hero-ribbon

Neuigkeiten zur IDS hier auf www.frag-pip.de

Einteiliges Gerüstimplantat für den atrophierten Kiefer

Eine implantatprothetische Therapie wird nur erfolgreich sein, wenn genügend Kieferknochen vorhanden ist. Alternativ zum aufwendigen Knochenaufbau setzen die Zahnärzte der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) auf eine neue Methode: Sie implantieren ein funktionsstabiles einteiliges Gerüst, in das der Zahnersatz gesetzt wird.

„Mit diesem Verfahren können wir auch Patienten in scheinbar hoffnungslosen Situationen zu einem festen Zahnersatz verhelfen“, erklärt Professor Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich, Direktor der MKG-Klinik. Die Methode wurde patentiert und wird zurzeit nur in der MHH angeboten.

Feinverzweigtes Gerüstimplantat aus Titan

Um Patienten mit stark atrophiertem Kieferkamm eine schnelle und sichere implantatprothetische Lösung anbieten zu können, hat Professor Gellrich gemeinsam mit Zahnarzt Dr. Björn Rahlf das funktionsstabile einteilige Gerüstimplantat entwickelt. Das feinverzweigte Gerüst aus Titan ersetzt den fehlenden Kieferknochen und beinhaltet zugleich die Implantate. Das Gerüst wird mit kleinen Schrauben im vorhandenen Knochen verankert. „So wird der Druck auf den Knochen gut verteilt“, erläutert Dr. Rahlf. Nach einer Einheilungszeit von etwa sechs Wochen wird die provisorische Versorgung durch einen festsitzenden Zahnersatz ausgetauscht.

Gerüstimplantat wird für jeden Patienten maßgeschneidert hergestellt

Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich Professor Gellrich mit dem Einsatz der computerassistierten Chirurgie (CAS), die auch bei dem neuen Verfahren eine Rolle spielt. Mithilfe von dreidimensionalen Bildgebungen und Rekonstruktionen am Bildschirm wird das Gerüstimplantat patientenspezifisch geplant. Die Herstellung des Gerüsts erfolgt additiv im Laserschmelz-Verfahren. Kooperationspartner der Klinik ist die KLS Martin Group.

Individualisierte Zahnmedizin

Im Jahr 2015 wendeten Professor Gellrich und Dr. Rahlf das Verfahren erstmals an. Seitdem wurden in der MKG-Klinik insgesamt 21 Patienten erfolgreich mit dem funktionsstabilen einteiligen Gerüstimplantat versorgt. Das funktionsstabile Gerüstimplantat hat neben dem Umgehen eines aufwendigen Knochenaufbaus zwei weitere Vorteile. „Zum einen kann jeder erfahrene Zahnarzt damit umgehen und die prothetische Versorgung einsetzen. Und zum anderen können Zähne und Gerüst jederzeit wieder entfernt werden, falls es zu Komplikationen kommt“, erläutert Professor Gellrich. Der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg setzt das Verfahren seit vielen Jahren auch zur Rekonstruktion der Augenhöhle ein. „In der Methode steckt der Kerngedanke der individualisierten Medizin, sie wäre durchaus auch auf andere chirurgische Bereiche übertragbar“, ist sich Professor Gellrich sicher.

Prof. Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich (rechts) und Dr. Björn Rahlf (links)

Wissenschaftliche Ansprechpartner: Professor Dr. Dr. Nils-Claudius Gellrich, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (gellrich.nils-claudius@mh-hannover.de) und Dr. Björn Rahlf, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (rahlf.bjoern@mh-hannover.de)

Quelle Bilder: MKG-Fotoabteilung/MHH