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Praxisverkauf an Finanzinvestoren

Praxisverkauf: Die Zeiten, in denen die Auswahl unter potenziellen Kandidaten groß war, sind lange schon vorbei. Es gibt zwar zahlenmäßig immer mehr Zahnärztinnen und Zahnärzte, aber immer weniger wollen das wirtschaftliche Risiko der Investition in die Gründung einer eigenen oder die Übernahme einer fremden Praxis übernehmen.

Dass man in Umfragen immer wieder davon lesen muss, dass die Investitionsphase nur zeitlich nach hinten verschoben werde, entspricht leider nicht der Erfahrung, die an diesem Markt zu machen ist. Eigentlich eine kuriose Situation, gibt es doch zugleich mit den sogenannten Finanzinvestoren seit etwa 2016 Angebote in einer Größenordnung, die früher im zahnärztlichen Bereich unbekannt war (und im ärztlichen Bereich nur bei Laborarzt- und Dialysepraxen aufgerufen wurden).

Der Praxisverkauf an Finanzinvestoren ist eine Überlegung wert, wenn man sich auch sorgfältig anschauen muss, mit wem man sich dabei „ins Boot“ legen will. Ich will aus meiner Erfahrung einige Punkte aufzeigen, die hier eine Rolle spielen.

  • Der Praxisverkauf an einen Finanzinvestor erfolgt nie an einen solchen direkt, sondern an ein Krankenhaus. Hierfür gelten die besonderen Voraussetzungen des § 95 Abs. 1b SGB V, die hier nicht dargestellt werden sollen. 

  • Der Verkauf an einen Finanzinvestor erfolgt nie in einem Zug, wie man das beim Verkauf an eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt gewohnt ist. Der Verkauf ist stets mit der Bedingung verknüpft, für einen mehr oder weniger langen Zeitraum in der Praxis als angestellter Zahnarzt weiter mitzuarbeiten. Üblich sind derzeit Weiterarbeitszeiten von drei bis fünf Jahren. 

  • Der Verkauf erfolgt heute nur selten noch durch Zahlung des gesamten Kaufpreises in einer Summe. Das hat zwar den unbestreitbaren Vorteil, dass die Steuerermäßigung der §§ 16 Abs. 3, 34 Abs. 3 EStG (55-Jahres-Regel) sicher erreichbar ist. Die Investoren sehen aber das Risiko, dass es der bisherige Praxisinhaber nach Erhalt des Geldes engagementmäßig gut sein lässt, also zu hoch an. Die Weiterarbeitsperiode soll dazu dienen, die Praxis sicher überzuleiten. Das erfordert aus der Sicht der Investoren weiterhin dasselbe Engagement des ehemaligen Praxisinhabers wie zu seinen Zeiten, als die Praxis noch ihm gehörte. 

  • Das führt dazu, dass in etwa 70 % des angedachten und im Kaufvertrag fixierten Kaufpreises tatsächlich mit Übergabe der Praxis bezahlt wird (die prozentualen Anteile schwanken von Investor zu Investor), der Rest vom Eintritt weiterer Bedingungen abhängig und damit variabel ist. Das kann bedeuten, dass der Kaufpreis unter die bezahlten 70 % fällt oder jedenfalls nicht nennenswert darüber zu liegen kommt.
  • Aus mit § 95 Abs. 1b SGB V zusammenhängenden Gründen kommt für den Finanzinvestor nur eine Zahnarztpraxis als Kaufobjekt in Betracht, die sich in ein MVZ umwandeln lässt. Als Rechtsform für dieses MVZ kommt eigentlich nur die GmbH in Betracht.
  • Es gibt Finanzinvestoren, die aus den in Ziffer 3 angesprochenen Gründen nur einen Teilkauf der Praxis (z. B. zunächst nur 70 %) anbieten oder nach vollem Kauf zu 100 % einen Rückkauf eines Gesellschaftsanteils (z. B. 30 %) vereinbaren. Hier ist meines Erachtens besonders sorgfältig zu prüfen, ob das eine im Sinne der §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigte Veräußerung darstellt (s. dazu jüngst BFH, 11.02.2020 – VIII B 131/19 –).
  • Viele Finanzinvestoren legen aus den in Ziffer 3 angesprochenen Gründen Wert auf die weitere Mitarbeit des bisherigen Praxisinhabers in Dreifachfunktion, als angestellter Zahnarzt, 
Zahnärztlicher Leiter des MVZ und als 
Geschäftsführer des MVZ. 


Nach meiner Erfahrung fühlen sich Zahnärzte eher geschmeichelt ob des Angebots, Geschäftsführer zu werden. Das liegt daran, dass nur wenigen bekannt ist, worauf sie sich dabei eigentlich einlassen. Die Geschäftsführung einer GmbH ist kein Analogon zur Führung einer Zahnarztpraxis.

  • Die Geschäftsführergehälter ab MVZ-Gründung werden in die Bewertung der Praxis auf die eine oder andere Art und Weise eingepreist. Wer nach Übergabe ein hohes Geschäftsführergehalt erhalten will, bekommt also weniger Kaufpreis. Dabei sollte bedacht werden, dass es für das Geschäftsführergehalt keine Steuerermäßigung gibt, für den Kaufpreis im Zweifel schon (§§ 16, 34 EStG).
  • Die Kaufpreisfindung ist eine spannende Sache. In der Regel wird mit Multiples des EBIT oder EBITDA gearbeitet. Diese liegen derzeit meist um den Faktor 6 (Regel) bis 7 (Ausnahme). Es gibt aber auch Investoren, die auf der Basis von Umsatzzahlen arbeiten.

Die Verhandlungen sind aufwendig, die Vertragswerke umfangreich, die Prüfungen in der Regel sehr intensiv. Praxisverkauf: Man kann auch durchaus berechnen, wie sich das Angebot zur stets bestehenden Option, einfach weiterzuarbeiten und/oder später zu einem geringeren Preis zu verkaufen, verhält. Man sollte das bei der Auswahl der Berater beachten.

Kontakt Autor

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Justiziar des BDIZ EDI
Kanzlei Ratajczak & Partner Rechtsanwälte mbB
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