Das zentrale Ziel im Rahmen implantatprothischer Rehabilitationen im ästhetisch sichtbaren Frontzahnbereich ist eine physiologische „Rot-weiße Ästhetik“. Zur Beurteilung der Ästhetik werden u. a. verschiedene ScoringSysteme, wie der Pink Esthetic Score (PES) oder der White Esthetic Score (WES) eingesetzt. Ein entscheidender Parameter, der nicht durch die zahntechnische Leistung bei der Herstellung einer Restauration zu beeinflussen ist, ist der Zustand des Weichgewebes, wie die vorliegende Literaturauswahl zeigt.
Alle Studien handeln von Verfahren u. a. zur Konditionierung, Volumenvergrößerung, Dimensionsstabilität und Färbung des periimplantären Weichgewebes. Diese Parameter müssen insbesondere bei der Einzelimplantatversorgung stets dem kritischen Vergleich im kontralateralen Quadranten standhalten. Daher liegt ein großer Fokus der Studienauswahl auf Verfahren, die eine unphysiologische Verfärbung des periimplantären Weichgewebes verhindern können. Dabei sind offensichtlich die Wahl des Implantat- und Abutmentmaterials sowie verschiedene Verfahren zur Volumenvergrößerung des periimplantären Weichgewebes entscheidend für das ästhetische Endergebnis.
Da Titan (Ti) aufgrund seiner grauen Einfärbung hinsichtlich der Ästhetik kritisch einzustufen ist, bestehen Bestrebungen, Ti-Abutments rosa zu färben oder auf Abutments aus zahnfarbenen Materialien, wie z. B. Zirkonoxid (ZrO₂), umzusteigen. Verschiedene RCT und systematische Reviews konnten zeigen, dass sowohl rosa eingefärbte Ti- als auch ZrO₂-Abutments den konventionellen Ti-Abutments aufgrund des signifikant besseren PES ästhetisch überlegen sind [Vazouras, et al., 2022]. Dabei führten Abutments aus ZrO₂ zu den höchsten PES-Werten, wodurch sie auch den eingefärbten Ti-Abutments gegenüber in ästhetischer Hinsicht überlegen waren. Die Überlegenheit von ZrO₂-Abutments wird dabei durch weitere RCT [Agarwal, et al., 2025] und systematische Übersichtsarbeiten [Cai, et al., 2018] bestätigt. Allerdings zeigen andere systematische Arbeiten, dass es keine Unterschiede bei der Weichgewebsverfärbung zwischen Ti- und ZrO₂-Abutments gibt [de Moura Costa, et al., 2021] oder dass die Verfärbung des Weichgewebes signifikant durch die Dicke des Weichgewebes (> 3,0 mm) und unabhängig vom jeweiligen Material beeinflusst wird [Halim, et al., 2022]. Da Abutments nicht nur die Färbung, sondern auch die Formgebung des Emergenzprofils beeinflussen, beschäftigt sich eine ganze Reihe von Studien auch mit dem Einsatz von individuellen Abutments versus Standardabutments. So führten individuell hergestellte Abutments in einigen Untersuchungen zu einem besseren PES [El-Danasory, et al., 2025], besseren Ergebnissen beim PES und der Patientenzufriedenheit [Elgendi, et al., 2025], einem besseren Erhalt des Hart- und Weichgewebes und einer besseren Ästhetik [Ruhstorfer, et al., 2024, Wang, et al., 2021].
In einer anderen Publikation führten individuell hergestellte Abutments weder zu einem besseren PES noch zu besseren Sondierungstiefen sowie Plaque- und Blutungsindizes, der Zunahme der Breite der keratinisierten Gingiva, dem krestalen Knochenniveau, der Anlagerung von Zahnstein, der Implantatüberlebens- und -erfolgsraten, des WES und der von Patienten berichteten Ergebnisse [Raee, et al., 2021]. Weitere Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Einfluss einer Sofortimplantation auf den Volumenerhalt der Hart- und Weichgewebe des Alveolarfortsatzes. So führten sowohl eine Sofort-, als auch eine Frühimplantation zu „exzellenten“ klinischen Ergebnissen beim PES und einem guten krestalen Knochenerhalt. Allerdings führte die Sofortimplantation zu einem (grenzwertig) signifikant höheren vertikalen Weichgewebsverlust [Puisys, et al., 2022]. Andere Publikationen untersuchten eine Sofortimplantation in Kombination mit verschiedenen Verfahren zur Augmentation des Hart- und Weichgewebes. So führte eine 3D-geführte Sofortimplantation mit einer 1:1-Mischung aus autologem und xenogenem Knochen zu einem statistisch signifikant höheren medianen PES als ohne Knochenaugmentation [El Ebiary, et al., 2023].
Die Kombination einer Sofortimplantation mit einer Weichgewebsaugmentation mittels Bindegewebstransplantaten (CTG) im Vergleich zu anderen Materialien ist ebenfalls im Fokus verschiedener Untersuchungen. CTG führen dabei offensichtlich im Vergleich zur Versorgung mit individuellen Einheilabutments oder einer Augmentation mit Knochersatzmaterial (KEM) zu einem signifikant besseren Volumenzugewinn und einem signifikant geringeren Volumenverlust im Weichgewebe [Fettouh, et al., 2024]. Wurde bei einer Sofortimplantation CTG verwendet, konnten im Vergleich zum Verzicht auf eine Weichgewebsaugmentation mit CTG bessere Ergebnisse im vertikalen Weichgewebserhalt, jedoch keine Unterschiede im PES beobachtet werden [Seyssens, et al., 2021]. Im Vergleich zwischen dem Einsatz einer xenogenen azellulären dermalen Matrix (ADM) und einem CTG konnten in weiteren Untersuchungen keine Unterschiede im PES festgestellt [Happe, et al., 2022, Puisys, et al., 2022], was die Autoren des RCT von Happe et al. zu einer Empfehlung für ADM veranlasste, da diese zu einer geringeren Spendermorbidität führt. Diese wurde auch von den Autoren eines systematischen Reviews bestätigt [Durante-Lacambra, et al., 2024]. Auch im Vergleich zum Einsatz mit einer Kollagenmatrix (XCM) konnten keine Unterschiede im PES festgestellt werden. Allerdings führte die Weichgewebsaugmentation mit CTG zu einem besseren krestalen Knochenerhalt [Surdiacourt, et al., 2025].
In einem systematischen Review konnten ebenfalls geringere krestale Knochenverluste beim Einsatz von CTG im Vergleich zu ADM und XCM beobachtet werden [Aldhohrah, et al., 2022]. Allerdings konnten die Autoren der Übersichtsarbeit aufgrund der eingeschränkten Evidenz keine Empfehlung für eines dieser Materialien aussprechen. In anderen systematischen Untersuchungen konnten hingegen keine knochenerhaltende Auswirkungen eines CTG und auch kein signifikanter Einfluss auf den PES beobachtet werden [Durante-Lacambra, et al., 2024]. Im Vergleich zu XCM und Wachstumskonzentraten (CGF) konnten mittels CTG ein besserer Volumengewinn und eine geringere Rezessionsneigung ermittelt werden [Lu, et al., 2025]. Allerdings führte der Einsatz von CGF in dieser Untersuchung zu einem besseren krestalen Knochenerhalt als CTG. Anhand der Literaturauswahl wird deutlich, dass es nicht nur eine Lösung gibt, die zu einem Weichgewebserhalt und einer vorhersehbaren Ästhetik führt.
