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Verbandssanktionengesetz: VerSanG

Wenn man diesen Begriff zum ersten Mal liest, mögen einem als (Zahn-) Mediziner Abkürzungen für Veritas und Sanitas durch den Kopf gehen, aber ganz sicher nicht als Abkürzung für „Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten
(Verbandssanktionengesetz)“.

Als (Zahn-)Mediziner wird man ob eines solchen Titels auch keinen unmittelbaren Bezug zum eigenen Beruf herstellen mögen. Allenfalls kommt man auf eine solche Idee, weil weder der Autor noch pip an dieser Stelle einen Beitrag veröffentlichen würden, der keinen Berufsbezug hat. Das VerSanG ist der wichtigste Teil eines Gesetzesentwurf, den derzeit das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) vorbereitet. Offenbar mag man dort nicht länger mitansehen, wie die Spahn’sche Gesetzgebungsmaschine aus den Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums Gesetzentwurf um Gesetzentwurf herausquetscht, ohne selbst aktiv zu werden. Das BMJV hat im August 2019 inoffiziell den Referentenentwurf zu einem Gesetz zur Bekämpfung der Unternehmenskriminalität vorgelegt. Das VerSanG ist ein Teil davon. 

Grund für die vorgesehene Neuregelung:
„Straftaten, die aus Verbänden (juristische Personen und Personenvereinigungen) heraus begangen werden, können nach geltendem Recht gegenüber dem Verband lediglich mit einer Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geahndet werden. Eine angemessene Reaktion auf Unternehmenskriminalität ist damit nicht möglich. Die Höchstgrenze des Ahndungsteils der Verbandsgeldbuße von zehn Millionen Euro gilt unabhängig von der Verbandsgröße; sie lässt insbesondere gegenüber finanzkräftigen multinationalen Konzernen keine empfindliche Sanktion zu und benachteiligt damit kleinere und mittelständische Unternehmen.“ Tatsächlich wird mit dem VerSanG ein Gesetzentwurf vorgelegt, der jedes Unternehmen und jede freiberufliche Praxis betrifft und bedroht, das nicht Einzelunternehmen/Einzelpraxis ist. Ab Gemeinschaftspraxis und Praxisgemeinschaft ist jeder dabei, die Körperschaften (Kammern, KZVen) ebenso wie alle Berufsverbände und wissenschaftlichen Gesellschaften, jede als juristische Person organisierte Einheit, gleich ob dem privaten oder öffentlichen Recht zuzuordnen, also auch die Krankenkassen, von Großunternehmen bis zu Kleinstunternehmen, sofern nur größer als Einzelkaufmann oder Einzelfirma. Nach § 1 VerSanG regelt das Gesetz „die Sanktionierung von Verbänden wegen Straftaten, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte“. 

Gegen einen Verband wird nach § 3 Abs. 1 VerSanG „eine Verbandssanktion verhängt, wenn jemand

  1. als Leitungsperson dieses Verbands eine Verbandsstraftat begangen hat oder 
  2. sonst in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbands eine Verbandsstraftat begangen hat, wenn Leitungspersonen des Verbands die Straftat durch angemessene Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandsstraftaten wie insbesondere Organisation, Auswahl, Anleitung und Aufsicht hätten verhindern oder wesentlich erschweren können.“

Damit wird die Verletzung von Compliance-Regelungen, wie sie bisher ansatzweise in den §§ 30 und 130 OWiG enthalten sind, zu eigenständigen Ordnungswidrigkeitentatbeständen. Wer sich nicht an die Regeln hält und vorsorglich verhindert, dass eine Verbandsstraftat begangen wird, soll zahlen (und zwar als Verband neben dem eigentlichen Übeltäter). Definiert wird die Verbandsstraftat in § 3 Abs. 1 Nr. 3 VerSanG als „eine Straftat, durch die Pflichten, die den Verband treffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert worden ist oder werden sollte“. 

Einfaches Beispiel: Die Falschabrechnung in der Gemeinschaftspraxis stellt eine solche Verbandsstraftat dar. Das gilt vom Grundsatz auch für die Verletzung von Behandlungs- und Aufklärungspflichten gegenüber den Patienten, weil diese auch die Praxis (= Verband) treffen, nicht nur den Behandler. Beispiele für diese Doppelsanktionen lassen sich beliebig viele bilden. 

Der Gesetzgeber stellt sich in § 9 VerSanG empfindliche Bußgelder vor, die je nach Verschuldensgrad zwischen 500 € und 10 Mio. € liegen und bei besonders großen Einheiten bis maximal 10 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes gehen können. 

Man könnte sich fragen, ob es dem Gesetzgeber an Sanitas und den Unternehmen in Deutschland an Bürokratieaufwand mangelt. Oder man könnte auch verkürzt fragen: Geht’s noch?

Kontakt Autor

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Justiziar des BDIZ EDI
Kanzlei Ratajczak & Partner Rechtsanwälte mbB
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