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Wie Vitamin D die Implantologie aufmischt

Vitamin D: In diesem Jahr gab es in Fortbildungen und auf Kongressen kaum ein Vorbeikommen an diesem Thema. Für viele brachte es völlig neue Erkenntnisse zu einem überraschend neuen Thema mit sich. Doch warum ist das so? Wir sprachen darüber mit einem Experten.

Interview mit Dr. med. dent. Matthias Sperlich, M.Sc., Implantologe

Sie und Ihr Bruder Dr. Markus Sperlich haben seit Jahren Vitamin D erfolgreich in den implantologischen Alltag integriert. Warum?

Matthias Sperlich: Vitamin D spielt im Körper eine derart zentrale Rolle, dass es manchmal sogar als Hormon bezeichnet wird. Generell gehört Vitamin D zu den fettlöslichen Vitaminen – Calciferole – und liegt in den beiden Formen Vitamin D2 – Ergocalciferol – und Vitamin D3 – Cholecalciferol – vor. Es hat Einfluss auf diverse Kaskaden im Körper. Unter anderem beeinflusst es über Makrophagen, T-Zellen und B-Lymphozyten das Immunsystem, via Parathormon nimmt es Einfluss auf die Kalzium-Homöostase und hierüber letztendlich Einfluss auf den Knochenstoffwechsel. Gerade dieser letzte Ansatz ist für die Implantologie so interessant und potent. Deshalb taucht das Thema Vitamin D aktuell auch in der Implantologie so oft auf.

Wir hören immer öfter vom Vitamin D-Mangel in der Bevölkerung. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Matthias Sperlich: Wir können davon ausgehen, dass etwa 40 Prozent der Europäer einen Mangel haben und rund 13 Prozent der Bevölkerung sogar stark unterversorgt sind. Diese Studiendaten spiegeln die tägliche Routine in der Praxis recht gut wider. Die Bestimmung des Vitamin-D-Status erfolgt durch die Messung von 25-Hydroxyvitamin-D, kurz 25(OH)D, im Blutserum. Eine mangelhafte Versorgung mit Vitamin D besteht bei Werten <12 25(OH)D in ng/ml. Eine insuffizente Versorgung mit potenziellen Folgen für die Knochengesundheit besteht bei Werten 12<20 ng/ml. Ab Werten von 20 ng/ml spricht man von einer adäqauten Versorgung.

Wir streben in unserer Praxis Werte von 30-50 ng/ml an. Das heißt, eine optimale Versorgung. Gerne orientieren wir uns hier am oberen Wert des Messbereichs.

Wie könnte der positive Einfluss von Vitamin D in der Zahnarztpraxis genutzt werden?

Matthias Sperlich: Die fettlöslichen Vitamine der Calciferole werden in den Körperzellen, vor allem in Leber und Nieren, zu Calcitriol umgewandelt. Als Folge kommt es im Knochen zu einer Aktivierung der Osteoblasten und einer Hemmung der Osteoklasten. Weiter erfolgt über spezielle Aktivierungskaskaden via Osteocalcin der Calciumeinbau in den Knochen. Anhand experimenteller Untersuchungen und epidemiologischer Assoziationsstudien gibt es einige Hinweise dafür, dass niedrige Vitamin-D-Spiegel mit anderen extraossären Effekten assoziiert sind, etwa beim Immunsystem oder dem Zellwachstum.

Auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen beruhen die Annahmen zur Rolle von Vitamin D in der Implantologie?

Matthias Sperlich: Vorweg genommen werden muss hier ganz klar, dass sich die wissenschaftliche Forschung zu Vitamin D3 in der Zahnmedizin absolut am Anfang befindet. Folglich gibt es noch nicht ausreichend Evidenz, um hier klare Empfehlungen zu formulieren. Aber was wir mit Sicherheit aus der Humanmedizin wissen: Vitamin D3 aktiviert Osteoblasten, hemmt Osteoklasten und beeinflusst den Mineralhaushalt im Knochen positiv. Das belegen bereits erste Übersichtsarbeiten in In vitro-Studien. Weiter finden wir interessante Falldokumentationen von internationalen Kollegen und auch aus dem deutschen Sprachraum. Diese decken sich mit unseren täglichen Erfahrungsberichten.

Was können Sie den Kollegen in der Praxis zum Umgang mit Vitamin D raten?

Matthias Sperlich: Vitamin D3 und sein positiver Einfluss auf die Gesundheit sind aus unserer Sicht unstrittig. Aus dem Medizinstudium sind mir die physiologischen Wirkungskaskaden von Calciferol und Calcitriol bekannt. Diese lassen sich ebenso auf die Zahnheilkunde übertragen. Heutzutage ist es relativ einfach den Vitamin D3-Spiegel des Patienten direkt am Behandlungsstuhl zu bestimmen. Die Deckung dieser Methoden mit labortechnischen liegt bei über 90 Prozent. Man beeinflusst nicht nur die zahnmedizinische, sondern oder vor allem die Allgemeingesundheit des Patienten. Daher kann ich nur empfehlen, sich frühzeitig mit dem Thema auseinander zu setzen. Die Biologisierung der Zahnmedizin steht erst am Anfang und entwickelt sich rasant weiter.

Herzliches Dankeschön für dieses Gespräch.