In erster Linie sehe ich die Vorzüge für den Patienten. Durch die Sofortimplantation erhalten wir wertvolle Knochen- und Weichgewebsstrukturen. Für eine ästhetisch anspruchsvolle prothetische Versorgung ist das ein entscheidender Vorteil. Die Anzahl der chirurgischen Eingriffe ist geringer. Oft sind damit auch Patienten zu überzeugen, die sich von größeren chirurgischen Zweiteingriffen abgeschreckt fühlen. Neben einem Zeitgewinn für den Patienten bedeutet die Sofortversorgung daneben meist geringere postoperative Schwellungen und Beschwerden. Auch durch das Vermeiden von temporären Prothesen oder Lücken ist der Patientenkomfort deutlich erhöht. Die anfänglichen Kosten durch die aufwendige Planung mögen höher sein, werden aber durch die später reduzierten Termine und eine ganze Reihe vermiedener Verfahren mehr als wieder eingespielt. Für den Patienten also eine sehr attraktive und für die Praxis eine sehr befriedigende und dankbare Option.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.