hero-ribbon

Neuigkeiten zur IDS hier auf www.frag-pip.de

Kostenlose Implantatsprechstunde im Praxiszentrum


Prof. Dr. jur. Thomas Ratajczak

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachan- walt für Sozialrecht, Justiziar des BDIZ EDI

Kanzlei RATAJCZAK & PARTNER Rechtsanwälte mbB Berlin · Duisburg · Essen · Freiburg i.Br. · Köln · Meißen · München · Sindelfingen

Posener Str. 1, 71065 Sindelfingen
Tel.: 07031-9505-27 (Frau Sybill Ratajczak)
Fax: 07031-9505-99

ratajczak@rpmed.de
sing@rpmed.de
www.rpmed.de

Das Landgericht (LG) Braunschweig entschied am 25.03.2021 – 22 O 582/20 – einen Sachverhalt, den man früher regelmäßig in Zeitungsannoncen fand, der mittlerweile auf dem Rückzug ist. Es geht um eine Anzeige für kostenlose Implantatberatungen. Im konkreten Fall hatte der Zahnarzt „3x wöchentlich kostenlose Implantatsprechstunde“ in seinem „Praxiszentrum“ beworben. Das Zahnarztteam bestand aus dem Inhaber, einer angestellten Zahnärztin und einer Vorbereitungsassistentin.

Er wurde abgemahnt, zeigte sich „angesichts ähnlicher Werbung bundesweit“ ob der Abmahnung verwundert, teilte mit, die Bundeszahnärztekammer um Rat fragen zu wollen, bekam auch eine verlängerte Stellungnahmefrist zur Abmahnung zugestanden, rührte sich dann aber nicht mehr. Die daraufhin gegen ihn erhobene wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage hatte Erfolg.

Das LG sieht in der „kostenlosen“ Implantatsprechstunde einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG. Tathandlung i.S. des § 7 Abs. 1 HWG sei das Anbieten, Ankündigen und die Gewährung der Zuwendung. Eine Zuwendung sei dabei eine geldwerte Vergünstigung, für die kein oder nur ein symbolisches Entgelt zu zahlen ist. Nach dem allgemeinen Sprachverständnis gingen die angesprochenen Verkehrskreise bei der „Sprechstunde“ eines Arztes davon aus, dass es sich dabei um die Zeit handelt, in der der entsprechende Arzt seine ärztlichen Leistungen in seiner Praxis anbiete. Das Angebot kostenloser, wenn auch kurzer Untersuchungen oder individueller Patientenberatung gehe über den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Ziff. 4 HWG hinaus, da derartige individuelle Beratungen eines Arztes grundsätzlich nur gegen Entgelt zu erwarten sind.

Soweit der Zahnarzt vorgetragen habe, in der von ihm beworbenen „kostenlosen Sprechstunde“ habe niemals eine kostenlose Untersuchung, individuelle Beratung oder Behandlung stattgefunden, sei dies sowohl aus rechtlichen Gründen unerheblich als auch letztendlich unsubstantiiert geblieben. Nach § 7 Abs. 1 HWG sei bereits die Ankündigung einer Zuwendung unzulässig. Insoweit komme es für einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 HWG nicht darauf an, was der Zahnarzt tatsächlich tut, sondern darauf, was die Patienten aufgrund seiner Ankündigung erwarten.

Zur Bezeichnung der Praxis als „Praxiszentrum“ meinte das LG, im üblichen Sprachgebrauch würden unter einer Praxis Einrichtungen verstanden, in der ein oder gegebenenfalls mehrere (Zahn)Ärzte ihre Dienste erbringen. Angesichts des davon abweichenden Begriffes „Praxiszentrum“ gingen die Patienten dagegen davon aus, dass es sich dabei um eine demgegenüber bedeutend größere Einrichtung handelt.

Dieser Erwartung werde die Praxis in keiner Weise gerecht. Tatsächlich seien nur er selbst und eine angestellte Zahnärztin, noch dazu nicht für die besonders beworbene Fachrichtung, tätig. Es könne sein, dass er über ganz besonders spezialisierte Fähigkeiten verfügt, die er auch in diesem Fall durchaus bewerben dürfe. Dies stütze aber nicht den Begriff eines „Praxiszentrums“. Auch die Tatsache, dass sich auch noch ein zahnärztliches Labor in dem Gebäude befinde, stütze die Erwartung der Patienten nicht. Dasselbe gelte für einen Seminarraum oder die bislang auch nur beabsichtigten Parkplätze.

Das Angebot kostenloser (zahn)ärztlicher Behandlungsleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich wettbewerbswidrig (z.B. OLG Celle, 03.11.2011 – 13 U 167/11 –). Hinsichtlich des „Praxiszentrums“ hat sich das LG nicht mit der dazu vorhandenen Rechtsprechung befasst (z.B. BVerfG, 07.03.2012 – 1 BvR 1209/11 –), vermutlich, weil dazu seitens der Praxis kaum etwas vorgetragen wurde.