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Einteiliges keramisches Behandlungsprotokoll für den Praxisalltag

Eine Fallstudie von Sigmar Schnutenhaus

Zweiteilige keramische Implantate bieten zwar mehr prothetischen Spielraum, geben
in ihrer klinischen Langzeitprognose momentan aber noch nicht die nötige evidenzbasierte Sicherheit wie einteilige keramische Implantate [1]. Um das Knochenangebot bei der einteiligen keramischen Implantation optimal ausnutzen, das Weichgewebe kontrolliert ausformen und den Einschub des Implantats prothetisch sinnvoll gewährleisten zu können, ist ein konsequentes Backward Planning notwendig. Im Folgenden wird ein alltagstaugliches und -erprobtes Prozedere vorgestellt, mit welchem alle Vorteile der keramischen Einteiligkeit in der täglichen Praxis effizient umgesetzt werden können.

Der Patientenfall

Bei einer 58-jährigen Patientin stellte sich an den Zähnen 15 und 16 ein endodontischer Misserfolg ein, weshalb die Zähne extrahiert werden mussten. Ein herausnehmbarer Zahnersatz kam für die Patientin nicht infrage. Bei der zukünftigen Versorgung legte sie Wert auf Metallfreiheit und Biokompatibilität. Generell war sie auf der Suche nach einer möglichst preiswerten Lösung. Die Entscheidung fiel auf eine verzögerte Implantation in regio 15 und 16. Die festsitzende prothetische Versorgung sollte durch einen monolithischen Kronenblock aus Zirkonoxid mit einem Brückenglied als Anhänger in regio 17 erfolgen. Zusätzlich sollte auf Wunsch der Patientin im Zuge der implantologischen Versorgung auch die alte und leblos wirkende Metallkeramikkrone am Zahn 12 und nach erfolgter endodontischer Behandlung und Trepanation die Teilkronenbrücke aus Gold von Zahn 24 auf Zahn 26 ebenfalls durch monolithische Zirkonoxidversorgungen ersetzt werden (Abb. 1).

Die Extraktion wurde unter initialer Lösung der desmodontalen Fasern bis ins mittlere Wurzeldrittel mit der Periotomtechnik so knochenschonend wie möglich durchgeführt. Nach einer Abheilzeit von einem halben Jahr sollte implantiert werden. Für die beiden Implantationen wurde das yttriumstabilisierte Zirkonoxidimplantat ceramic.implant (vitaclinical) ausgewählt, da dieses bereits über fünf Jahre klinisch dokumentiert ist und damit nachweislich knöcherne und weichgewebliche Stabilität bietet. Die Dreijahresdaten wurden im Jahr 2018 publiziert [2].

Die virtuelle Planung

In Vorbereitung auf den Implantationstermin wurde eine dreidimensionale DVT-Aufnahme von der knöchernen und dentalen Ist-Situation erstellt (Gendex CB-500 DVT, Gendex Dental Systems). Um auch die Weichgewebsverhältnisse virtuell abbilden zu können, wurde eine Situationsabformung genommen und auf dieser Grundlage ein Modell hergestellt sowie eingescannt (3Shape-Scanner D700). Zusätzlich wurde im Anschluss ein Wax up erstellt und digitalisiert, um alle nötigen Anhaltspunkte für den optimalen prothetischen Einschub und die Höhe der Implantatköpfe zu haben.

Die beiden Datensätze wurden mit der DVT- Aufnahme gematcht, um bei der virtuellen Implantation mit der SMOP-Implantationssoftware (Swissmeda) alle anatomischen Informationen für eine optimale Nutzung des Knochenangebots einfließen zu lassen (Abb. 2, 3). Entsprechend der virtuellen Implantation wurde eine hülsenlose Bohrschablone additiv hergestellt (2ingis S.A.) (Abb. 4, 5). Diese hatte im Rahmen einer prospektiven Studie mit der Universität Ulm und der Zahnarzt- praxis Priv.-Doz. Dr. Sigmar Schnutenhaus im Zusammenspiel mit dem ceramic.implant eine signifikant höhere Präzision beim klinischen Transfer der virtuellen Implantatposition gezeigt als die gängigen hülsengeführten Applikationen [3].

Die Implantation

Das Operationsgebiet wurde im ersten Quadranten durch einen Kieferkammschnitt mit sulkulärer Entlastung an Zahn 14 unter lokaler Anästhesie eröffnet. Die Schnittführung erfolgte dabei leicht nach oral versetzt, um im Zuge der Nahtführung automatisch mehr keratinisierte Gingiva im bukkalen Bereich zu generieren. Die Bohrschablone wurde lagestabil eingegliedert, sodass alle weiteren implantologischen Schritte auf Anschlag durchgeführt werden konnten. Nach der Aufbereitung des Knochenbetts entsprechend den Herstellerangaben und der Insertion der beiden Implantate (Abb. 6) wurde der unversorgte Wundbereich sorgfältig mit Einzelknopfnähten verschlossen.

Wahlfreiheit – Analoge und/oder digitale Abformung

Nach einer Einheilzeit von drei Monaten wurde der Implantat- kopf in regio 15 eingekürzt, um dem Zahntechniker noch mehr Spielraum bei der CAD/CAM-gestützten Herstellung der monolithischen Zirkonoxidversorgung zu geben (Abb. 7, 8). Unter lokaler Anästhesie wurden anschließend die zu versorgenden Zahnpfeiler an den Zähnen 12, 24 und 26 zirkulär präpariert. Zur Darstellung des konventionellen Vorgehens wurde eine analoge Abformung genommen (Abb. 9). Die digitale Abformung der Pfeilerzähne und der Implantatköpfe erfolgte daraufhin mit dem Intraoralscanner (Trios, 3Shape) (Abb. 10). Anhand des Datensatzes wurde ein Modell gedruckt (Abb. 11) und die monolithische Konstruktion CAD/CAM-gestützt gefertigt.

Um die Keramikschulter auf dem Modell präzise wiedergeben zu können, wurde auf dem unveränderten Implantatkopf an 16 die Übertragungskappe (impression.transfer) aufgesetzt, die durch einen Klick beim Einrasten die korrekte Passung signalisiert. Auf dem in der Höhe individualisierten Implantatkopf 15 wurde die speziell dafür entwickelte Übertragungskappe (set.cap) aufgesetzt, die dort durch ihre zirkuläre Umschirmung eine dimensionsstabile und präzise Abformung ermöglicht. Nur marginal besteht dabei bündiger Kontakt, wobei auch hier ein Klicken die exakte und lagestabile Passung auf der marginalen Stufe des Implantats bestätigt. Die Präzisionsabformmasse (Permadyne Garant, 3M Espe) wurde zunächst in die set.cap und anschließend um den impression.transfer sowie die präparierten Pfeilerzähne appliziert, bevor die geschlossene Abformung mit einem individuellen Löffel genommen wurde.

CAD/CAM-gestützte Versorgung

Nach Herausnahme der Abformung wurde für die Modellherstellung in den impression.transfer das passende Implantatanalog lab.replica eingegliedert. In die lediglich zirkulär im Schulterbereich anliegende und ansonsten wie ein Trichter für einfließenden Superhartgips offene lab.shoulder wurde die set. cap eingesetzt. Anhand des digitalen Datensatzes konnte so unter analoger Kontrolle der monolithische Zahnersatz aus Vita YZ HT CAD/CAM-gestützt hergestellt werden. Die Farbtreue des gewählten Zirkonoxids gemäß der Vita classical A1-D4 Farbskala ermöglicht es mit nur minimalen Charakterisierungen ästhetisch ansprechende monolithische Restaurationen zu fertigen. Nach der Konstruktion wurde die Krone aus dem Rohling herausgefräst (digi Mill 5, Yeti), ausgearbeitet und gesintert. Anschließend erfolgten Charakterisierung und Glasur mit dem Malfarbensystem Vita Akzent Plus (Abb. 12, 13). Nach erfolgreicher Einprobe wurden die Restaurationen lumenseitig sandgestrahlt, gereinigt und mit einem selbstadhäsiven Befestigungskomposit (Relyx Unicem, 3M Espe) definitiv eingegliedert (Abb. 14-16).

Effizienz und Prozesssicherheit

Praktiker, die ihren Patienten ein funktionierendes Behandlungsprotokoll mit einteiligen keramischen Implantaten anbieten wollen, finden bei dieser Vorgehensweise ein auf wissenschaftlicher Basis fußendes und klinisch erprobtes Gesamtkonzept.

Durch die konsequente virtuelle Planung lassen sich fast alle klinischen Situationen einteilig mit allen damit einhergehenden Vorteilen wie etwa Spaltfreiheit, Stabilität, technische Komplikationsfreiheit und irritationsfreies Weichgewebe (ohne Wechsel der Implantataufbauten im Rahmen der definitiven Versorgung) versorgen. Im additiven Druckverfahren kann die hülsenlose Bohrschablone einfach und schnell hergestellt werden. Die Abformung ist je nach Ausstattung und Vorliebe analog oder digital möglich. Die CAD/CAM-gestützte Fertigung monolithischer Restauration bietet im Anschluss nicht nur ökonomische Vorteile, sondern reduziert gerade bei implantatgestützten Restaurationen auch das Chippingrisiko [4]. Ist das Konzept implementiert, kann die immer größer werdende Anzahl von Patienten, die biokompatible und korrosionsfreie keramische Implantate wünschen, prozesssicher und effizient versorgt werden.

Autor

Priv.-Doz. Dr. med.dent. Sigmar Frank Schnutenhaus

  • 1984-1985 Offiziersausbildung in München
  • 1985-1991 Studium der Zahnmedizin in Ulm
  • 1991-1993 Truppenzahnarzt in der Zahnarztgruppe 512/1, Wilhelmsburgkaserne Ulm
  • 1994-1995 Leiter der Zahnarztgruppe 512/2, Rommelkaserne, Dornstadt Wehrbereichskommando V, 10. Panzer div., Sigmaringen (stv. Wehrbereichszahnarzt)
  • 1997-2001 Leiter der Zahnarztgruppe 506/1, Immendingen K 2005 Master of Science (Implantologie)
  • 2010 Master of Science (Parodontologie)
  • Seit 2011 Externer wissenschaftlicher Mitarbeiter, Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Zahnärztliche Prothetik
  • 2019 Habilitation
  • Tätigkeitsschwerpunkte: Implantologie, Implantatprothetik, Parodontologie
  • Etliche Mitgliedschaften in wissenschaftlichen Gesellschaften, Verbänden und Arbeitsgruppen (BDZI, DGI, DGP, DGPro, DGZ, DGZI, DGZMK, EADT, NagP, ITI)

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