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Explantation dentaler Implantate, Nachsorge/Neuversorgung

Implantatprothetische Restaurationen ermöglichen die festsitzende Versorgung zahnloser Patienten und den Erhalt gesunder Zahnhartsubstanz, z. B. im Bereich von Schaltlücken als Alternative zur Behandlung mittels festsitzender Brücken. Daher besitzt die Insertion von Dentalimplantaten sowohl bei Behandelnden als auch bei Patienten eine hohe Akzeptanz. 

Insbesondere die hohen Überlebensraten der Implantate bestärken ihren Einsatz als bevorzugte Behandlungsoption. Ungeachtet dessen werden Verlustraten von immerhin 3,0-8,0 % innerhalb des ersten Jahres nach Implantatinsertion aufgrund unterschiedlicher Komplikationen berichtet [Mardinger, et al., 2012]. Am häufigsten von Explantationen betroffen ist offensichtlich der Bereich des ersten Oberkiefermolaren [Kang, et al., 2019, Kim, et al., 2010]. 

Ergebnisse von Querschnittsuntersuchungen zufolge ist eine Periimplantitis der Hauptgrund für die notwendige Explantation [Anitua, et al., 2016, Gargallo-Albiol, et al., 2021, Roy, et al., 2020, Stajčić, et al., 2016, Sukegawa, et al., 2020]. Angaben zu Explantationsraten auf Grundlage einer Periimplantitis schwanken dabei zwischen 64,5 % [Gargallo-Albiol, et al., 2021] und 82,9 % [Anitua, et al., 2016]. Andere Gründe für Explantationen sind krestale Knochenverluste [Roy, et al., 2020, Stajčić, et al., 2016], Fehlpositionierungen der Implantate [Anitua, et al., 2016, Roy, et al., 2020] und Implantatfrakturen [Roy, et al., 2020]. 

Es werden unterschiedliche, mehr oder weniger invasive Explantationsverfahren angewendet. Dazu gehören verschiedene Ausdrehtechniken, thermische Verfahren, Trepanbohrungen oder Kombinationstechniken, die sich an Extraktion natürlicher Zähne mittels rotierender Bohrer und anschließendem Einsatz von Hebeln und Extraktionszangen orientieren. 

In einer Untersuchung wurden u. a. die zwei letztgenannten Techniken sowie Trepanbohrungen und die Explantation mittels Ausdrehtechnik miteinander verglichen. Das Ausdrehen von Implantaten scheint hierbei im Vergleich zu den anderen Methoden die „eleganteste“ Form der Explantation zu sein und zudem die Vorhersehbarkeit einer erneuten Implantatinsertion an der Explantationsstelle zu erhöhen [Stajčić, et al., 2016] sowie zu Explantationserfolgsraten von 98,4 % zu führen [Anitua, et al., 2020]. 

Allerdings berichteten die Autoren der letztgenannten Untersuchung insbesondere über Implantathals-Frakturen, die zu Komplikationen bei der Explantation führten. Auch in einem systematischen Review wurde das Ausdrehen von Implantaten, trotz etwas geringerer Erfolgsraten von 87,7 % als Explantationstechnik empfohlen [Roy, et al., 2020]. 

Thermische Methoden zur Implantatentfernung arbeiten sowohl mit Kälte als auch mit Wärme. Sie führen zu einer Nekrose im periimplantären Knochen und zu einer Auflösung der Osseointegration des Implantats, welche die Explantation erleichtern soll. Ihre Wirksamkeit ist von der Knochenqualität abhängig, sie wirken demnach im spongiösen Knochen besser als in der Kortikalis [Kniha, et al., 2020]. Für die klinische Anwendung am Menschen sind die Methoden jedoch noch nicht ausgereift genug und es gibt lediglich präklinische Daten aus In vitro-, In vivo- oder tierexperimentellen Studien. 

In der aktuell verfügbaren Literatur stehen derzeit zur Dauer und zu Temperaturgrenzwerten zudem keine ausreichend validen Daten zur Verfügung, wie einer systematischen Übersichtsarbeit zu entnehmen ist [Kniha, et al., 2020]. Als Wärmequellen dienen u. a. Wasser, Laser sowie monopolare und elektrische Joule-Erhitzer. Ergebnisse aus einer neueren In vitro-Untersuchung konnten zeigen, dass Wasser und Laser sowie eine Temperatur von 47,0 Grad Celsius über eine Zeitdauer von 120 bis 180 Sekunden am besten für die Explantation geeignet zu sein scheinen [Kniha, et al., 2021]. Auch kryogene Verfahren führen mittels Anwendung von Gefrier-Auftau-Zyklen bei Temperaturen von -40 Grad Celsius im Tierexperiment zu Gewebeschäden im Knochen und ermöglichen die Entfernung der Implantate bereits mit einem Removal Torque von 5,0 Ncm [Ak, et al., 2022]. 

Eine ganze Reihe Studien beschäftigen sich verständlicherweise mit Behandlungsoptionen nach Explantation. Hier stehen die Fragen im Mittelpunkt, wie häufig Nachimplantationen an der gleichen Insertionsstelle möglich sind und welche Implantatüberlebensraten nach Reimplantation zu erwarten sind. In der Literatur wird über Zweit-, Dritt- und sogar über Viert- implantationen an der gleichen Stelle berichtet. Die Ergebnisse zu Implantatüberlebensraten bei Nachimplantation sind widersprüchlich. 

Einerseits wird über sehr hohe Überlebensraten bei Zweitimplantation zwischen 91,5 bis 99,0 % berichtet [Anitua, et al., 2020, Leisner, et al., 2021, Mardinger, et al., 2012, Onclin, et al., 2020, Wang, et al., 2015]. In anderen klinischen Studien wurden hingegen deutlich niedrigere Überlebensraten bei Zweitimplantationen von weniger als 80,0 % beobachtet [Agari und Le, 2020, Chrcanovic, et al., 2017]. Bei Dritt- und Viertimplantationen war eine weitere Abnahme der Überlebensraten festzustellen [Agari und Le, 2020, Machtei, et al., 2011]. Systematische Reviews bestätigen die niedrigeren Überlebensraten von Implantaten nach Zweit- bzw. Drittimplantation [Gomes, et al., 2018, Oh, et al., 2020, Quaranta, et al., 2014]. 

Allerdings konnte in einem der drei Reviews keine niedrigere Überlebensrate nach Dritt- im Vergleich zur Zweitimplantation festgestellt werden [Gomes, et al., 2018]. Als Risikofaktoren für erneute Implantatverluste nach Zweit- und Drittimplantation wurden patientenspezifische Faktoren wie der allgemeine Gesundheitszustand, Rauchgewohnheiten und eine verbesserungsbedürftige Mundhygiene identifiziert [Park, et al., 2022, Zhou, et al., 2016]. 

Ein früher Implantatverlust wird nicht als Kontraindikation für eine erneute Implantatversorgung betrachtet [Park, et al., 2022, Wang, et al., 2015]. Es besteht bei vielen Autoren die vorherrschende Ansicht, dass Implantatverluste die Behandelnden nicht von einer Reimplantation abhalten sollten und dass die Reimplantation eine gute Versorgungsoption nach Explantation darstellt [Quaranta, et al., 2014, Wang, et al., 2015, Zhou, et al., 2016].

Die Literatur-Recherche zum Thema