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Vertikale Augmentationstechniken

Für die vertikale Augmentation im Ober- und Unterkiefer stehen im Rahmen implantatprothetischer Behandlungen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Eine weit verbreitete Option zur Augmentation des atrophierten Alveolarfortsatzes ist die gesteuerte Knochenregeneration (GBR). Erkenntnissen einer systematischen Übersichtsarbeit zufolge soll die GBR im Vergleich zu anderen vertikalen Augmentationstechniken wie der alveolären Distraktionsosteogenese (ADO) oder der Auflagerungsosteoplastik zu deutlich geringeren Resorptions- und Komplikationsraten führen [Elnayef, et al., 2017].

Neben Kollagenmembranen stehen u. a. Membranen aus titanverstärktem Polytetrafluoroethylen (PTFE) oder Titannetze (Ti-Mesh) zur Verfügung. Bei Augmentationen mittels Ti-Mesh und einer Mischung aus autologem und allogenem Knochen bzw. allogenem Knochen als einzigem Augmentationsmaterial wurden in verschiedenen Kohortenstudien und Fallserien mittlere Höhengewinne von 3,6 mm [De Santis, et al., 2021] bzw. 2,86 mm [Hofferber, et al., 2020] erzielt.

Bei Augmentationen mittels titanverstärkter Membranen aus PTFE konnten mittlere Höhenzunahmen von 5,88 mm mit allogenem Knochen [Di Carlo, et al., 2021] und bei einer GBR mittels einer 1:1-Mischung aus autologem und xenogenem Knochen von 4,2 mm [Windisch, et al., 2021] beobachtet werden.

Im Vergleich schnitten beide Methoden in Bezug auf die Knochenneubildung gleich gut ab, wie in einer histologischen/histomorphometrischen RCT festgestellt werden konnte [Cucchi, et al., 2019]. In einer weiteren RCT konnten in Bezug auf den Knochenzugewinn und die Implantatstabilität keine signifikanten Unterschiede ermittelt werden [Cucchi, et al., 2017].

Auch wurden keine Unterschiede bei den Komplikationsraten während der chirurgischen Intervention und der Einheilphase beobachtet. Die Exposition der Ti-Meshes und der PTFE-Membranen war eine häufig beobachtete Komplikation. In den meisten Fällen hatte die Gerüst- bzw. Membranexposition keinen negativen Einfluss auf den Therapieerfolg, allerdings war der Zugewinn an Knochenhöhe signifikant geringer ausgeprägt als bei einem ungestörten Heilungsverlauf [Chiapasco, et al., 2021, Hofferber, et al., 2020, Ji, et al., 2021].

In einer kontrollierten klinischen Studie im Split Mouth-Design konnte lediglich eine akzidentielle Exposition bei Ti-Meshes festgestellt werden, die zu einer Beeinträchtigung der Knochenneubildung führte [Maiorana, et al., 2021]. Um eine frühzeitige Exposition zu verhindern, wird die „Poncho-Technik“ für die Abdeckung des augmentierten Bereichs empfohlen [De Santis, et al., 2021]. Polymermembranen scheinen ebenfalls zu einem signifikanten Höhengewinn beizutragen, welcher in einer Übersichtsarbeit mit einem mittleren Zugewinn von 3,95 mm angegeben wurde [Toledano-Osorio, et al., 2021].

Allerdings war auch hier die Membranexposition die am häufigsten beobachtete Komplikation. Die ADO wurde in einem systematischen Review als eine Augmentationstechnik mit großem Potenzial bezeichnet, welche zu ähnlich hohen Erfolgs- und Überlebensraten der im

Augmentat inserierten Implantate im Vergleich zu Implantaten führte, welche im ortsständigen Knochen inseriert wurden [Pérez-Sayáns, et al., 2018]. Auch im Vergleich zur Augmentation mit autologem Knochen scheint die ADO eine geeignete und in Bezug auf den vertikalen Zugewinn des Alveolarfortsatzes überlegene Therapieoption darzustellen [Toledano-Serrabona, et al., 2019].

Gegenüber der Augmentation mittels Auflagerungs- und Interpositionsosteoplastiken (Sandwich-Technik) sowie GBR war die ADO in Bezug auf den mittleren Knochenzugewinn ebenso die überlegene Augmentationsmethode [Elnayef, et al., 2017]. In einem weiteren Review konnten hingegen keine Unterschiede im Behandlungsoutcome nach ADO oder autologer Augmentation festgestellt werden [Hameed, et al., 2019].

Die Anwendung der ADO scheint jedoch mit hohen Komplikationsraten verbunden zu sein, wie in mehreren Übersichtsarbeiten übereinstimmend festgestellt wurde [Toledano-Serrabona, et al., 2019, Zhao, et al., 2018].

Die Sandwich-Technik scheint – unabhängig vom Augmentationsmaterial – eine vorhersagbare Therapieoption vor Implantatversorgung zu sein [Starch-Jensen und Nielsen, 2020]. Die Implantatüberlebensraten wurden als hoch und die Komplikationsraten als moderat beschrieben [Marcon- cini, et al., 2019, Roccuzzo, et al., 2020].

Auch für den Frontzahnbereich scheint sich die Technik zu eignen, da keine postoperativen Komplikationen und keine Implantatverluste beobachtet werden konnten [El Hadidy, et al., 2018, Mansour, et al., 2019, Nazzal, et al., 2021].

Auflagerungsosteoplastiken können mittels autologem Knochen aus dem Beckenkamm [Nguyen, et al., 2019], dem Retromolarbereich [Khoury und Hanser, 2019] oder dem Kinnbereich [El Zahwy, et al., 2019] sowie mittels allogener Knochenblöcke [Chaushu, et al., 2021] erfolgen.

Bei Verwendung von Beckenkamm zur vertikalen Augmentation ist ein hoher kumulativer Höhenverlust festzustellen, der fünf Jahre nach Implantatinsertion mit 42,5 % angegeben wurde [Nguyen, et al., 2019]. Dennoch war eine Implantatüberlebensrate von 100,0 % zu beobachten.

Eine deutlich niedrigere Resorptionsrate von 8,3 % [Khoury und Hanser, 2019] wird bei Verwendung autologen Knochens aus intraoralen Spenderregionen beobachtet.

Im Vergleich zur Sandwich-Technik scheint die Auflagerungsosteoplastik jedoch zu höheren periimplantären Knochenverlusten und zu einem signifikant geringeren Höhenzugewinn des Alveolarfortsatzes zu führen [El Zahwy, et al., 2019].

Auch im Vergleich zur Tentpole-Technik scheint die Knochenauflagerung zu einem geringeren Knochenzugewinn und höheren Resorptionsraten zu führen [Aloy-Prósper, et al., 2022].

Weitere, nicht so weit verbreitete Augmentationstechniken sind neben der Tentpole-Technik die Augmentation mittels Knochenringen [Gaikwad, et al., 2021] und Fibulatransplantaten [Lin, et al., 2019, Sass, et al., 2021].

Mittels Knochenringen und simultaner Implantation konnten im Tierexperiment gute histologische Ergebnisse beobachtet werden. Freie Fibulatransplantate eignen sich zur Rekonstruktion großer Unterkieferdefekte.

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).