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Hyaluronsäure in der oralen Regeneration

Hyaluronsäure (HA) gehört zur Familie der Glukosaminoglykane und ist ein wesentlicher Bestandteil extrazellulären Matrix und der Gelenkflüssigkeit. Aufgrund ihrer günstigen chemischen Eigenschaften wird die HA in zahlreichen medizinischen Sparten angewendet. Auch in der Zahnmedizin finden HA und ihre Derivate eine breite Anwendung, wie anhand der vorliegenden Literaturauswahl erkennbar ist.

Rekonstruktion von Interdentalpapillen:

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von HA bei der Rekonstruktion von Interdentalpapillen sind nicht eindeutig. Einerseits wird während der ersten sechs Monate nach HA-Injektionen von signifikanten Volumengewinnen im Vergleich zu Plazebo-Therapien (Injektion von Kochsalzlösung) berichtet [Abdelraouf, et al., 2019, Ficho, et al., 2020], andererseits konnten in anderen randomisierten Untersuchungen keine signifikanten Effekte festgestellt werden [Bertl, et al., 2017]. Die unklare Studienlage könnte den Aussagen eines systematischen Reviews zufolge auf die eingeschränkte Studienqualität und dem damit verbundenen Bias-Risiko zurückgeführt werden [Ficho, et al., 2020].

Parodontitistherapie:

In Kombination mit Scaling und Root Planing (SRP) führt der Einsatz von 0,8 %-igem HA-Gel Wochen nach einer Therapie zu signifikant besseren klinischen Ergebnissen, wiedergegeben durch die Parameter Plaqueindex (PI), Gingivaindex (GI), Papillenblutungsindex (PBI), parodontale Sondierungstiefe (PPD) und klinischer Attachmentverlust (CAL) im Vergleich zur SRP als alleiniger Maßnahme [Al-Shammari, et al., 2018].

Auch die Expression von humanem Beta-Defensin-2 (hBD-2) als protektiv wirksamem Bestandteil der gingivalen Krevikularflüssigkeit war nach Einsatz von HA signifikant erhöht. Ebenso beim Einsatz von HA-Gel im Rahmen offener Kürettagen im Bereich parodontaler Knochendefekte, dort konnte eine signifikante Verbesserung klinischer (PI, GI, CAL) und radiologischer Parameter (Knochendefektauffüllung) im Vergleich zur alleinigen parodontal-chirurgischen Intervention beobachtet werden [Mamajiwala, et al., 2021]. Im Vergleich zu Schmelzmatrix-Proteinen führte HA beim Einsatz in der Parodontalchirurgie tiefer intraossärer Defekte ebenfalls zu einer signifikanten Verbesserung aller klinischen Parameter gegenüber der Ausgangssituation [Pilloni, et al., 2021].

Der klinische Zusatznutzen der Anwendung von HA in der nicht-chirurgischen und chirurgischen Parodontitistherapie wird durch die Ergebnisse einer systematischen Übersichtsarbeit gestützt [Eliezer, et al., 2019]. Allerdings konnte auch hier aufgrund der hohen Studienheterogenität ein Verzerrungsrisiko nicht ausgeschlossen werden.

Weichgewebschirurgie/Wundheilung:

Die HA-Gabe führt zu einer signifikant verbesserten Vaskularisierung von freien Schleimhauttransplantaten im Vergleich zur Transplantation ohne HA-Einsatz. Diese hat einen signifikanten Einfluss auf eine reduzierte Schrumpfungstendenz des Transplantats, insbesondere in vertikaler Richtung [Çankaya, et al., 2020]. In Bezug auf Effekte in der Spenderregion nach Entnahme freier Schleimhautransplantate konnte bei Zugabe von HA eine Beschleunigung der Wundheilung sowie eine signifikante Reduktion postoperativer Schmerzen beobachtet werden [Yıldırım, et al., 2018]. Auch bei der Behandlung lokaler oraler Ulzerationen führte die Gabe von HA zu einer signifikanten Verkürzung der Heilungsdauer [Casale, et al., 2017, Casale, et al., 2016]. Bei Deckung von Rezessionen der Miller-Klasse I mittels koronalem Verschiebelappen konnte nach einer 18-monatigen Beobachtungsphase eine signifikante Reduktion der Rezessionstiefe nach Gabe von HA beobachtet werden [Pilloni, et al., 2019].

Augmentationen:

Bei der Sinusbodenaugmentation mit HA und xenogenem Knochen wurde nach vier Monaten mittels Mikro-CT eine signifikant höhere Knochenneubildung ermittelt als bei alleiniger xenogener Augmentation [Dogan, et al., 2017]. Im Gegensatz dazu war bei Sinusbodenaugmentation mit HA und Trikalziumphosphat im Vergleich zu alleiniger Gabe von Trikalziumphosphat oder bovinem Knochen mittels histomorphometrischer Analysen kein Unterschied in der Knochenneubildungsrate erkennbar [Velasco-Ortega, et al., 2021].

Ridge Preservation:

Auch beim Einsatz im Zusammenhang mit einer Ridge Preservation führte HA zu einer beschleunigten Knochenregeneration nach 30 Tagen post- OP im Vergleich zu unbehandelten Extraktionsalveolen [Alcântara, et al., 2018]. Allerdings waren nach 90 Tagen in Bezug auf die Knochenneubildung und den Erhalt des Alveolarkammvolumens keine Unterschiede mehr erkennbar.

Implantatbeschichtungen:

Im Vergleich zu säuregeätzten Implantatoberflächen konnten nach HA-Beschichtung mit bis zu 36 Monaten unter Belastung gleichwertige Ergebnisse bei Implantat-Erfolgsparametern ermittelt werden. Das spricht für den standardmäßigen klinischen Einsatz von Implantaten mit HA-Oberflächen [Lupi, et al., 2019].

Periimplantitis:

Bei der Periimplantitistherapie führte der Einsatz von HA nach 90 Tagen zu einer signifikanten PPD-Reduktion sowie zu einer Reduktion von Entzündungsparametern (IL- 1 Beta) in der Krevikularflüssigkeit [Sánchez-Fernández, et al., 2021].

CMD:

Minimalinvasive Verfahren mittels intraartikulärer Injektionen (IAI) mit HA scheinen neben PRP oder Kortikosteroiden zu einer signifikanten Schmerzreduktion und Verbesserung der Mundöffnung zu führen [Al-Moraissi, et al., 2020]. In anderen Untersuchungen konnten hingegen mittels HA-IAI im Vergleich zum Plazebo keine Unterschiede in der Mundöffnung beobachtet werden [Ozdamar, et al., 2017].

Weisheitszahnextraktion:

Nach der chirurgischen Entfernung dritter Molaren scheint eine Kombination aus L-PRF und HA zu einer Minimierung des postoperativen Ödems zu führen, wie zwei RCT zeigen konnten [Afat, et al., 2019, Afat, et al., 2018]. Ein positiver Einfluss in Bezug auf den Parameter Kieferklemme war im Vergleich zu anderen Versorgungsmethoden post-OP nicht erkennbar, was durch die Ergebnisse eines systematischen Reviews bestätigt wird [Maria de Souza, et al., 2020].

Mundspüllösungen:

Im Vergleich zu CHX konnte in zwei RCT kein signifikanter Unterschied in der Reduktion von Gingivitis und/oder Plaque [Abdulkareem, et al., 2020, Genovesi, et al., 2017] sowie weiteren klinischen Parametern [Tadakamadla, et al., 2020] bei Verwendung von Spüllösungen aus HA ermittelt werden. Im Zusammenhang mit der gedeckten Einheilung von Implantaten führten HA-Spülungen zu einer signifikant geringeren Inzidenz postoperativer Schwellungen [Genovesi, et al., 2017].

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).