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Komplikationsmanagement mit den Kurzen

pip Fotostory: Peter Randelzhofer

Kurze Implantate, die kleiner/gleich acht Millimeter lang sind, sind heutzutage etabliert. Sie verfügen über eine gute und auch in Langzeitstudien ausreichend dokumentierte Studienlage, die häufig die Gleichwertigkeit kurzer Implantate gegenüber Standardimplantaten bestätigt. Mit den Kurzen lassen sich invasive chirurgische Eingriffe wie ein Sinuslift oder Maßnahmen zur Kieferkammaugmentation mit möglicherweise einhergehender erhöhter Morbidität vermeiden. Auch werden die Kosten gegenüber diesen aufwendigen Behandlungen mit dem Einsatz von kurzen Implantaten verringert. Ausreichend Erfahrung im Bereich der Implantationen ist jedoch notwendig, um die Kurzen mit ihren Besonderheiten erfolgreich zu setzen. Probleme können insbesondere darin liegen, die Implantate in dem richtigen Winkel/Achse und mit der geeigneten Primärstabilität zu inserieren. Auch muss das Verhältnis der Implantatlänge zur Kronendimension beachtet werden, insbesondere, wenn der Seitenzahn die volle Kaukraft und womöglich Scherkräfte bei der Laterotrusionsbewegung abfedern muss.

Im vorliegenden Patientenfall wurde die 65-jährige Patientin mit einem fehlgesetzten Implantat in regio 046 in unsere Praxis überwiesen. Sie hatte alio loco in regio 046 ein Implantat inseriert bekommen, welches zunächst keine ausreichende Implantatstabilität aufwies und daher mehrmals tiefer in den Knochen gedreht wurde.

Als das Implantat dann stabil war, empfand die Patientin Missempfindungen, die nach röntgenologischer Kontrolle auf die Lage des Implantates zurückzuführen waren. Es war im Nervkanal des Nervus alveolaris inferior gelandet (Abb. 2). Der zahnärztliche Kollege klärte die Patientin auf und überwies sie unverzüglich. In unserer Praxis wurde das Implantat sofort entfernt.

Die Patientin hatte daraufhin über ein Jahr lang mehrfache Parästhesien im rechten Unterkiefer. Vier Jahre nach Implantatentfernung erschien sie jedoch erneut in unserer Praxis und fragte gezielt nach einem Implantat, welches nicht erneut in den Nervkanal gelangen könnte. Ihre Parästhesien waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden.

Spezielle Anamnese

Die Patientin war allgemeinmedizinisch gesund, sie verfügte über eine gute Mundhygiene. Die Zähne waren in einem guten Zustand und teils mit kleinen Füllungen sowie teils mit Gold- teilkronen gut versorgt.

Nach Analyse der angeforderten Röntgenbilder und der Ansicht der Daten mit einer Planungssoftware stellte sich heraus, dass ein Standard-Implantat im rechten Unterkiefer bei der anatomischen Nähe zum Nervkanal nicht inserierbar war (Abb. 3). Die mit dem Zahnverlust einhergehende vertikale Knochenresorption war im Zuge der altersgemäßen horizontalen Knochenresorption am Kiefer zu stark fortgeschritten, um ohne Knochenaufbau zu implantieren. Eine Augmentation des Kieferkammes hatte die Patientin aus Kostengründen abgelehnt.

Aufklärung

Liegen mehrere Therapiealternativen vor, sind die Erörterung der Risiken, der Vor- und Nachteile sowie der damit verbundenen finanziellen Aufwendungen in der Patientenaufklärung von großer Bedeutung. Röntgenbilder und möglicherweise digitale Planungen stehen für die Visualisierung zur Verfügung.

So wurde die Patientin trotz ihres Wunsches auch über die konventionellen Versorgungsmöglichkeiten wie etwa die Versorgung mit einer Brückenversorgung aufgeklärt. Die Alternative wäre eine Insertion eines kurzen Implantats. Dazu würden die Keramikkronen auf den Zähnen 47 und 45 belassen werden können, was der Patientin wiederum sehr gut gefiel (Abb. 3).

Zur weiteren Entscheidungsfindung wurden weitere klinische Parameter mit der Patientin erörtert. Die Lebensdauer von kurzen Implantaten hängt entscheidend davon ab, ob sie die einem natürlichen gesunden Zahn entsprechende Kraft der Schluck-, Kau- und der Laterotrusionsbewegungen abfangen müssen.

Bei den Seitwärtsbewegungen ist zusätzlich von Bedeutung, ob diese als Gruppenführung oder Front-Eckzahnführung über natürliche Zähne erfolgt. Da die Patientin ihre natürlichen Zähne bei der Laterotrusion in einer regelrechten Front-Eckzahnführung bewegte und die Zähne 45 und 47 stabil im Knochen saßen, stand der Insertion eines kurzen Implantates in regio 046 nichts im Weg. Nach einer abwägenden Abschlussbesprechung wählte die Patientin ein kurzes Implantat.

Freilegung

Nach drei Monaten wurde das Implantat freigelegt und konventionell abgeformt. Anschließend wurde ein Gingivaformer eingeschraubt und drei Wochen bis zur Herstellung der definitiven Krone belassen. Vom Modell aus wurde ein Scan erstellt, auf dem eine monolithische Krone gefräst werden soll.

Endgültige prothetische Versorgung

Drei Wochen später wurde der Gingivaformer (Abb. 18) entfernt und mittels CHX gesäubert, ein feines Emergenzprofil hatte sich gebildet (Abb. 19). Das CAD/CAM-gefertigte Abutment wurde eingeschraubt, wobei der Schraubkanal mit einem Schaumstoffpellet und mit Tempfit dicht verschlossen wurde (Abb. 20). Die monolithische Zirkonoxidkrone wurde aus Kostengründen in der CAD/CAM-Bibliothek der Software beim Zahntechniker geplant, gefräst und bemalt.

Die fehlende Transluzenz sowie der leichte Farbunterschied zwischen den Zähnen 45, 47 und der implantatgetragenen Krone 46 (Abb. 21) störten das wiedergewonnene Vertrauen der zufriedenen Patientin nicht, die Röntgenkontrolle zeigte ein gut eingeheiltes kurzes Implantat (Abb. 22). Nach Mundhygieneanweisung und der Erinnerung an regelmäßige Kontrollintervalle beim Zahnarzt verließ eine glückliche Patientin unsere Praxis.

Chirurgie und Prothetik: Dr. Peter Randelzhofer

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