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Generationenübergreifend – Evidenz trifft Innovation

Die deutsche ITI-Sektion, eine der fünf größten ITI-Sektionen weltweit, veranschaulichte vom 15. bis zum 17. März in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn erfolgreich, dass sie ihrer Aufgabe, die junge und alte Generation aus der Praxis und Wissenschaft der dentalen Implantologie zu vereinen, bestens nachgekommen ist. Das Kongressmotto „Evidenz trifft Innovation“ wird gelebt: Das ITI zeigt sich modern und beweglicher, zeigt aber auch, dass nur die Ergebnisse solider Forschung über die Möglichkeiten und Grenzen der sich immer schneller entwickelnden Produkte und digitalen Techniken Grundlage (zahn-)ärztlichen Handelns sind.

Nicht nur knapp 800 Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer, auch der eigens zum Kongress aus Australien angereiste ITI-Präsident Dr. Stephen Chen sprachen für einen gelungenen Kongress. Wer vor offizieller Eröffnung anreiste, dem bot sich in den Innovationsforen u. a. ein erfolgreiches Beispiel für eine generationenübergreifende Hochschulkarriere. Frau Prof. Dr. Katja Nelson berichtete mit Frau Dr. Tabea Flügge, beide Freiburg, von den Ergebnissen ihrer Grundlagenforschung über digitale Daten und mögliche Fehlerquellen im digitalen Workflow.

ZTM Fabian Zinser und Dr. Dr. Rainer Fangmann demonstrieren die symbolische Beziehung beim digitalen Workflow.

Mit Vorteilen des manuellen Segmentierens, Einflüssen des Scankörpers auf die Präzision und einem Ausblick auf das MRT als zukünftig mögliche Alternative zum Röntgen lieferten die beiden wichtige Hinweise zum komplexen Thema, die im folgenden Vortrag durch die auch aus zwei Generationen bestehenden Referenten ZTM Fabian Zinser und Dr. Dr. Rainer Fangmann klinisch weitergeführt wurden. Straumann Group Geschäftsführer Deutschland Holger Haderer legte im Forum Marketing & Strategie u. a. dar, dass man im Hinblick auf die Demographie, die Bedürfnisse der neuen Generation und den damit einhergehenden Trends und Konzepten für Dentallabore und Praxen mit den passenden Strategien vorbereitet sei. Die Straumann Group hat sich von einem Implantatanbieter inzwischen zu einem Lösungsanbieter in der Ästhetischen Zahnmedizin entwickelt, neben Implantatchirurgie und -prothetik, Biomaterialien und Digitalem Workflow auch in den Bereichen KFO und Prävention. Marco Gadola, Präsident und CEO der Straumann Group, betonte anlässlich der vorgeschalteten Pressekonferenz die langjährige Kultur des erfolgreichen Unternehmens. Daraus könne man Strategien generieren, die dann in Visionen und Wertschöpfung kanalisiert werden würden. Straumann „fordere und fördere player & learner!“, betonte er.

Chirurgie

In Dr. Arndt Happes Vortrag „Schlüsselfaktoren für den Erfolg in der ästhetischen Zone“ regte der renommierte Spezialist aus Münster an, Guided aber auch wahlweise wechselnd zu „brainguided“ vorzugehen, und vermittelt mit verschiedenen mikrochirurgischen Techniken, Tipps zur Implantatpositionierung sowie effizientem Vorgehen wie „Man kann den Bindegewebsaufbau auch mit der Freilegungs-OP verbinden“ Begeisterung. Prof. Dr. Stefan Fickl, Oberarzt am Klinikum in Würzburg und seit kurzem auch in eigener Praxis tätig, widmete sich den komplexen ästhetischen Anforderungen „Die ästhetisch kritische Zone – Sofortimplantate oder verzögerte Verfahren?“ Eine strikte Fallselektion empfahl er, bei idealen Kriterien wäre die Sofortimplantation eine adäquate Behandlungsoption und ein einfaches und wirtschaftliches Verfahren, doch „im Zweifelsfalle eher verzögert!“. Prof. Dr. Dr. Dieter Weingart, ehemaliger ITI-Präsident und derzeit ärztlicher Direktor in Stuttgart gibt in seinem Vortrag „Implantatverlust mit Defektsituation: Erneute Implantation oder Alternativtherapie“ einen Überblick über die zukünftig zu erwartenden Implantatverluste und die Konsequenzen. Er zeigte nach der Präsentation vielfältiger Daten an Patientenbeispielen auf, dass nach Implantatverlust zu den chirurgischen Herausforderungen die abwägende Kommunikation mit den Patienten über deren Lebensqualität entscheidend ist.

Titan oder Keramik?

Priv.-Doz. Dr. Stefan Röhling, Basel, berichtete in seinem Vortrag über die Entwicklung erster Implantate aus Aluminiumoxid in den 60er-Jahren bis zur Zeit der Zirkoniumdioxidimplantate, bei denen anhand der derzeit verfügbaren Daten Hinweise auf weniger Knochenabbau und weniger Entzündung als bei Titanimplantaten bestünden. Der amtierende ITI-Präsident Dr. Stephen Chen, Melbourne, Australien, beendete die chirurgische Vortragsreihe des Nachmittags mit „post extraction ridge alteration“ und Untersuchungen zum Heilungsverhalten nach Extraktion, nachdem er die deutsche Sektion des ITI und ihre hervorragende Arbeit gelobt hat. Der weitere Kongresstag gliederte sich in mehrere Vortragsblöcke, die mit Vorträgen der ITI-Fellows, der Young ITIs und aus den Bereichen Weichgewebe und Prothetik sowie parallel im Zahntechnikblock hochkarätig und abwechslungsreich gestaltet war. Die Resonanz auf den intern bezeichneten „Fellow-Block“, bei dem als Besonderheit Deutscher ITI-Kongresse Fellows zu relevanten Themen der Implantologie referierten, war bereits beim letzten ITI-Kongress überw.ltigend – so war es auch in Bonn. Nicht verwunderlich, denn von anatomischen Fallstricken in der Implantologie (Prof. Dr. Werner Götz, Bonn) über Implantationen bei Knochenangebot mit vestibulärem Defizit (Priv.-Doz. Dr. Dr. Marcus O. Klein, Düsseldorf), dem Einsatz von durchmesserreduzierten Implantaten (Dr. Dr. Andreas Hentschel, Zwickau) und einem generationenübergreifendem Teamvortrag von den ZTM Christian Müller und Urs Volz sowie Dr. Johannes Röckl mit der Frage nach Abformung oder Scan – wurde das vermittelte Wissen, mit klaren „take-homemessages“ versehen, dem Kongressmotto überaus gerecht. Eine weitere Erfolgsgeschichte der Deutschen ITI-Sektion ist das Young-ITI – eine überaus aktive Gruppe junger Nachwuchswissenschaftler – welche erfolgreich „netzwerkt“. Aus dieser Gruppierung heraus berichteten Dr. Kai Fischer („Weichgewebsmanagement“) und Priv.-Doz. Dr. Dr. Peer Kämmerer („Allogener Knochenersatz“) über ihre Forschungsgebiete und präsentierten interessante Ergebnisse. Direkt im Anschluss berichtete der Mainzer Kieferchirurg über seine Forschungsergebnisse, mit denen er den diesjährigen Posterpreis des ITI gewonnen hatte. In der Weichgewebe-Session referierte Dr. Jochen Tunkel, Bad Oeynhausen, über „indikationsbezogene Techniken“ in der Weichgewebschirurgie,

Prof. Dr. Irena Sailer rief anhand der Möglichkeiten und deren wissenschaftlicher Datenlage dazu auf, viel in die zukünftige Forschung zu investieren.

Prof. Dr. Adrian Kasaj, Mainz, maß im anschließenden Vortrag über plastischästhetische Weichgewebschirurgie den Weichgewebsersatzmaterialien hohe Wertigkeit zu, bevor Prof. Dr. Dr. Bilal Al-Nawas über das globale Netzwerk ITI und seine Erfolgsstory berichtete. Es folgten „Versorgungskonzepte im zahnlosen OK und UK“ von Dr. Barbara Michel und Dr. Dr. Christian Naujoks aus Brühl, bevor Frau Prof. Dr. Irena Sailer, Genf, mit „Welches Material in welcher Situation?“ über die neuen Techniken und Materialien und den damit einhergegangenen Paradigmenwechsel berichtete, der schon längst in den Praxen angekommen ist, „bei dem die Forschung aber hinterherkommen muss“. Abschließend folgt das eigens vom deutschen ITI entwickelte Format Streitgespräch, bei dem es um „Keramikimplantate“ und um die individuellen Vor- und Nachteile der jeweiligen Versorgungsphilosophie ging.

Das ITI ist mit 27 Sektionen und derzeit über 18.000 Mitgliedern weltweit das größte Expertennetz in der Implantologie. Exklusiver Industriepartner des ITI ist Straumann, jedoch ist der ITI-Kongress eigenständig und unabhängig organisiert – ohne jede Querfinanzierung. Die dadurch gewonnene Unabhängigkeit gipfelte in bodenständigen, überzeugenden Statements der angesehenen Referenten aus Hochschule und Praxis. Der Ruf nach Beantwortung der offenen Fragen zu den modernen Verfahren und Materialien war deutlich, zusätzliche Indikationen fehlten, patienten- und materialbezogene Daten müssten her. Der Apell an die Forschung ist deutlich – mit den Worten des deutschen ITI Chairman Prof. Dr. Dr. Johannes Kleinheinz für das ITI klar zusammengefasst: „Wissenschaft braucht Zeit und Demut – und beides werden wir uns nehmen und bewahren!“.