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Periimplantitis-Therapie in der ästhetischen Zone

Eine 56-jährige Patientin ohne Allgemeinerkrankungen stellte sich mit rezidivierenden Beschwerden regio 12 in unserem Zahnzentrum vor. Klinisch bestand eine erhöhte Sondierungstiefe mit Blutung am Implantat 12. Radiologisch zeigte sich ein periimplantärer Knochenabbau (Abb. 1). Eine erfolgreiche Therapie einer solchen Periimplantitis stellt Behandler unter enorme Herausforderungen. Insbesondere in der ästhetischen Zone ist die Erwartungshaltung des Patienten hoch. Anhand dieser Fallstudie soll unser Behandlungskonzept Schritt für Schritt erläutert werden.

Bisherige nichtchirurgische Therapieversuche zur Behandlung der Periimplantitis in regio 12 führten nicht zur gewünschten Linderung der Beschwerden (Abb. 2). Gemäß S3-Leitlinie zur „Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten“ von 2022 sollte insbesondere bei fortgeschrittenen Läsionen frühzeitig eine chirurgische Therapie erfolgen. Da die Suprakonstruktion des Implantates 12 konventionell zementiert wurde, erschien eine zerstörungsfreie Entfernung der Krone recht unwahrscheinlich (Es sei angemerkt, dass verschraubte Kronen in solchen Fällen es dem Chirurgen erlauben würden, bei gleichzeitigem Erhalt des funktionstüchtigen Zahnersatzes viel besser an den knöchernen Defekt zu gelangen.). 

Der Patientin wurden folgende Therapieoptionen mit allen Vor- und Nachteilen erläutert: 

  1. Entfernung des Implantates 12 und Neuversorgung mit einer Brücke von 11 auf 13, 
  2. Entfernung des Implantates 12, Neuimplantation und Neuversorgung mit einer Krone,
  3. Entfernung der Krone 12, Galvosurge-Reinigung des Implantates, Augmentation, Neuversorgung mit einer Krone,
  4. Erhalt der Krone, Galvosurge-Reinigung des Implantates (off label use), Augmentation.


Da die Therapieoptionen I-III mit einer herausnehmbaren Interimsversorgung sowie einer langwierigen Behandlungsdauer einhergegangen wären, entschied sich die Patientin für Variante IV. Im Gegensatz dazu hätten wir die Therapievariante III bevorzugt. Ziel der Periimplantitis-Therapie ist es die klinische Infektion dauerhaft zu eliminieren, die Sondierungstiefe zu reduzieren und das ursprüngliche Knochenniveau wiederherzustellen. Gleichzeitig soll das Weichgewebe unter ästhetischen und funktionellen Aspekten erhalten bleiben.

Therapie

Eine Stunde präoperativ wurden 3 x 1.000 mg Amoxicillin oral verabreicht. Nach Infiltrationsanästhesie erfolgte mit einer Mikro-Skalpellklinge eine intrasulkuläre Inzision regio 13 bis 11 mit vertikaler Entlastung am distalen Line angle des Zahnes 13. Nach Bildung des Mukoperiostlappens (Abb. 3) wurde das Granulationsgewebe unter Zuhilfenahme von Titan Küretten vollständig entfernt (Abb. 4) . Das Ausmaß des periimplantären Knochendefektes war nun erkennbar. Der Alveolarknochen war distal des Zahnes 11 noch erhalten. Mesial des Zahnes 13 kam es zu einem knöchernen Attachmentverlust, infolgedessen die Papille später möglicherweise ungenügend gestützt sein könnte. Eine solche Papillenrezession kann in einem unästhetischen „dunklem Dreieck“ enden – dies gilt es unbedingt zu vermeiden. Eine knöcherne Augmentation der rauen Implantatoberfläche, welche sich außerhalb der knöchernen Kontur des Alveolarfortsatzes befindet, ist oftmals nicht vorhersehbar. Aus diesem Grund werden die suprakrestalen freiliegenden Gewindeanteile des Implantates 12 im Sinne einer Implantoplastik mit Arkansas Stein, Browny und Greeny schrittweise geglättet (Abb. 5) [1,2]. Die Implantoplastik hat den Vorteil, dass bei einem erneuten Auftreten eines periimplantären Knochenrückgangs sich der Biofilm auf der nun geglätteten Implantatoberfläche bildet. Eine Entfernung des Biofilms von glatten Oberflächen ist deutlich einfacher als von rauen – insbesondere bei einem späteren nichtchirurgischen Vorgehen wie etwa mittels Airflow.

Nach der Implantoplastik erfolgte eine Dekontamination der Implantatoberfläche für zwei Minuten unter Anwendung des Galvosurge-Reinigungssystems (Straumann) (Abb. 6). Dieses Verfahren entfernt den Biofilm schnell und vorhersehbar und hinterlässt sogar eine sterile Implantatoberfläche [3]. Es ist anzumerken, dass es sich aufgrund der in situ belassenen Suprakonstruktion (nach Aufklärung auf Wunsch der Patientin) um ein off label use handelt. Im Anwendungsprotokoll des Herstellers soll das Abutment aus dem Implantat entfernt werden.

Bei der chirurgischen Periimplantitis-Therapie sollten rekonstruktive gegenüber nicht rekonstruktiven Verfahren bevorzugt werden. Allerdings unterliegen rekonstruktive chirurgische Verfahren einer strengen Indikationsstellung und sollten auf intraossäre Defekte begrenzt werden [4]. Zur Augmentation des Defektes im Sinne einer guided bone regeneration (GBR) wurde eine Mischung aus autologen Knochenspänen und deproteinisiertem bovinen Knochenmaterial (Bio-Oss, Geistlich) (Abb. 6, 7) im Verhältnis von eins zu eins verwendet. Der autologe Knochen wird aus der apikalen OP-Region mit einem Mikro-Knochenschaber gewonnen. Das Knochengemisch wurde zusätzlich mit Eigenblutprodukten (PRGF Endoret, BTI) stabilisiert und mit einer Kollagenmembran sowie einer PRGFMembran abgedeckt (Abb. 9-12). Bei kombinierten intra- und extraalveolären Knochendefekten ist eine Kombination von rekonstruktiven chirurgischen Verfahren mit der Implantatplastik von Vorteil, denn klinische Studien dokumentierten eine hohe Effektivität über einen Nachuntersuchungszeitraum von sieben Jahren [5,6].

Um möglichen Weichgewebsrezessionen entgegenzuwirken, ist der Einsatz eines Bindegewebstransplantates von Vorteil [7]. Dieses wird am Gaumen entnommen, bukkal des Implantates 12 positioniert und mit resorbierbarem Nahtmaterial fixiert. Nach umfangreicher Periostschlitzung wurde der Wundbereich mit 6.0 Nähten spannungsfrei verschlossen und ein postoperatives Röntgenbild angefertigt (Abb. 13-16).

Nach 14 Tagen Heilungszeit erfolgte die Nahtentfernung. Hierbei zeigte sich eine Dehiszenz im Bereich der mesialen und distalen Papille vermutlich aufgrund der recht dünnen interproximalen Lappenränder (Abb. 17). Die Patientin wurde zur Anwendung lokal-antiseptischer Maßnahmen (CHX-Spüllösung und Gel) instruiert. Im halbjährlichen Recall war die Patientin beschwerdefrei (Abb. 18). Die Sondierungstiefe am Implantat 12 betrug mesial und distal maximal 2 mm ohne BOP (Abb. 19). Die Papillen haben sich regeneriert, was möglicherweise auf ein creeping attachment in Folge der Anwendung eines Bindegewebstransplantates zurückzuführen ist [8]. Im Kontrollröntgenbild stellt sich ein stabiler Zustand des augmentierten Knochens dar (Abb. 20).

Zusammenfassung

Der dargestellte Fall demonstriert eine erfolgreiche Periimplantitis-Therapie in der ästhetischen Zone durch die Kombination aus Implantoplastik und Galvosurge-Reinigung mit Hart- und Weichgewebsaugmentation durch die Anwendung der guided bone regeneration und eines Bindegewebstransplantates.

Autoren

Philipp Olschowsky

Dr. med. dent. Philipp Olschowsky

  • 2010-2015 Studium der Zahnmedizin mit Staatsexamen, Friedrich-Schiller-Universität Jena
  • 2016-2020 Weiterbildungsassistent für Oralchirurgie an drei Standorten, Abt. für MKG-Chirurgie und plast. Operationen, Leitung von Priv.-Doz. Dr. Piesold, Erfurt; in der Praxisklinik Dr. Bönsel, Grebenstein, und in der P raxis Zahnengel, Dr. W. Olschowsky, Hörselberg Hainich OT Behringen
  • 02/2020-06/2021 Angestellt. Zahnarzt in der Praxis Zahnengel, Leitung Dr. W. Olschowsky
  • Seit 07/2020 Fachzahnarzt für Oralchirurgie
  • Seit 07/2021 Gründung der Berufsausübungsgemeinschaft mit Dr. Wolfram Olschowksy
  • Seit 09/2021 Einzug in den Neubau „Zahnzentrum Zahnengel“ in Bad Langensalza
  • Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie (DGI)
  • Verschiedene Referententätigkeiten, u .a. Condent seit 2019, Geistlich und B TI seit 2021
Wolfram Olschowsky

Dr. med. dent. Wolfram Olschowsky

  • 1980-1983 Zahntechnikerausbildung
  • 1987-1992 Studium der Zahnmedizin an den Universitäten Jena u. Erfurt
  • 1994 Promotion an der Universität zu Jena
  • 1996-1998 Curriculare Hypnoseausbildung bei
    der DGfZH
  • Seit 1993 CBW-Dozent
  • Seit 1994 N iederlassung in eigener Praxis
  • 1998-2010 Tätigkeiten als Fortbildungsreferent (LZÄK Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Firmen: 3M Espe, Camlog, Nobel Biocare, Heraeus Kulzer, Straumann, Coltene)
  • 2003 Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie
  • 2006 Tätigkeitsschwerpunkt Implantologie
  • 2006 Curriculare NLP-Ausbildung mit Masterabschluss 2011

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