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Weichgewebsverbessernde Techniken und Materialien – präventiv 

Ein ausreichendes Hart- und Weichgewebsangebot ist eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Versorgung mit Dentalimplantaten. Weichgewebsaugmentationen können im Zusammenhang mit einer konventionellen Implantatversorgung vor oder während der Implantatinsertion erfolgen oder zum Zeitpunkt der Implantatfreilegung, um ein ausreichend dimensioniertes und stabiles Weichgewebslager für Implantate zu erzeugen. 

Diese Augmentationen dienen präventiven Zwecken und sollen die Vorhersagbarkeit der Implantattherapie und den Langzeiterfolg erhöhen. Weichgewebsaugmentationen werden aber auch kurativ bei pathologischen Weichgewebsverlusten u.a. im Zusammenhang mit periimplantären Weichgewebserkrankungen eingesetzt. Diese Art der Augmentation im Bereich des Weichgewebes wird in der nächsten Folge der pip vorgestellt. Insbesondere im ästhetisch sichtbaren Bereich ist ein natürlich aussehendes Weichgewebe für die Rot-Weiß-Ästhetik und letztendlich für die Patientenzufriedenheit von großer Bedeutung. Doch nicht nur in ästhetischer Hinsicht hat ein genügend dimensioniertes Weichgewebe einen Einfluss auf den Implantaterfolg. Da eine ausreichend breite Zone keratinisierter Mukosa (KM) offensichtlich die Plaqueanlagerung verhindert und ein ausreichend dimensioniertes periimplantäres Weichgewebsvolumen einen Einfluss auf den Erhalt des krestalen Knochens hat, sind das Erreichen einer möglichst breiten KM und eines möglichst großen Volumengewinns die beiden übergeordnete Zielsetzungen einer Weichgewebsaugmentation. 

So führten Augmentationen des Hart- oder Weichgewebes beispielsweise zu vergleichbaren Ergebnissen in Bezug auf den Erhalt des krestalen Knochenlevels [Fickl, et al., 2021]. Auch bei alleiniger Durchführung einer Weichgewebsaugmentation konnte in anderen Untersuchungen ein signifikanter periimplantärer Knochenerhalt beobachtet werden [Puzio, et al., 2020, Thoma, et al., 2018]. Für Augmentationen des periimplantären Weichgewebes stehen autologe Transplantate wie aus subepithelialem Bindegewebe (CTG) und freie Schleimhauttransplantate (FGG), xenogene Materialien wie eine Kollagenmatrix (XCM) oder die Azelluläre Dermale Matrix (ADM) unterschiedlichen Ursprungs zur Verfügung. 

Weichgewebsaugmentationen werden aber auch mittels unterschiedlicher chirurgischer Lappentechniken oder mit Membranen aus Plättchenreichem Fibrin (PRF) durchgeführt. Wurden CTG bei Sofortimplantaten eingesetzt, konnten im Vergleich zur physiologischen Einheilung ohne CTG bessere ästhetische Ergebnisse (Pink Esthetic Score, PES) [Levine, et al., 2022], ein größerer Volumengewinn [Guglielmi, et al., 2022, Lazzari, et al., 2022] oder ein signifikanter krestaler Knochenerhalt [Lazzari, et al., 2022] erzielt werden. In anderen Untersuchungen waren keine Unterschiede beim PES [Naiem, et al., 2023] oder dem periimplantären Knochen zwischen einer Augmentation und einer Nicht- Augmentation mit CTG zu beobachten [Jiang, et al., 2020, Papapetros, et al., 2019]. Bei Patienten mit einem dünnen Phänotyp traten trotz Augmentation mittels CTG signifikante Knochenverluste im Vergleich zu Patienten mit einem dicken Phänotyp auf [Papapetros, et al., 2019]. 

Beim Einsatz von ADM, statt CTG, konnte im Vergleich zur Nicht-Augmentation zum Zeitpunkt der Implantatfreilegung ein Zugewinn an KM ermittelt werden [Zang, et al., 2022]. Eine xenogene, kreuzvernetzte Kollagenmatrix führte bei Sofortimplantaten im Vergleich zur physiologischen Implantateinheilung zu einem signifikanten Volumenzuwachs nach einer zwölfwöchigen Einheilphase. Bei der KM oder der Sondierungstiefe waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen zu beobachten [Tavelli, et al., 2022]. Eine große Anzahl an Vergleichsstudien beschäftigte sich mit einer Weichgewebsaugmentation mittels autologem Weichgewebe (CTG, FGG) im Vergleich zu ADM oder XCM. Beim direkten Vergleich zwischen CTG und XCM schnitt das autologe Material in Bezug auf den Volumengewinn in einigen Untersuchungen besser ab [Ashurko, et al., 2022, Cairo, et al., 2019, Hadzik, et al., 2023, Moraschini, et al., 2020]. In anderen Studien konnten hingegen signifikante Unterschiede zwischen CTG und XCM weder in Bezug auf die Breite der KM [Montero, et al., 2022, Moraschini, et al., 2020], die Sondierungstiefe [Moraschini, et al., 2020], das PES [De Angelis, et al., 2021a, Moraschini, et al., 2020] oder den Volumenzuwachs [De Angelis, et al., 2021b] beobachtet werden. 

Ähnliche Beobachtungen wurden beim Vergleich von ADM mit CTG gemacht. So waren keine Unterschiede in Bezug auf den Volumengewinn [Happe, et al., 2022a, Yaghini, et al., 2022], den PES [Happe, et al., 2022b] oder die Breite keratinisierter Gingiva [Yaghini, et al., 2022] zu beobachten. Eine indische Pilotstudie ergab im Gegensatz dazu signifikant höhere Volumengewinne und eine signifikant größere Breite KM beim Einsatz von CTG [Panwar, et al., 2022]. Auch eine Netzwerk-Metaanalyse zeigte beim Vergleich des Einsatzes von CTG, XCM oder ADM, dass autologes Weichgewebe den Ersatzgeweben gegenüber offensichtlich in Bezug auf die Breite keratinisierter Mukosa und den Volumengewinn an periimplantärem Weichgewebe überlegen zu sein scheint [Moraschini, et al., 2022] und unterstreicht dadurch die – trotz der guten Ergebnisse des Einsatzes von ADM und XCM – noch immer unklare Studiensituation. Zudem zeigte ADM in den frühen Phasen der Wundheilung eine geringere angiogene Potenz im Vergleich zum physiologischen Heilungsprozess [Zang, et al., 2022]. Ein Vorteil von Ersatzmaterialien wie ADM und XCM könnte die mit der Gewinnung autologer Transplantate verbundene Vermeidung einer Spendermorbidität sein, da dadurch postoperative Beschwerden und eine Belastung der Patienten verhindert werden könnten. 

Aber auch in diesem Punkt sind die Aussagen in der Literatur nicht einheitlich, denn es wurde über geringere postoperative Beschwerden beim Einsatz von Ersatzmaterialien berichtet [De Angelis, et al., 2021a, Happe, et al., 2022a, Montero, et al., 2022]. Im Gegensatz dazu wird diese Annahme infolge der Erkenntnisse aus anderen Studien, in welchen keinerlei Unterschiede in Bezug auf diesen patientenbezogenen Parameter nach Einsatz autologer Transplantate oder körperfremder Materialien erkennbar waren, infrage gestellt [Ashurko, et al., 2022, Huang, et al., 2021]. 

Die Literatur-Recherche zum Thema finden Sie im PDF (s. unten).