Auf dem 2. European Congress for Ceramic Implant Dentistry diskutierten vom 20. bis 22. Oktober über 180 Teilnehmer aus mehr als 25 Ländern und 20 international renommierte Referenten in der Nähe von Zürich/Schweiz die „Facts of Ceramic Implants“ – dem Motto der wissenschaftlichen Fachtagung zum Thema „dentale Keramikimplantate“. Damit war die Konferenz der European Society for Ceramic Implantology – ESCI wie schon bei seiner ersten Durchführung eine der weltweit grössten und wichtigsten Veranstaltungen zum Thema Keramikimplantologie. „Wir freuen uns sehr, dass es derESCI gelungen ist, mit dieser Veranstaltung einen Meilenstein für die zahnärztliche Implantologie mit Keramikimplantaten gesetzt zu haben“, so der ESCI Präsident Dr. Jens Tartsch.
Das Landgut Bocken am Zürichsee bot mit seiner Kombination von historischen Gebäuden mit besonderem Ambiente in Verbindung mit modernster Veranstaltungstechnologie den perfekten Rahmen für dieses Event.
Das Ziel der European Society for Ceramic Implantology als Europa- und weltweites Netzwerk ist es, eine internationale Brücke zwischen wissenschaftlicher Forschung und der klinischen Anwendung von Keramikimplantaten zu schaffen. Praktische Einblicke lieferten daher zum Auftakt die ausgebuchten Workshops. Prof. Sebastian Kühl (Straumann AG), Dr. Josef Choukroun (Purgo), Dr. Elisabeth Jacobi Gresser (Zeramex) und Dr. Frank Michael Maier M.Sc. (CamlogAG) stellten den Teilnehmenden die jeweiligen Implantat Systeme und Konzepte vor
Das Hauptprogram war in drei Kapitel aufgebaut. Hochkarätige Redner beantworteten mit spannenden Referaten die aktuellen Fragen und Hintergründe zur Implantolgie mit Keramikimplantaten. Eröffnet und moderiert wurde der Kongress durch den ESCI Präsidenten, Dr. Jens Tartsch.
Chapter 1: „Biomaterial Ceramic“ – Hintergründe zu Evidenz, Material und Implantatdesign
Als erster Redner am Freitagmorgen beantwortete der derzeitige Präsident der EAO und Klinikdirektor der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin am Zentrum für Zahnmedizin der Univ. Zürich, Prof. Ronald Jung (CH) die Frage, warum wir uns überhaupt mit Keramikimplantaten auseinander setzen sollten. Anschließend stellte der Vize Präsident der ESCI, PD Dr. Stefan Röhling (DE), die Studienlage und Evidenz von Keramikimplantaten vor, welche er als durchaus positiv beurteilte. Der Past-Präsident und aktuelle Curriculumskoordinator der Österreichischen Gesellschaft für Implantologie – ÖGI, Prof. Michael Payer (AT), berichtete über die langfristigen klinischen Ergebnisse, die er mit Fallstudien und Studienergebnissen eindrucksvoll untermauerte.
Der international anerkannte Experte für Biomaterialforschung, Prof. Jérôme Chevalier (FR) vom National Institute of Applied Sciences INSA Lyon, erläuterte die Umwandlungs- und Alterungsprozesse von Zirkondioxid und die Entwicklung neuer Biokeramiken und Herstellungsverfahren. Prof. Ralf Kohal (DE) von der Univ. Freiburg zeigte an Hand seiner Untersuchungen, dass die Stabilität von Keramikimplantaten für den klinischen Einsatz durchaus gegeben ist, jedoch von Hersteller zu Hersteller variieren. Der Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universitätsmedizin Mainz und Fortbildungsreferent der Deutschen Gesellschaft für Implantologie DGI, Prof. Bilal Al Nawas (DE) präsentierte unter anderem die ersten wichtigen Ergebnisse der DGI Leitlinien-Konferenz zum Thema „Keramikimplantate“ und beantwortete Fragen zur Oberfläche und „Hardware“. Das erste Chapter wurde abgeschlossen durch Prof. Tomas Albrektsson (SWE) von Department of Clinical Sciences University of Gothenburg. Er erläutert die besondere Bedeutung von Rauhigkeit und Reinheit von Implantatoberflächen auch für Keramikimplantate.
Chapter 2: „Biological Aspects“ – Biologie und Immunologie der Gewebe um Titan- und Keramikimplantate
Prof. Owen Addison (UK) vom Kings College London und Prof. Mattias Pettersson (SWE) von der Umeå Universitet zeigten in ihren spannenden Vorträgen ihre Forschungergebnisse zu den Korrosionsprozessen von Titan und Titanimplantaten, zur Metall Akkumulation in periimplantären Geweben sowie deren immunologischen Antwort. Dr. Elisabeth Jacobi Gresser (DE), die Referentin für Fortbildung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie DGZI, stellte den klinischen Zusammenhang mit der Grundlagenforschung her und ging auf die immunologisch diagnostischen Möglichkeiten ein.
Pathologische Befunde der Kieferhöhle im DVT und die Unterschiede zwischen Titan und Keramikimplantaten in der radiologischen 2- und 3D Diagnostik wurden von Prof. Michael Bornstein (CH), der Past Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Dentomaxillofaziale Radiologie SGDMFR, aufgezeigt. Abgeschlossen wurde dieses Chapter von dem Entwickler und Erfinder der A-PRF Verfahren, Dr. Josef Choukroun (FRA), welcher über Osteoimmunologie, oxidativen Stress und immunologie der Periimplantitis sprach.
Chapter 3: „Clinical Aspects“ – praktischen Anwendung von Keramikimplantaten
Der Samstagmorgen began mit dem Chairman des Department of Periodontology der Univ. Leuven, Prof. Marc Quirynen, (BEL). Er erläuterte die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und Vorteile von Leukocyte and Platelet Rich Fibrin (L-PRF) in der Oralchirurgie sowie die korrekte Anwendung. Mit vielen praktischen Beispielen wurde von dem Präsidenten der Society for Blood Concentrates and Biomaterials, Prof. Shahram Ghanaati (DE) die auf dem Einsatz von PRF basierende neue Open Healing Methode vorgestellt. Abgeschlossen wurde dieser Themenbereich „hard- and soft-tissue regeneration“ durch Dr. Frank Maier M.Sc. (DE), Mitglied des Vorstandes der ESCI. Er zeigte anhand vieler Beispiele aus seiner Praxis, dass auch bei Keramikimplantaten augmentative Massnahmen notwendig sein können und welche erfolgsversprechend sind.
PD Dr. Michael Gahlert (DE) demonstriert anhand vieler Fälle aus seinem langjährigen Repertoire eindrucksvoll die vielfältigen Indikationen für Keramikimplantate sowie die Herangehensweisen insbesondere zur Versorgung im ästhetischen Frontzahnbereich. Im seinem multimedialen Vortrag erläuterte das Mitglied des ESCI Vorstandes, Prof. André Chen (POR), wie auch mit Keramikimplantaten der digitale Workflow umsetzbar ist.
Die ESCI ist zwar eine Europäische Fachgesellschaft, jedoch durchaus mit weltweiter Relevanz. So präsentierten zu guter Letzt die ESCI Gäste aus Nord- und Südamerika, Dr. Dan Hagi (Can) und Dr. Rodrigo Beltrao (BRA) wie mit Keramikimplantaten auch komplexe Restaurationen und Full Arch Versorgungen realisierbar sind.
Die ESCI sieht sich als Drehscheibe für herausragende wissenschaftliche Forschung und für klinische, praktische Erfahrung in der dentalen Implantologie mit Keramikimplantaten. Auf dem 2. European Congress for Ceramic Implant Dentistry wurde daher jungen Forschern und allen Mitgliedern der ESCI die Gelegenheit geboten, ihre Forschungsergebnisse und klinischen Fälle im Rahmen von „short lecture sessions“ vorzustellen. Der wissenschaftliche Beirat der ESCI wählte als Award-Jury die besten Vorträge aus. Die Gewinner wurden mit dem ESCI Award 2022 ausgezeichnet, welcher von Frau Prof. Mutlu Özcan und PD Dr. Michael Gahlert als Vertreter des Beirates überreicht wurde.
Den ESCI Award 2022 in der Kategorie „best scientific short lecture“ wurde an Dr. Erica Roitero (FRA) verliehen. Den ESCI Award 2022 in der Kategorie „best clinical case presentation“ ging an Dr. Konrad Borer (CH)
Ein besonderes Highlight war das „Open Stage Forum“ zum Abschluss der Veranstaltung. Alle Redner des Kongresses waren auf der Bühne versammelt, um sich den kritischen Fragen des Publikums und des Moderators Prof. Ralf Kohal (DE) zu stellen und die Zukunft der Keramikimplantologie zu diskutieren. Auch wenn die Datenlage sicher noch weiter zu verbessern sei, herrschte Einigkeit darin, dass Keramikimplantate bereits heute zur klinischen Anwendung empfohlen werden können – sofern die richtigen Indikationen gewählt und die Guidelines der Hersteller beachtet werden.
Auch der gesellschaftliche Rahmen liess keine Wünsche offen. Bei dem Willkommensempfang Im alten Gewölbekeller des Landgutes stimmten sich die Teilnehmer bei Saxophonklängen auf die kommenden Tage ein. Das ESCI Galadinner brachte den internationalen Teilnehmern mit Alphornklängen und Bündner Rinderbraten die Schweizerische Tradition näher. Für regelrechte „Partystimmung“ sorgte die speziell für den Kongress aus Mykonos eingeflogene Sängerin Mrs. Kelly Kaltsi.
Fazit des Kongresses
Die Keramikimplantologie zeigte sich auf Augenhöhe mit Titanimplantaten. Es ist gelungen, Keramikimplantate aus ihrer „Aussenseiterolle“ heraus zu holen, sie wissenschaftlich zu belegen und getroffene Aussagen evidenzbasiert darzustellen. So konnte sich der 2. European Congress for Ceramic Implant Dentistry nicht zu Letzt auch dank seiner einzigartigen Redner mit Grossveranstaltungen im Titansektor messen lassen.
Der nächste European Congress for Ceramic Implant Dentistry wird in zwei Jahren in 2024 stattfinden.