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Nachgefragt bei Dr. Philip Leander Keeve: Implantologie beim Paro-Patienten

Fragen an Dr. Philip Leander Keeve, Fachzahnarzt Zentrum Weser, Hameln! Ende November 2021 fand in Wiesbaden der Implantologentag statt. Das Konzept, die Tagung zu einem inner- und interdisziplinären Event zu machen, ist den Veranstaltern geglückt. Drei Gastgeber – die DGI, die DGOI und die Next Generation der DGI – und vier weitere (zahn-)medizinische Fachgesellschaften – für Parodontologie, für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien, für Ästhetische Zahnmedizin und für Innere Medizin – haben ihre Expertise verknüpft, um fachliche Brücken zu schlagen. Hier stellen die Moderatoren wichtige Fragen an Experten zu ihrem jeweiligen Spezialgebiet.

Bild: Implantate bei Parodontitis-Patienten: Es diskutierten mit dem Moderator Dr. Philipp Keeve Dr. Jochen Tunkel und Prof. Dr. Michael Stimmelmayr.

Einmal Parodontitis-Patient – immer Parodontitis-Patient. Was bedeutet dies für die Versorgung mit Im­plantaten?

Dr. Philip Leander Keeve: Durch die hohe Parodontitisprävalenz in der Bevölkerung ist bei jeder geplanten implantologi­schen Versorgung eine Befundung und Diagnosestellung des Zahnhalteapparats obligat. Ein syn­optisches Behandlungskonzept ist insbesondere bei Parodontitispatienten von großer Bedeutung. Dazu gehören die Initialphase als Vorbehandlung mit Beratung des Patienten, die konservierenden und die chirurgischen Behandlungsphasen, die kausale Therapiephase der anti­infektiösen nichtchirurgischen Parodontitisbehandlung und im Anschluss ggf. die entsprechende korrektive Therapiephase mit Parodontal-Chirurgie. Danach erst erfolgt die kaufunktio­nelle Wiederherstellung und auch ästhetische Rehabilitation, unter Zuhilfenahme von implanto­logischen Versorgungen.

Wann sind Implantate bei parodontal beeinträchtigten Patienten indiziert?

Dr. Philip Leander Keeve: Implantate sind bei in Stagnation befindlicher Parodontitis und unter Reevaluation verschiede­ner Risikofaktoren durchaus indiziert und sogar empfohlen. Gerade wenn dadurch herausnehm­barer Zahnersatz vermieden werden kann, der bei parodontal kompromittierten Zähnen durch Überbelastung weitere Schäden hervorrufen könnte.

Worauf gilt es in der Nachsorge bei Implantaten im parodontal vorgeschädigten Gebiss zu achten?

Dr. Philip Leander Keeve: Die Führung des Patienten in einem individuell risikoorientierten Nachsorgekonzept – unterstüt­zende Parodontitistherapie, UPT – ist obligat. Durch Reevaluationen sollten die einzelnen Phasen abgegrenzt und mit differenzialtherapeutischen Ansätzen immer wieder erneut begutachtet wer­den. Ein stringentes synoptisches Behandlungskonzept hilft dabei, eine Vielzahl von Risikofakto­ren für spätere Komplikationen zu reduzieren. Auch bereits länger parodontal beeinträchtigte Patienten – unabhängig davon, in welchem Stadium der Parodontitistherapie sie sich bei der Vorstellung befinden – sollten immer eine aktuelle Diagnose erhalten und synoptisch behandelt werden. Langfristig entscheidend ist v. a. ein effektiver Recall mit dem Ziel stabiler parodontaler und periimplantärer Verhältnisse. 

Hier müssen die besonderen Herausforderungen bei der Nachsorge von Implantaten hinsichtlich der Kontrolle und Reinigung sowie der Anleitung und Motivation der Patienten zu einer optimalen individuellen Mundhygiene beachtet werden.

Wo sehen Sie Forschungsbedarf?

Der aktuelle Forschungsbereich richtet sich vornehmlich an die Behandlung periimplantärer Entzündungen, sodass auch zukünftig dem Thema Periimplantitis evidenzbasiert und vor allem mit Langzeitstudien entgegengewirkt werden kann. Zusätzlich wird derzeit bereits umgesetzt, dass sich die Studien an eine einheitliche Klassifikation halten, um repräsentative Daten etwa zur Prävalenzbestimmung zu erhalten.

Können Sie noch zusätzlich wichtige Punkte nennen?

Ein unterstützendes, risikoorientiertes und präventives Nachsorgeprogramm für alle Parodontitispatienten insbesondere mit implantologischer Versorgung ist obligat. Zahnärzte und Zahnärztinnen sollten ihre Implantatpatienten im Rahmen der Aufklärung über ein individuell erhöhtes Risiko informieren, wenn eine Parodontitis mit besonders hohem Progressionsgrad diagnostiziert wurde.

Dabei beeinflussen Mundhygiene, Resttaschen und die Aggressivität der Grunderkrankung den Implantaterfolg und das Auftreten biologischer Komplikationen.

Maßnahmen wie Raucherentwöhnung, Vermeidung von Residualentzündungen, die operative Wiederherstellung physiologischer Hart- und Weichgewebe und die Vermeidung prothetischer Hindernisse für eine effektive Mundhygiene durch den Patienten müssen im Rahmen der Therapieplanung Berücksichtigung finden. Dentale Implantate sind auch bei parodontal beeinträchtigten Patienten indiziert und oftmals hilfreich zum Erhalt der geschlossenen Zahnreihe und zur okklusalen Entlastung der restlichen Dentition. Eine langfristig erfolgreiche Umsetzung kann gelingen, wenn die grundlegenden biologischen und technischen Prinzipien Anwendung finden, die zu einer Risikominimierung beitragen.

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