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Implantologische Sofortversorgung nach apikalem Misserfolg im kompromittierten Knochenlager 

Bei Implantationen zum Ersatz von Einzelzähnen in der Frontzahnregion besteht – neben der Forderung nach einer erfolgreichen Osseointegration und Funktion – die Aufgabe darin, einen ästhetischen Erfolg zu erreichen. Ziel ist dabei die weiße und die rote Ästhetik optimal und natürlich an die umliegenden Strukturen und Verläufe anzupassen. Im ästhetischen Frontzahnbereich wird der Schwierigkeitsgrad (SAC-Klassifikation) in der Regel in die Kategorien A oder C eingeordnet. Die ästhetische Risikoanalyse („Esthetic Risk Assessment“, ITI) wiederum variiert abhängig von der Ursache des Einzelzahnverlustes und den Umweltfaktoren.

Die 35-jährige Patientin hatte am Zahn 22 Beschwerden (Abb. 1-3). Der Zahn war zunächst wurzelgefüllt und dann reseziert worden. Die chronische Entzündung persistierte und eine Fistel entwickelte sich. Beim Vorliegen von langwierigen chronischen Entzündungen und krestalen Knochendefekten steigt jedoch das Risiko für ästhetische Komplikationen deutlich an. Bei Knochenresorptionen an der fazialen Knochenwand erhöht sich das Risiko für eine Weichteilrezession der fazialen Mukosa. 

Die Patientin wurde nach klinischer Befundaufnahme und Röntgenanalyse der horizontalen und vertikalen Knochendefekte (Abb. 4, 5) über die Risiken, Behandlungsoptionen und deren Kosten aufgeklärt. Sie entschied sich für ein Implantat, welches mittels Sofortimplantation direkt nach Extraktion und Säuberung der Alveole inseriert werden sollte. Grundsätzlich standen verschiedene Behandlungsoptionen wie die Sofort-, die Früh- oder die Spätimplantation zur Verfügung. Nach der 3D-Analyse wurde mittels digitalen Datensatzes ein Shell-Provisorium mit integrierter Bohrschablone angefertigt, welches nach Extraktion (Abb. 6) und Implantation eingesetzt (Abb. 7) werden sollte. An der Zahnwurzel waren kaum Sharpey’sche Fasern vorhanden, was die Prognose des Zahnes bestätigte (Abb. 8). Die im Shell-Provisorium integrierte Öffnung (= Bohrschablone) wurde unter Berücksichtigung der horizontalen und vertikalen Knochendefekte und der dünnen fazialen Knochenwand als optimale Implantatposition festgelegt (Abb. 9). 

Extraktion, Implantation und GBR 

Der Zahn 22 wurde schonend extrahiert (Abb. 10), das Shell-Provisorium mit Bohrschablone optimal angepasst (Abb. 11, 12) und der Sitz sowie das Lumen der Bohrschablone kontrolliert (Abb. 13). Das Implantat (Camlog Progressive Line, Ø 3,8 ; Länge 16 mm) wurde in der optimalen dreidimensionalen Position inseriert (Abb. 14-18). Der teils dreiwandige Knochendefekt sollte simultan mit der Implantation augmentiert werden, um ein langfristig stabiles, ästhetisches Ergebnis zu erzielen. Die Schnittführung wurde kranial von der Narbe der WSR-Schnittführung gewählt. 

Ziel war der Aufbau einer rund drei Millimeter dicken fazialen Knochenwand zur Stützung der fazialen Weichgewebe. Die Konturaugmentation erfolgte mithilfe der GBR-Technik. Dabei wurden lokal gewonnene autologe Knochenchips, PRF (mectron) und Knochenersatzmaterial (THE Graft, Purgo) als sticky bone genutzt, um die Knochenneubildung im Defektbereich zu beschleunigen (Abb. 19-22). Abgedeckt wurde der Defekt mit einer resorbierbaren Kollagenmembran (Ossix Plus, Regedent), die nach Detektion der Knochenwand direkt adaptiert werden konnte (Abb. 23, 24). 

Provisorische Versorgung 

Es war geplant, die Patientin zunächst mit einem festsitzenden Shell-Provisorium zu versorgen. Das Provisorium sollte nach der Implantation keine starke transmukosale Belastung auf die Implantationsregion ausüben, jedoch durch eine leichte Überkonturierung der Randgestaltung die vorhandene Mukosa und die Papillen stützen. Nach Fixation des OP-Situs mittels Naht (Abb. 25) wurde eine Klebebasis auf das Implantat geschraubt und das laborseitig parallel fertiggestellte Shell-Provisorium (Abb. 26) einprobiert (Abb. 27). Mittels lichthärtenden Kunststoffs erfolgte die Anpassung, bis eine ästhetische provisorische Einzelzahnkrone eingesetzt werden konnte (Abb. 28-32). Die Patientin empfand diese Versorgung als sehr angenehm, da sie sich in ihrem sozialen und beruflichen Umfeld ästhetisch und funktionell nicht eingeschränkt fühlte. 

Zwei Wochen postoperativ 

Bei Patienten mit Einzelzahnimplantaten im anterioren Oberkieferbereich wird laut ITI-Konsensus-Konferenz eine Frühbelastung empfohlen, sodass eine Belastung des Implantats innerhalb von einer Woche bis maximal acht Wochen nach der Insertion erfolgen sollte. Das Röntgenkontrollbild zum Zeitpunkt der Insertion (Abb. 33) zeugte von einer erfolgreichen Implantatinsertion, jedoch sollte angesichts der Risikoklassifikation noch weiter abgewartet werden. Zwei Wochen später erschien die Patientin zur Kontrolle, sie fühlte sich dank des stabilen Provisoriums perfekt versorgt (Abb. 34-37).

Autor

Dr. med. dent. Peter Randelzhofer

randelzhofer@icc-m.de

www.icc-m.de