Nach fast 10 Jahre weltweiter Wanderschaft mit dem Ziel, sein Bestes stetig zu verbessern, fand ZTM Otto Prandtner 2008 in München mit seinem eigenen Labor seine berufliche Heimat. Durch eine enge Zusammenarbeit mit der nahegelegenen Universität und führenden Dentalherstellern gilt sein Labor als meinungsbildende zahntechnische Unterstützung, besonders bei den neuen digital gestützten Arbeitsprozessen.
pip: Wie hat sich das Berufsbild des Zahntechnikers für Sie in den vergangenen Jahren verändert?
Otto Prandtner: Das Berufsbild Zahntechniker an sich bekommt mehr und mehr Facetten, aber ich denke, dass jeder Zahntechniker für sein Berufsbild selbst verantwortlich ist und man dies daher gar nicht generell beantworten kann. Bei uns, im rezotto production Team, konzentrieren wir uns auf interdisziplinäre Verarbeitungsprozesse. Ebenso haben wir in zwei Scanner und in mobile Arbeitsplätze investiert. Das interessante ist, dass dabei cloudbasierte Lösungen angeboten werden und Zahntechniker nicht mehr zwingend im Labor sein müssen um Konstruktionen durchzuführen.\
pip: Inwieweit gilt das auch für den Kontakt zwischen Praxis und Labor?
Otto Prandtner: Ohne interdisziplinäres Denken, welches besonders in der konstanten Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker wichtig ist, wird man die Änderungen der letzten Jahre nicht so deutlich wahrnehmen. Ich arbeite im Moment an mehreren Projekten, und bei allen steht der Teamgedanke zwischen Praxis und Labor und Industrie im Vordergrund. Zahnärzte und Techniker haben alle das gleiche Ziel: Es beim ersten Mal richtig zu machen. Neue Checklisten helfen dabei, die Kommunikation zu standardisieren und damit die Behandlungsqualität zu optimieren, z. B. die Checklisten, das Orderdokument und der Zementierungsleitfaden des Success Simplified Projekts. Die unterschiedlichen Ansichten von Prof. Jan Frederik Güth LMU München, jetzt Frankfurt, ZTM Hans-Jürgen Stecher von der Meisterschule München, dem Unternehmen 3M Espe und mir waren hilfreich für dieses Success Simplified Projekt. Es ist dazu da, die Kommunikation zwischen Praxis – Labor -Industrie zu vereinfachen und zu strukturieren. Wir bearbeiten auch im Fehlermanagement den interessanten Punkt: Was Ihnen Ihr Zahntechniker nicht zu sagen wagt! Mit Prof. Daniel Edelhoff und mir haben wir soeben eine gesamte Online-Seminar-Staffel von 12 Videomodulen über „Interdisziplinäre Zusammenarbeit leicht gemacht!“ fertiggestellt. Auf www.rezottoproduction.com finden Sie Auszüge dieser Module unter dem Tutorial >kurz erklärt<.
Das zeitintensivste Projekt ist www.rezottoproduction.com. Es steht für neue dentale Behandlungskonzepte, so dargestellt, dass sie jeder leicht erlernen kann, und damit das Behandlungsteam es in der täglichen Praxis sofort anwenden und umsetzen kann.
pip: Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen, aber auch die beruflichen Chancen speziell in der Implantatprothetik von heute und in naher Zukunft
Otto Prandtner: Wir können nun besser präoperativ digital planen, und umso schneller und präziser sind wir bei der Ausführung, dass individuelle Provisorien z.B. bereits vor der Implantation angefertigt werden. Dadurch entstehen weniger Arbeitsschritte, was nicht nur effizienter, sondern erwiesenermaßen auch für die Biologie und den Heilerfolg nur von Vorteil ist. Als interdisziplinäres Beispiel arbeiten wir im rezotto production Team z.B. mit Oralchirurg Dr. Michael Berthold und der Firma Camlog an einer präoperativen Lösung für individuelle Heilungskappen und Abformpfosten.
pip: Kann die Zahnärztin/ der Zahnarzt heute der Entwicklung bei den zahntechnischen Werkstoffen und Prozessen neben seinen klinischen Themen überhaupt noch folgen?
Otto Prandtner: Ich denke, wenn Sie Prof. Dr. Bogna Stawarczyk, Wissenschaftliche Leiterin Werkstoffkunde der LMU München sind, dann ja. Wir müssen aber zum Glück auch nicht alles wissen! Ich denke, es reicht wenn Zahnärzte wie in „ dsiren Staz dus ntögie vretsännds haban“ und der Zahntechniker beim Material seiner Wahl die biologischen, mechanischen, funktionellen sowie ästhetischen Eigenschaften kennt – dann besteht eine gute Basis, bei der die Expertise beider Seiten perfekt zusammenkommt. Da wir eine immense Materialvielfalt haben, ist es wichtiger geworden, dass der Zahntechniker auch ein kompetenter Berater für materielle Fragen ist. Um bei der Materialentscheidung unterstützend helfen zu können, sind Aspekte wie funktionelle, biologische, mechanische und ästhetische Patienteninformationen nun auch essentiell für den Zahntechniker und damit die Materialwahl geworden. Der Zahnarzt liefert dem Zahntechniker so wertvolle Informationen für eine erfolgreiche Prognose der Restauration.
pip: Welche Lücken sehen Sie bei den Fort-und Weiterbildungsangeboten von heute – brauchen wir z. B. mehr Teamwork-Veranstaltungen?
Otto Prandtner: Ist es nicht komisch, dass unter interdisziplinärer Zusammenarbeit oft gar nicht die Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker gemeint ist? Jeder einzelne restaurative Fall ist doch eine Teamwork-Veranstaltung! Wenn wir Zahntechniker nur den Namen des Patienten bzw. eine Nummer und die Zahnfarbe wie z. B. A3 haben, fordern wir unser Glück heraus. Beim Orderdokument von Success Simplified geht es genau darum; was der Zahntechniker vom Zahnarzt für seine grundlegenden Entscheidungen und Materialauswahl und benötigt. Übrigens wäre in dem Zusammenhang auch schön zu wissen, welche Zementierungsempfehlung die Industrie für das jeweilige Material gibt. So kann der Zahntechniker dann wiederum mit einem Zementierungsleitfaden materialspezifische nötige Vorbehandlungsschritte in die Praxis kommunizieren. Das vermeidet unnötigen Stress. Es ist wie in einer guten Beziehung, da unterstützt und hilft man sich ja auch gegenseitig.
Herzliches Danke für das Gespräch.