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Replikat statt Implantat

Es hört sich zu schön an, um wahr zu sein: Patientenindividuell wird auf Grundlage einer dreidimensionalen Röntgenaufnahme mittels DVT eine originalgetreue Nachbildung des nicht mehr erhaltungswürdigen Zahnes erstellt, der dann direkt nach der Extraktion implantiert wird. Haben wir damit eine Möglichkeit gefunden, die Biologie zu überlisten und ihr weitestgehend die Restaurierung eines natürlichen Zahnes vorzugaukeln? pip sprach mit Dr. Detlef Hildebrand aus Berlin über das neuartige REPLICATE-System.

pip: Wie und aus welchem Material wird REPLICATE hergestellt?

Detlef Hildebrand: Das Material für das REPLICATE ist frei wählbar: entweder klassisch TITAN-Grad-IV mit mikrorauer und hydrophiler Oberfläche oder auch als Vollkeramik-Variante: ein Zirkondioxid-Keramik-Replikat mit ebenfalls rauer Oberfläche. Ich bin mir sicher, dass die vollkeramische Variante eher im ästhetischen Bereich Anwendung finden wird und die Hybrid-Variante, ein Wurzelkorpus aus Rein-Titan mit vollkeramischem Aufbau, fest miteinander verschweißt im Seitenzahnbereich.

pip: Das chirurgische Protokoll und der prothetische Workflow läuft im Einzelnen wie ab?

Konstruktionsdesign eines REPLICATEs für die regio 21.

Detlef Hildebrand: Eigentlich ist das der Clou: ich muss mich als Chirurg um nichts mehr kümmern: keine 3D-Schablone erstellen und auch keine Bohr-Protokolle mehr einprägen … Der Start geschieht mit der klinischen Untersuchung des Patienten und der Diagnose mittels 3D-Befundung in Form einer 3D-DVT-Aufnahme. Mit diesem DICOM-Datensatz werden das Design und die Fabrikation des REPLICATEs durchgeführt. Dann folgt die digitale onlinebasierte Planung mittels Computeranimation: zusammen mit dem REPLICATE-Konstrukteur kann man am eigenen PC das REPLICATE komplett fertig konstruieren. Am Ende bestimmt der Implantologe die klinischen Parameter, wie etwa: Länge und Dicke der Wurzel, Undercut der Labialfläche eines REPLICATEs sowie die Lage der Biologischen Breite und der Kontur der Kronenstumpfgrenze. Das chirurgische Protokoll ist dann ein Selbstläufer. Nach der möglichst atraumatischen Extraktion des nicht erhaltungswürdigen Zahns, ideal ist dies mit dem Bennex-Extraktor (Fa. Helmut Zepf, Tuttlingen/Seitingen) umzusetzen, folgt die möglichst schonende Entfernung der ligamentären Parodontalfasern plus Kürettage. Anschließend wird das Try-in zur Austestung der Alveolenkonfiguration vor Öffnung und Kontamination des originalen REPLICATEs eingepasst. Nach erfolgreichem Vorgang wird das REPLICATE aus seinem hochsterilen Titanbehälter befreit und in die vorbereitete Alveole platziert und vorsichtig in die endgültige Position eingeklopft. Der Klang entspricht ungefähr der Intonierung beim Arbeiten mit Osteotomen im Kieferhöhlenbereich. Abschließend wird ein sogenanntes ,Cover-Shield‘ über das REPLICATE gesetzt. Dies entspricht in etwa einer Maryland-Brücke, die den prothetischen Anteil des REPLICATEs schützend abdeckt aber nicht berühren soll. Nach den üblichen Verlaufs- und Röntgenkontrollen heilt das REPLICATE etwa sechs Monate belastungsfrei ein. Die prothetische Versorgungsphase des REPLICATE verläuft wie bei einem natürlichen Zahnstumpf: intraoraler Scan oder analoge Abformung zur labortechnischen Herstellung einer Zahnkrone aus vorzugsweise zirkoniumdioxidbasierter Vollkeramik. Die definitive Krone wird adhäsiv zementiert.

pip: Gibt es Limitationen, z. B. bei mehrwurzeligen Zähnen oder in bestimmten Regionen?

Detlef Hildebrand: Klinische Limitationen sind: Parodontale Entzündungen und die nicht komplikationsfreie Extraktion. Mehrwurzelige Zähne können ebenfalls gut ersetzt/nachgebildet werden, jedoch ist vorab eine schonende Extraktion notwendig.

pip: Wie verhält sich nach der Insertion das Hart-und Weichgewebe, sowohl unmittelbar als vor allem auch längerfristig?

Detlef Hildebrand: Unmittelbar nach dem Eingriff passiert Unglaubliches: NICHTS! Die Heilung verläuft völlig symptomfrei.

pip: Würden Sie so weit gehen zu behaupten, die direkte Insertion eines REPLICATE nach Extraktion könnte sogar den Bündelknochen austricksen?

Detlef Hildebrand: Wenn wir uns um die detaillierte Prozesskette der Alveolenheilung nach Zahnextraktion Gedanken machen, so scheint der Abbau des Bündelknochens eine zentrale Ursache beim Abbau z. B. der labialen Lamelle zu sein, bzw. für mögliche Umbauprozesse der Alveolenheilung zu sein. Im Zuge der sofortigen (Unter-)Stützung dieser Bündelknochenareale durch ein Zahnreplikat erscheint die Philosophie der Unterstützung dieser Bündelknochenareale möglich, wenn nicht sogar sinnvoll und herleitbar.

pip: Welche Untersuchungen und vor allem Langzeitdaten liegen vor?

Detlef Hildebrand: Derzeit liegt die Erfolgsrate bei einer noch laufenden Studie bei 97,5 %. Der Bereich, der für die Sofortimplantation im klinischen Alltag den Erwartungsrahmen definiert, ist mit 95 % und besser abzuschätzen. Die perioperativen Beschwerden waren minimal, das ästhetische Ergebnis wurde allseits als gut empfunden. Im Zuge der zunehmenden Akzeptanz dieser REPLICATE-Technik gehe ich davon aus, dass gerade die klinischen Daten weiterführende Ergebnisse bringen und damit für den Erfolg dieser Implantatrevolution weiter verantwortlich sein werden.

pip: Besten Dank, Herr Dr. Hildebrand, für dieses Gespräch.