Die Biologische Zahnmedizin stellt die individuellen Bedürfnisse der Patienten in den Fokus aller Maßnahmen. Der Terminus „Oraler Galvanismus“ beschreibt ein oft verkanntes dentales Phänomen, bei dem die Verwendung unterschiedlicher Metalle oder Legierungen im Mund elektrische Impulse erzeugen, ähnlich wie bei einer Batterie. Dr. Dr. Michael Rak sowie das Team um Norbert Wichnalek, Dentallabor Highfield. Design in Augsburg, haben einen durchdachten Ansatz entwickelt, um diesen Herausforderungen zu begegnen und ihren Patienten eine möglichst sanfte, komplett metallfreie Versorgung zu ermöglichen (Abb. 1).
Der Fall
Die 58-jährige Patientin war von uns bereits im Unterkiefer prothetisch versorgt worden und wünschte sich im Jahr 2019 die Rehabilitation ihres zahnlosen Oberkiefers und der mittlerweile insuffizienten Totalprothese. Der Knochen im Seitenzahnbereich war vertikal moderat atrophiert und wies eine ausreichende Knochenbreite auf (Abb. 2). Geplant war eine komplette Neuversorgung mit acht keramischen Implantaten (SDS) in regio 16, 15, 13, 11, 21, 23, 24 und 26.
Zusätzlich ein einzeitiger externer Sinuslift in regio 26 ausschließlich unter Verwendung mehrerer aPRF-Membranen und in regio 15 mit maxresorb (TCP). Die Osseointegration wurde jeweils mit einem Periotest-Gerät sowie mit einem Eindrehversuch bei 15 und 20 Ncm überprüft. Wenn sich das Implantat bei 20 Ncm nicht mehr drehen ließ, die Patientin keine Schmerzen aufwies und die Werte des Periotest-Gerätes zwischen 0 und -8 waren, haben wir die Implantate für sicher eingeheilt befunden. Das Implantat in regio 13 zeigte sich nicht optimal osseointegriert und musste nochmals gesetzt werden. Das Implantat in regio 26 osseointegrierte ebenfalls nicht auf Anhieb und wurde explantiert, die Alveole gereinigt und ein neues Implantat direkt sofortimplantiert. Aufgrund der generell sehr weichen knöchernen Verhältnisse und des dicken Gingiva-Typs, fiel die Wahl auf eine herausnehmbare Prothese. Das anschließend angefertigte Röntgenbild offenbarte stabile Verhältnisse (Abb. 3).
Herstellung der Oberkieferprothese
Zunächst wurden die Implantate wie natürliche Stümpfe für die Aufnahme der Prothese vorbereitet und klassisch abgeformt (Abb. 3-6). Im Labor wurde die Situation digitalisiert und mit dem dazugehörenden Biss und Gesichtsbogen einartikuliert (Abb. 7-9). Nun konnten die Primärteile im Backward-Planning-Verfahren konstruiert und aus Zirkonoxid gefräst werden (Abb. 10, 11). Für die Einprobe und .sthetiküberprüfung bereiteten wir einen Dummy vor, der mittels 3D-Druckverfahren hergestellt und an die Praxis geschickt wurde (Abb. 12, 13). Mit dem Dummy wurden Biss, Okklusion, Mittellinie und Ästhetik überprüft und an einigen Stellen angepasst. Anschließend wurde die neue Situation wieder zu uns ins Labor geschickt und die Erstellung der endgültigen Versorgung angegangen.
Konstruktion der finalen Restauration
Als erstes wurden eine Überabformung der Primärteile und das Meistermodell hergestellt (Abb. 13). Dieses wurde zusammen mit dem Dummy einartikuliert und eingescannt (Abb. 14, 15). Mittels Backward-Planning wurde in der Software (exocad) das Sekund.rgerüst in verkleinerter anatomischer Form erstellt und aus PEEK (Juvora) ausgefräst. Von basal ließen wir entsprechend Platz für die Aufnahme der Primärteile (Abb. 16, 17). Da die Prothesenzähne (Vita Physiodens) mit einem Silizium-Anteil von 14-16 % über eine extrem gut verdichtete Oberfläche verfügen, haben wir uns gegen eine Komposit-Verblendung entschieden. Nun wurden die Prothesenzähne auf das PEEK-Gerüst aufgeschliffen und ein Silikonvorwall hergestellt (Abb. 18). Anschließend konditionierten wir das PEEK-Gerüst mithilfe von Kaltplasma. Auf der Abbildung 19 ist rechts neben dem Plasma-Gerät links die unbehandelte Oberfläche zu sehen. In der Mitte die mit 110 μ angestrahlte und rechts die mit Plasma (Sauerstoff-Argon-Gemisch) angeätzte Oberfläche des PEEK-Gerüsts. Mithilfe des Vorwalls und Kaltpolimerisat (Vita CC/Vita Zahnfabrik) werden die Konfektionszähne mit dem konditionierten PEEK-Gerüst verbunden (Abb. 20). Jetzt macht sich der bessere plastoelastische Effekt bemerkbar. Eine reine Kompositverblendung ist sehr spröde, wohingegen die Kombination des PEEK-Gerüsts mit den Konfektionszähnen mittels Kaltpolimerisat ideale plastoelastische Verhältnisse aufweist. So vermeiden wir Sprünge und Abplatzungen.
TK1-Friktionsteile für mehr Komfort
Für uns hat es sich bewährt, die Sekund.rgerüste direkt mit TK1-Friktionsteilen zu planen (Abb. 21, 22). Diese Elemente sind entscheidend, um einen stabilen und dennoch lösbaren Halt zwischen der Prothese und der Restbezahnung sicherzustellen. Durch die sorgfältige Planung und Integration dieser TK1-Friktionselemente in die Prothetik wird ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Festigkeit und Retention geschaffen, was wiederum eine optimale Funktionalität und Komfort für den Patienten gewährleistet. Die Berücksichtigung und das Einbeziehen der TK1-Friktionselemente in den Prozess ermöglicht es uns, die passende Position und Ausrichtung dieser Elemente im Zahnersatz zu bestimmen, um so eine stabile und gleichzeitig lösbare Verbindung herzustellen. Dadurch wird die langfristige Funktionalität und Ästhetik der Zahnprothetik gewährleistet, was für den Komfort und das Wohlbefinden der Patienten von entscheidender Bedeutung ist. Bevor die Gingivaanteile ergänzt werden, überprüfen wir die Situation noch ein letztes Mal auf dem Meistermodell mit aufgesetzten Primärteilen auf exakte Passung (Abb. 23). Anschließend werden die gingivalen Anteile aus PMMA erstellt und im vestibulären Bereich um etwa 0,3-0,5 mm reduziert und ästhetisch individualisiert (Vita LC Gingivamassen/Vita Zahnfabrik). Nun werden Prothese und Primärteile nach dem Highfield-Konzept noch einmal Plasma-gereinigt, steril verpackt und an die Praxis gereicht (Abb. 24-31).
Einsetztermin in der Praxis
In der Praxis werden zunächst die Primärteile mithilfe des Schlüssels auf die Implantate aufgebracht, kontrolliert und anschließend die fertige Prothese inkorporiert (Abb. 32-34). Völlig harmonisch fügt sich das künstliche in seine natürliche Umgebung ein.
Autoren
Dr. med. Dr. med. dent. Michael Rak
- 2003-2008 Studium der Zahnmedizin an der Ruprechts-Karl-Universität Heidelberg mit Approbation als Zahnarzt
- 2008-2014 Studium der Humanmedizin an der LMU München mit Approbation als Arzt
- 2009-2012 Assistenzzeit in Praxis für MKG-Chirurgie München und in Zahnarztpraxis für Ganzheitliche Zahnmedizin München
- 2016 Curriculum der DEGUZ für Umweltzahnmedizin
- 2017 Übernahme und Eröffung der Praxis für biologische Zahnmedizin Dr. Michael Rak / Bernried am Starnberger See
- 2019 Spezialist für biologische Zahnheilkunde und Keramikimplantate
Arbnor Saraci
- 2014 Umzug von Italien nach Deutschland und
Praktikum im Dentallabor Wichnalek und Besuch der Military School von Zirkonzahn und Start der Ausbildung zum Zahntechniker - 2016 Gesellenprüfung und Besuch der Military
School Advance - 2017 Intensiv-Training im Internationalen Trainingscenter Novadent in Manila mit Referent Shoji Sasaki vom Osaka Ceramic Training Center
- 2018 Curriculum DEGUZ zum Umwelt-Zahntechniker und erster Platz beim Zirkonzahn Wettbewerb
- 2019 Gipfelstürmer des Zahngipfels mit Lukas
Wichnalek
Patrizia Strimb
- 2020 Ausbildung zur Zahntechnikerin zunächst bei Arnold Drachenberg, dann bei Norbert Wichnalek in Augsburg
- 2023 1. Platz beim Kuraray Noritake Award
2022/2023 und 2. Platz beim Vita Excellence Award 2023 - 2023 Gesellenprüfung, 1. Vortrag beim Kongress Pragai Geza I. Karpat-Medencei Kongress im ungarischen Szeged, 1. Platz beim Panthera Master Cup 2023