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GmbH-Geschäftsführung durch (Zahn-) Ärzte – eine gute Idee?

Je mehr MVZ-GmbHs es gibt, umso mehr fragt sich mancher (Zahn-)Arzt, der sich den Job des GmbH-Geschäftsführers neben der Praxistätigkeit und vielleicht auch noch neben der Ärztlichen Leitung zugetraut hatte, ob das wirklich eine gute Idee war. Die Frage kann man für den Regelfall verneinen. Zu sehr unterscheidet sich die Leitung einer Einzelpraxis oder eine Berufsausübungsgemeinschaft von der Geschäftsführung einer GmbH. Letztere spielt in einer anderen Liga.

Die Grundnorm für den Geschäftsführer enthält § 43 Abs. 1 GmbHG: „Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.“ Wer weiß, was ein ordentlicher Geschäftsmann zu tun hat, braucht diesen Artikel nicht weiterzulesen. 

Ergänzt wird diese Grundnorm seit dem 01.01.2021 durch § 1 Abs. 1 StaRUG: „Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person … wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. …“Die wenigsten Leser dürften von dieser Norm je gehört haben. 

Zur Übernahme der Geschäftsführung rate ich nur, wenn die Bereitschaft besteht, sich in die Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers ernsthaft (!) einzuarbeiten. Man kann das nicht nebenher machen. Der GmbH-Geschäftsführer muss sich dieses Wissen selbst beibringen. Er beschäftigt sich sinnvollerweise intensiv mit der Lektüre hilfreicher Handbücher für GmbH-Geschäftsführer wie zum Beispiel das jährlich neu erscheinende „ABC des GmbH-Geschäftsführers“ und lässt sich steuerlich und rechtlich (im Zweifel intensiv) beraten. Das ist deshalb so wichtig, weil die Gefahr, in Konflikt mit strafrechtlichen Normen zu kommen, für den Geschäftsführer einer GmbH deutlich größer ist als für den (geschäftsführenden) Gesellschafter einer Personengesellschaft. 

Dem nominalen Geschäftsführer einer GmbH nützt es auch nichts, wenn er diese Aufgaben anderen überträgt. Seine persönliche strafrechtliche Verantwortung kann er nicht übertragen (BGH, 13.10.2016 – 3 StR 352/16 –). Erst recht nützt es ihm nichts, wenn er der Aufgabe nicht gewachsen ist. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen. Zu diesen Anforderungen gehört es nach der Rechtsprechung auch, die eigenen Berater überwachen zu können (BFH, 15.11.2022 – VII R 23/19 –). 

Verletzt der Geschäftsführer vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten, haftet er der Gesellschaft gegenüber für den entstandenen Schaden (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Die Pflichten des Geschäftsführers ergeben sich aus dem Geschäftsführerdienstvertrag, der GmbH-Satzung, Geschäftsordnungen und manch anderem, aber vor allem aus Gesetzen. Bei Insolvenzreife, das heißt bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, muss der Geschäftsführer die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen (§ 15a Abs. 1 InsO). Damit die darin festgelegten kurzen Fristen von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung nicht zum Verhängnis werden, ist die Liquidität der GmbH und ihre Vermögenssituation laufend zu beobachten (§ 1 StaRUG). 

Gerade die Beobachtung der Insolvenzreife ist bei MVZ- GmbHs eine besondere Herausforderung. Die GmbHs passivieren die Verbindlichkeiten aus dem Kauf, was oft auf Jahre hinaus zu einer bilanziellen Überschuldung führt. Der BGH steht auf dem Standpunkt, dass die bilanzielle Überschuldung die insolvenzrechtliche Überschuldung i.S. des § 19 InsO indiziert (BGH, 19.11.2019 – II ZR 53/18 –). 

Das muss nicht bedeuten, dass der Geschäftsführer umgehend Insolvenz anmelden muss, aber er muss bei der jährlich zu erstellenden Fortführungsprognose Gründe finden, die zu einer positiveren Sicht der Dinge berechtigen. Dazu gibt es verschiedene Hilfsmittel, die aber alle nicht rückwirkend eingesetzt werden können. Das Problem dabei: Sind die Antragsfristen verletzt, tritt zum einen die strafrechtliche Haftung nach § 15a Abs. 4 und 5 InsO ein und bleibt bestehen, zum anderen beginnt die persönliche Haftung des Geschäftsführers nach § 15b InsO. Im Bereich der MVZ- GmbHs gibt es nach meinem Eindruck viele, die gut daran tun, ihre Vermögenssituation kritisch unter die Lupe zu nehmen. 

Prof. Dr. Thomas Ratajczak

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht, Justiziar des BDIZ EDI

Email: ratajczak@rpmed.de
Web: www.rpmed.de