hero-ribbon

Neuigkeiten zur IDS hier auf www.frag-pip.de

Mini-Implantate

In der letzten Ausgabe der pip (2/2017) wurde die heutige Literaturauswahl zum Thema Mini-Implantate angekündigt. Offensichtlich besteht derzeit kein Konsens für eine einheitliche Nomenklatur. Implantate mit geringem Durchmesser werden in der Literatur gleichermaßen als Mini-Implant (1,8-3,0 mm), Narrow (Diameter/Body) Implant (1,8-3,7 mm), Small Diameter Implant (3,0-3,5 mm), Diameter Reduced Implant (3,3 mm) oder auch als Extra Narrow Implant bezeichnet. Doch nicht nur in der Nomenklatur herrscht Uneinigkeit. Auch was den Durchmesser betrifft, bis zu welchem ein Implantat noch als Standardimplantat gilt oder unter die o. g. Kategorien fällt, gibt es derzeit noch keine klare Linie. In einem systematischen Review wurde ein Vorschlag erarbeitet, wie ein Klassifikationsschema für die verschiedenen Implantatdurchmesser (und Implantatlängen) aussehen könnte [Al-Johany, et al., 2016].

Demnach handelt es sich bei Implantaten mit einem Durchmesser von ≥3,0 <3,75 mm um Narrow (Diameter) Implants. Implantate mit einem Durchmesser unter 3,0 mm sollen als Extra Narrow Implants bezeichnet werden, während es sich bei Implantaten ab einem Durchmesser von ≥3,75 <5,0 mm um Standardimplantate handeln soll. Von einer eindeutigen Zuordnung, wie Implantate ab welchem Durchmesser bezeichnet werden sollen und ab wann Implantate als durchmesserreduziert gelten, scheint man augenblicklich, wie die Grafik visualisiert, noch weit entfernt. Fest steht daher, dass aufgrund der nicht standardisierten Nomenklatur, der relativ großen Spannweite der verschiedenen Implantatdurchmesser und den damit verbundenen, potenziell unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften in den Zusammenfassungen der Studien stets der verwendete Durchmesser angegeben werden sollte.

In den insgesamt 69 vorgestellten Publikationen wird mit 56,5 % nur in knapp der Hälfte aller Abstracts die Breite der untersuchten Implantate genannt. In den übrigen Fällen ist der Leser auf den (in den wenigsten Fällen frei zugänglichen) Volltext angewiesen, um genaue Angaben zum Implantdurchmesser zu erhalten. Mini-Implantate mit einem Durchmesser von 1,8 mm wurden u. a. in mehreren klinischen Kohortenstudien untersucht. Bei Versorgung zahnloser Patienten mit je zwei Mini-Implantaten, die in Ober- und Unterkiefer mittels O-Ringen an Deckprothesen befestigt werden, konnte über einen Zeitraum von fünf Jahren eine signifikante Verbesserung der Patientenzufriedenheit u. a. in Bezug auf die Ästhetik, das Kau- und Sprechvermögen sowie die Prothesenhaftung ermittelt werden [Elsyad, 2016]. Allerdings lag eine hohe Anfälligkeit vor, welche regelmäßige Reparaturen erforderlich machte. Ähnlich gute Ergebnisse zur Patientenzufriedenheit und eine Überlebensrate von 100 % ergab eine weitere Studie, in der ebenfalls zwei Mini-Implantate zur Stabilisierung von Deckprothesen verwendet wurden [Catalan, et al., 2016].Werden vier Mini-Implantate im Unterkiefer interforaminal eingesetzt, können diese ohne Komplikationen sofortbelastet werden [Scepanovic, et al., 2015]. Eine Mindesthöhe des Alveolarfortsazes von 13,0 mm und ein Mindest-Insertionstorque von 15 Ncm wird bei Mini-Implantaten zur Abstützung einer Totalprothese im Unterkiefer empfohlen [Kanazawa, et al., 2017]. Auf zwei oder vier Implantaten mit einem Durchmesser von 3,0 mm über Equator-Attachments befestigte Totalprothesen können ebenfalls erfolgreich sofortbelastet werden, wie ein RCT ergab [Aunmeungtong, et al., 2016]. In einer klinischen Kohortenstudie war drei Jahre nach Versorgung mit früh belasteten Einzelkronen auf 3,0 mm- Implantaten im Frontzahnbereich in 57,3 % der Fälle kein krestaler Knochenverlust erkennbar [Maiorana, et al., 2015].

Die klinische Erfolgsrate lag bei 95,5 %. In einer Vergleichsstudie konnte bei 3,0 mm-Implantaten und Versorgung mit festsitzenden Suprakonstruktionen nach einer dreijähriger Belastungszeit ein signifikant geringerer periimplantärer Knochenverlust beobachtet werden als bei Standardimplantaten (4,0-4,5 mm) [Pieri, et al., 2016]. Allerdings waren die durchmesserreduzierten Implantate auch hier reparaturanfälliger. Wurden Implantate mit einem Durchmesser von 3,3 mm zur Fixierung von Unterkiefer-Totalprothesen mittels Lokatoren oder Kugelkopfankern verwendet, war im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorgenannten Studien drei Jahre nach Versorgung ein signifikant höherer marginaler Knochenverlust im Vergleich zu Standardimplantaten feststellbar [Zweers, et al., 2015]. Unabhängig vom Implantatdurchmesser schienen die Knochenverluste bei Lokatorverbindungen höher zu sein als bei Kugelkopfverankerungen. Gleich mehrere klinische Studien beschäftigten sich mit Erfolgs- und Überlebensraten sowie klinischen Outcome-Parametern von 3,3 mm-Implantaten aus einer Titan-Zirkon- dioxid-Legierung (TiZr).

Grundsätzlich scheinen 3,0 mm-TiZr-Implantate zu sehr guten Erfolgs- und Überlebensraten und minimalen Knochenverlusten zu führen [Al-Nawas, et al., 2015, El-Sheikh und Shihabuddin, 2014]. Im Vergleich zu Titanimplantaten mit dem gleichen Durchmesser [Muller, et al., 2015], bzw. Standardimplantaten [Herrmann, et al., 2016, Ioannidis, et al., 2015] waren keine Unterschiede festzustellen. Trotz der guten Ergebnisse wird in einem systematischen Review auf die noch eingeschränkte Studienlage zu durchmesserreduzierten ZrTi-Implantaten hingewiesen [Badran, et al., 2017]. Die bereits erwähnte hohe Patientenzufriedenheit [Lemos, et al., 2017], die z. T. hohe Reparaturanfälligkeit [Assaf, et al., 2015] und die Vergleichbarkeit klinischer Ergebnisse zu Standardimplantaten [Sierra-Sanchez, et al., 2014] werden von verschiedenen systematischen Reviews bestätigt. Allerdings weisen Ergebnisse einer Metaanalyse eher auf geringere Überlebensraten von Implantaten mit einem Durchmesser <3,3 mm hin [Ortega- Oller, et al., 2014]. Aufgrund der verhältnismäßig großen Anzahl an Studien wurden nur Publikationen in die Übersicht aufgenommen, die im Zeitraum 2014-2017 veröffentlicht wurden.

Mehr Informationen aus der Rubrik  „kurz & schmerzlos“ finden Sie im PDF