Retrospektive Studie mit 5-Jahres-Follow up
In den Anfängen der Implantologie wurden Zeiträume für die Einheilung bis zur prothetischen Versorgung festgelegt [1-5]. Später wurde festgestellt, dass eine Sofortbelastung des eingesetzten Implantats vorteilhaft sein kann, sofern Mikrobewegungen von 50-150 μm nicht überschritten werden [6-8] und eine gute Primärstabilität erreicht wird [9-11]. Heute ist die Sofortbelastung ein zunehmend verbreitetes Protokoll [12].
Die Sofortbelastung weist ähnliche Erfolgsquoten auf wie konventionelle Belastungsprotokolle (98,2 % bei Sofortbelastung vs. 99,6 % bei konventioneller Belastung) [13-15].
Schmale und kurze Implantate sollten in komplexeren Fällen und bei größerer Atrophie verwendet werden, wurden aber für die Sofortbelastung als ungeeignet angesehen [16]. Die zunehmende Verwendung von kurzen und extrakurzen Implantaten hat dazu geführt, dass sie immer öfter in Protokolle zur Sofortbelastung integriert wurden.
Studien zur Sofortbelastung von kurzen und extrakurzen Implantaten zeigen Knochenverluste und Überlebensraten, die mit denen von Implantaten „konventioneller Länge“ vergleichbar sind [15-21].
Bei Atrophien werden neben kurzen/extrakurzen Implantaten auch Implantate mit reduziertem Durchmesser notwendig, um regenerative Techniken zu vermeiden. Systematische Übersichten, in denen das Überleben von Implantaten mit kleinem Durchmesser (< 3 mm) untersucht wurde, ergaben eine Überlebensrate von mehr als 90 % bei einer Nachbeobachtungszeit von 1-3 Jahren, mit einer höheren Überlebensrate (93,8 %) für Implantate mit 3-3,25 mm Durchmesser (Follow up von 1-5 Jahren) [21-26].
In einer 2018 veröffentlichten Übersichtsarbeit wird gezeigt, dass Implantate mit einer Länge von < 7 mm und < 3,5 mm Durchmesser eine ähnliche Überlebensrate haben wie Implantate mit konventioneller Länge und einem Knochenverlust von 0,5 mm nach drei Jahren [26]. In der vorliegenden Studie wurden über fünf Jahre retrospektiv 5,5 mm lange, sofortbelastete Implantate mit reduziertem Durchmesser (3-3,5 mm) analysiert.
Material und Methode
Die Patienten wurden von 01/2018-12/2018 konsekutiv rekrutiert und retrospektiv in einem privaten klinischen Zentrum (Vitoria, Spanien) behandelt. Der Nachbeobachtungszeitraum betrug mindestens fünf Jahre. Eingeschlossen wurden Studienteilnehmende bei einem Alter über 18 Jahren ohne chronische Erkrankungen und Chemo- oder Strahlentherapie.
Bei den Patienten musste eine gemischte Ober- und Unterkieferatrophie vorliegen, bei der die Insertion von extrakurzen 5,5-mm-Implantaten mit Durchmessern zwischen 3-3,5 mm (schmale Plattform) erforderlich ist.
Die Implantate sollten sofort belastet werden. Die antibiotische Prämedikation bestand einheitlich aus Amoxicillin 2 g/oral (1h präoperativ) und Paracetamol 1 g/oral. Die Patienten wurden postoperativ mit 500-750 mg Amoxicillin/8h/5d oral behandelt.
Alle Patienten wurden präoperativ anhand von Diagnosemodellen, einer intraoralen Untersuchung und einem zahnärztlichen DVT untersucht, das anschließend analysiert wurde (BTI Scan III Software). Alle Implantate wurden von demselben Chirurgen inseriert. Die anschließende Versorgung wurde von zwei Zahnärzten durchgeführt. Die chirurgische Technik war einheitlich: Anästhesie, Hebung eines Mukoperiostlappens, biologisches Bohren der Alveole mit niedriger Umdrehung (50 U/min.) [27,28].
Das Implantat wurde mit dem auf 25 Ncm voreingestellten chirurgischen Motor inseriert und das Einsetzen mit der manuellen Ratsche abgeschlossen, um das exakte Einsetzdrehmoment zu bestimmen. Direkt nach Insertion wurden transepitheliale Multi-Unit-Abutments und innerhalb von 48 Stunden eine verschraubte Sofortversorgung eingesetzt.
Der marginale Knochenverlust wurde auf der letzten periapikalen Röntgenaufnahme mit einem Follow up-Positionierer und einer Software (Digora für Windows, Soredex Digital Imaging Systems) gemessen. Der krestale Knochenverlust wurde mesial und distal an jedem Implantat gemessen.
Zwei unabhängige Statistiker werteten die Daten aus. Die Normalverteilung der Daten wurde mit dem Shapiro- Wilk-Test analysiert, zum Vergleich der qualitativen Variablen wurde ein Chi-Quadrat-Test (χ2-Test) durchgeführt. Alle Analysen erfolgten mit SPSS v15.0 (SPSS Inc. Chicago, Il, USA), das Signifikanzniveau wurde auf 5 % (p < 0,05) festgelegt.
Ergebnisse
Bei acht Patienten wurden 25 Implantate eingesetzt (48 % UK/52 % OK). Alle Implantate wiesen eine Länge von 5,5 mm auf, sie hatten Durchmesser von 3 mm (36 %), / 3,3 mm (24 %) und 3,5 mm (40 %) (Implantatpositionen siehe Abb. 2).
Zu 40 % wurden sie im Knochentyp III mit einer mittleren Dichte von 600 Hu (± 277,2) inseriert (Abb. 3). Das durchschnittliche Insertionsdrehmoment betrug 28,8 Ncm (± 16,2).
Alle Implantate wurden sofort mit Abutments für mehrgliedrige Versorgungen versorgt. Die sofort belasteten, verblockten LZP wurden aus Kunststoff mit einer Metallarmierung, die endgültigen Versorgungen aus Metallkeramik hergestellt.
In 40 % der Fälle wurden die Implantate mit anderen extrakurzen Implantaten (4,5/5,5/6,5 mm) und in den übrigen 60 % mit Implantaten mit „konventioneller“ Länge (8,5 mm) verblockt. Das durchschnittliche Kronen-Implantat-Verhältnis betrug 2,86 (± 0,56), 40 % der Implantate wiesen einen Wert von 3 auf.
Die Überlebensrate der untersuchten Implantate nach der Belastung (Durchschnitt 65 Monate (± 3,2)) lag bei 100 %. Bei den Versorgungen traten vier Komplikationen auf (provisorische Phase: 3 Schraubenlockerungen, 1 kleine Keramikfraktur). Der mittlere mesiale Knochenverlust nach fünf Jahren Belastung betrug 0,66 mm (± 0,51), der mittlere distale Knochenverlust 0,59 mm (± 0,56). Einer der in die Studie einbezogenen Fälle ist in den Abbildungen 3-15 dargestellt.
Diskussion und Fazit
Es stehen u.a. kurze, extrakurze und ultrakurze Implantate sowie Implantate mit reduziertem Durchmesser und Plattformen [29,30] zur Verfügung. Kurze und extrakurze Implantate sind mit Langzeitüberlebensraten von über 98 % [30-36] eine sichere Alternative zu komplexeren Augmentationen. Wenn diese Implantate sofort belastet werden, sinken die Überlebensraten in einigen Studien auf 87-96,6 % [32-36].
Bei schmalen Implantaten liegt die Überlebensrate zwischen 90-94 %. Wird die Überlebensrate jedoch von den Expansions- und/oder Regenerationstechniken getrennt, ist sie höher und erreicht in einigen Studien 100 % [36-40].
In der Literatur gibt es keine spezifischen Hinweise auf Kohorten von extrakurzen 5,5-mm-Implantaten mit reduziertem Durchmesser (3-3,5 mm und schmaler Plattform). Diese minimalinvasiven Eingriffe bieten eine Reihe von Vorteilen sowohl für den Patienten (geringere Morbidität, weniger chirurgische Eingriffe, bessere postoperative Erholung) als auch für die Chirurgen (geringere Kosten, weniger Zeitaufwand, Vereinfachung der chirurgischen Technik) [41,42].
In dieser Fallserie erzielten wir eine Überlebensrate von 100 %, was mit den international veröffentlichten Ergebnissen von 94-100 % übereinstimmt. Der mittlere mesiale und distale Knochenverlust war trotz Sofortbelastung ähnlich wie der in anderen Studien [43-45].
5,5 mm lange Implantate mit kleinem Durchmesser sind eine gute Option als Brückenpfeiler, um einen regenerativen chirurgischen Eingriff vor bzw. bei der Implantation zu vermeiden und Fälle mit einer mittelschweren bis schweren Knochenatrophie einfach und vorhersagbar zu rehabilitieren. Es sind jedoch Studien mit größeren Fallzahlen und längerer Nachbeobachtungszeit erforderlich, um das Verhalten dieser Implantate genauer zu beurteilen.
Dr. med. dent. Kianusch Yazdani
- Privatpraxis in Vitoria, Spanien, Tätigkeitsschwer- punkt Implantologie und orale Rehabilitation
- Wissenschaftl. Direktor von „BTI Biotechnology Institute“
- Leiter des Fortbildungsprogramms „On-going formation in implantology & oral surgery“
- Fortbildungszentren in Vitoria, Madrid, Lissabon und Mexico D.F.
- Forschung u.a. im Bereich körpereigener Wachstumsfaktoren (PRGF) und Implantologie
- Zahlreiche nationale und internationale Publika- tionen, Fachbuchautor und Co-Autor
- Gast-Professur an den Universitäten von Valencia, Barcelona, Madrid und Oviedo
eduardo@fundacioneduardoanitua.org
www.biotechnologyinstitute.com/de